AfD bei Kommunalwahl in Hessen drittstärkste Kraft
Bei Kommunalwahlen geht es meist um Verkehrspolitik, Wohnungsbau und Kitaplätze. Im Flüchtlingswinter ist diese Regel außer Kraft gesetzt. In Hessen profitiert davon vor allem die AfD. Lokal kann auch die rechtsextreme NPD punkten.

In Frankfurt stimmten nur rund 37 Prozent der Wahlberechtigten ab - eine historisch niedrige Wahlbeteiligung. Foto: Andreas Arnold
Das gute Abschneiden der AfD bei den hessischen Kommunalwahlen sorgt bei den Volksparteien für tiefe Verunsicherung. Die neue Rechtspartei konnte sich nach Trendergebnissen mit 13,2 Prozent hinter CDU und SPD als drittstärkste Kraft im Land etablieren.
Und das eine Woche vor drei wichtigen Landtagswahlen. Die Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, sagte der ARD: «Wenn sie mit zweistelligen Stimmergebnissen in den Landtagen vertreten ist und vielleicht irgendwann im Deutschen Bundestag, wird sich in unserer Gesellschaft sehr viel zum Negativen verändern.» Die AfD profiliere sich als Protestpartei, habe aber teils nahezu rechtsextreme Positionen. Der Generalsekretär der hessischen CDU Manfred Pentz bilanzierte: «Der Protest ging auf Kosten der etablierten Parteien in Richtung AfD.»
Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier machte die Uneinigkeit der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik mitverantwortlich. «Der Streit in der großen Koalition in Berlin war mit Sicherheit nicht förderlich», sagte er in Wiesbaden. In der Woche vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt könne er nur raten, die Differenzen beizulegen. «Wir müssen vor allem in der Bundespolitik viel deutlicher machen, dass wir an der Lösung der Probleme arbeiten, nicht an der Beschreibung.»
Auch der hessische Grünen-Chef Kai Klose sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die große Koalition in Berlin strahlt Unsicherheit aus, dadurch dass sie alle zwei Tage neue Vorschläge durchs Dorf treibt.»
Triumphierend äußerte sich die AfD-Vorsitzende Frauke Petry: «Die Macht der etablierten Parteien bröckelt, CDU und SPD verlieren deutlich. Auch die Grünen werden vom Wähler abgestraft.»
Die Trendergebnisse sehen die CDU mit landesweit 28,2 Prozent weiter als stärkste Partei (gegenüber 2011 minus 5,5 Prozentpunkte), knapp vor der SPD mit 28,0 Prozent (minus 3,5). Die Grünen kommen auf 11,6 Prozent und verzeichnen den größten Verlust aller Parteien (minus 6,7). Dagegen erholte sich die FDP deutlich. Sie erhielt landesweit 6,3 Prozent (plus 2,4). Die Linke lag bei 3,7 Prozent (plus 1,0).
Die Wahlbeteiligung betrug 48 Prozent und war damit kaum höher als vor fünf Jahren (47,7 Prozent).
Im nordhessischen Bad Karlshafen erzielte die AfD am Sonntag nach einem ersten Zwischenergebnis ihren größten Erfolg. Die Partei kam aus dem Stand auf 22,3 Prozent und lag damit zwar hinter den Freien Wählern (38,3), aber vor SPD (22,1) und CDU (17,2).
Im einzigen Wahlkreis, in dem die AfD nicht angetreten war, profitierte die NPD. Die rechtsextreme Partei erzielte im mittelhessischen Büdingen mehr als 14 Prozent (plus 12). Die 21 000-Einwohner-Stadt hat eine der größten Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in Hessen.

Jede Menge Papier: Wahlhelfer entfalten in Frankfurt am Main die riesigen Wahlscheine der Frankfurter Briefwähler. Foto: Frank Rumpenhorst

Die riesigen Wahlscheine der Frankfurter Briefwähler werden in der Messehalle 10 auf Stullehnen zwischengeparkt, während zahlreiche Wahlhelfer die Scheine entfalten. Foto: Frank Rumpenhorst

Die CDU des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier hat deutlich verloren. Foto: Arne Dedert

"Islamismus stoppen - Alle Stimmen NPD" - mit diesen Forderungen holte die NPD in Büdingen 14 Prozent. Foto: Boris Roessler

Ergebnis-Betrachtung bei der CDU: Der Frankfurter Kämmerer Uwe Becker (l.), Boris Rhein (M.), Hessischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, und Jan Schneider, Reformdezernent in Frankfurt, beobachten das Kopf-an-Kopf-Rennen. Foto: Andreas Arnold