Schlagabtausch zwischen AfD und Verfassungsschutz Rechtsextremistischer Verdachtsfall

AfD legt 457 neuen Beweisanträge vor: Berufungsverfahren über Verfassungsschutz-Einschätzung
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Update, 11.4., 15.48 Uhr: Vor dem nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht haben Vertreter der AfD und der Anwalt des Verfassungsschutzes ihren Schlagabtausch fortgeführt. Der Verfassungsschutz wirft der Partei vor, sie unterscheide zwischen einem ethnisch definierten deutschen Volk sowie einem rechtlich definierten Staatsvolk und hatte sie als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.

AfD-Bundesvorstand Peter Boehringer verwies am Donnerstag auf die verabschiedeten Programme der Partei. An diesen Inhalten müsse die Partei bei der Frage gemessen werden. Dagegen betonte der Anwalt des Verfassungsschutzes, Wolfgang Roth, dass Parteivertreter immer wieder bei ihren Äußerungen zwischen dem deutschen Staatsvolk und der ethnischen Identität unterscheiden würden. Das sei ausdrücklich eine Abwertung der anderen. „Das sind dann Bürger zweiter Klasse“, so Roth. Das Grundgesetz aber unterscheide nicht zwischen Staatsvolk und Volk.

Thomas Jacob, Richter des 5. Senats wies darauf hin, dass damit die offene Wunde klar definiert sei. Die Partei verweise auf das eigene Programm, während der Verfassungsschutz Aussagen von Parteivertretern zitiere. „Die Argumente liegen auf dem Tisch und wir müssen es bewerten“, sagte Jacob. Der 5. Senat des OVG soll klären, ob das Urteil aus der Vorinstanz am Verwaltungsgericht Köln Bestand hat. Das Bundesamt mit Sitz in Köln hatte die Partei sowie die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.

AfD ein rechtsextremistischer Verdachtsfall

In einem weiteren Punkt ging es um die Sicht der AfD auf den Islam. Der Verfassungsschutz wirft der Partei pauschale Urteile, Islamfeindlichkeit und damit einen Verstoß gegen das Grundgesetz vor.

Roth zitierte hochrangige Parteivertreter mit Worten wie „Hab acht vor muslimischen Jungs und Männern“ oder der Warnung „Flutung Europas mit Muslimen und Messermoslems“. Roth beklagte die fehlende Differenzierung, wenn etwa der Islam von AfD-Vertretern „in Gänze“ als terroristische Vereinigung bezeichnet werde. Muslime würden immer wieder pauschal verunglimpft. Der Anwalt des Verfassungsschutzes: „Dabei geht es nicht nur um Religionsfreiheit im Grundgesetz, sondern auch um die Menschenwürde.“

Am Nachmittag stritten sich das Bundesamt und die Partei um die Frage, ob der Verfassungsschutz die Partei überwachen muss oder ob es ein Ermessen gibt. Die Partei geht bei ihrer Beobachtung von einem Ermessensmissbrauch aus, wie ihr Anwalt betonte. Roth widersprach und erklärte, dass der Verfassungsschutz die Pflicht habe, zu ermitteln.

Nach den zwei ersten Verhandlungstagen im März und der folgenden Unterbrechung hat der 5. Senat des OVG am Donnerstag etwas mehr aufs Tempo gedrückt. Der Vorsitzende Richter Gerald Buck unterbrach die Beteiligten mehrfach, wenn bereits bekannte Inhalte wiederholt wurden. Die von den AfD-Anwälten im Vorfeld angekündigten neuen 457 Beweisanträge waren noch kein Thema. Bis Juni hat das OVG noch zwölf Termine angesetzt. Wann es ein Urteil geben könnte, ist derzeit nach Angaben einer Gerichtssprecherin nicht absehbar.

Ausgangsmeldung 10.4., 17.20 Uhr: Im Streit zwischen der AfD und dem Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Partei nach Angaben des Oberverwaltungsgerichts 457 neue Beweisanträge eingereicht. Das Berufungsverfahren wird am Donnerstag und Freitag (11. und 12. April) nach einer mehrwöchigen Unterbrechung fortgesetzt. Bei den ersten beiden Tagen im März hatte der 5. Senat des OVG mit Sitz in Münster sein geplantes Programm in der mündlichen Verhandlung wegen zahlreicher Befangenheits- und Beweisanträgen der AfD nicht abarbeiten können. Bis zu den Sommerferien hat der Vorsitzende Richter Gerald Buck deshalb 13 neue Termine angesetzt.

Aus dem Parteivorstand sollen am Donnerstag Maximilian Krah, dessen Social-Media-Reichweite kürzlich wegen Hassreden gedrosselt wurde, und Peter Boehringer nach Münster kommen. In dem Verfahren geht es um die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz. Der 5. Senat des OVG soll klären, ob das Urteil aus der Vorinstanz am Verwaltungsgericht Köln Bestand hat. Das Bundesamt mit Sitz in Köln hatte die Partei sowie die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.

dpa