Ein Mann lädt sein E-Auto an einer Ladestation auf.

„Zu wenig Ladestationen“ ist eine der kritischen Aussagen über E-Autos. Geringe Reichweite und gefährliche Batterien sind weitere. Doch so einfach ist es nicht. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Acht Mythen über E-Autos - und was Experten dazu sagen

rnSerie: Unser Klima

Mobilität: Sind E-Autos schädlicher für das Klima als Verbrenner? Und kann beim Unfall die Batterie explodieren? Es gibt viele Aussagen zu E-Fahrzeugen und die Technik entwickelt sich rasant.

05.10.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 5 min

Mythos 1: E-Autos sind nicht so nachhaltig und klimafreundlich wie erwartet.

Laut Fraunhofer-Institut fallen die Treibhausgasemissionen bei der Produktion eines E-Autos um 70 bis 130 Prozent höher aus, als bei der Herstellung von Benzin- und Dieselfahrzeugen. Damit ist es in der Herstellung zunächst weniger klimafreundlich als ein Verbrenner.

Dennoch: In einer Studie des Instituts wird klar, dass die Gesamtbilanz der Treibhausgasemissionen bei Elektrofahrzeugen über ihre Herstellungs-, Nutzungs- und Verwertungsphase 15 bis 30 Prozent niedriger ist als bei vergleichbaren Verbrenner, falls die Energiewende wie geplant verläuft. Auch der Geschäftsführer der Gesellschaft für Fahrzeug- und Verkehrstechnik im Verein Deutscher Ingenieure, Christof Kerkhoff, unterstützt diese Aussage: „Optimistisch betrachtet ist eine Batterie nach 40.000 Kilometern wirklich klimaneutral. Pessimistisch betrachtet nach 100.000 Kilometern.“

Wie klimafreundlich ein E-Auto tatsächlich ist, hängt also stark davon ab, wie lange es gefahren wird.

Mythos 2: Die Batterien sind schnell entflammbar, hochexplosiv und können bei einem Brand nicht gelöscht werden.

„Batterien, die in E-Fahrzeugen eingesetzt werden, enthalten Lithium. Wenn Lithium in Berührung mit Feuchtigkeit kommt, brennt es“, bestätigt Prof. Dr. Nejila Parspour, Direktorin am Institut für Elektrische Energiewandlung an der Universität Stuttgart. Die Batterien sind jedoch gekapselt und gesichert, um das zu verhindern.

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Ein Unfall könne aber dafür sorgen, dass die Batterie des E-Autos beschädigt werde und von außen langsam Luftfeuchtigkeit hineindringt. „Das ist ein Problem, da unsere Feuerwehren noch nicht überall auf der Welt ausgebildet sind, das zu erkennen.“ Das Tückische: Die Batterien brennen nicht sofort. Ein Feuer kann daher auch noch Stunden nach dem Unfall entstehen. „Das muss man wissen und das Fahrzeug nach einem Unfall richtig untersuchen“, sagt Parspour.

Sie bestätigt: „Löschbar ist es im herkömmlichen Sinne nicht, zumindest nicht mit normalen Methoden. Man muss Sauerstoff entziehen, damit das Feuer stoppt. Das macht die Sache schwierig. Man muss umdenken und Wege finden oder Räume haben, wo die Batterie ausbrennen kann.“ Die Sorge vor so einem Brand wundere sie dennoch, denn E-Autos brennen laut Erkenntnissen des ADAC nicht häufiger als Verbrenner: „Wenn wir Verbrenner fahren, fahren wir ja mit einem Tank voll explosivem Material.“

E-Auto-Batterien sind also nicht gefährlicher als der Tank eines Verbrenners. Feuerwehren müssen jedoch geschult werden, um mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen und vorzubeugen.

Ein Feuerwehrmann untersucht ein ausgebranntes E-Fahrzeug.

Ob voller Benzintank oder Batterie, von beiden gehen Gefahren aus - aber im Detail gibt es Unterschiede. Hier untersucht ein Feuerwehrmann ein ausgebranntes E-Fahrzeug. © picture alliance/dpa

Mythos 3: Elektroautos haben im Winter weniger Reichweite als im Sommer und können weniger Strom speichern.

Richtig. Ein E-Auto hat im Winter einen höheren Energieverbrauch als im Sommer. Zum einen weil Sitze, Lenkrad und Scheiben geheizt werden, was im Sommer nicht der Fall ist. Das ist aber nicht der einzige Grund. Dem Akku, der im Fahrzeugboden verbaut ist, wird es ebenfalls kalt: Seine Wohlfühltemperatur liegt zwischen 20 und 40 Grad Celsius. In diesem Bereich funktioniert die Elektrochemie am besten und der Akku kann seine volle Energie-Kapazität entfalten. Also muss es das Auto irgendwie hinbekommen, den Akku bei Laune, – sprich: in diesem Temperaturfenster – zu halten. Im Winter ist das eine Herausforderung für die Technik.

Bei Tests konnte der ADAC Reichweitenverluste von 25 bis 50 Prozent feststellen. Und auch Christof Kerkhoff vom Verein Deutscher Ingenieure bemerkt dieses Phänomen Jahr für Jahr bei seinem eigenen Auto: „Das Wetter spielt eine große Rolle. Im Sommer fährt unser E-Auto 210 Kilometer mit einer Ladung, im Winter nur ungefähr 150 Kilometer.“

Es stimmt also: Im Winter müssen E-Autofahrer mit weniger Reichweite klarkommen und die ein oder andere Ladung mehr einplanen.

Mythos 4: Die Herstellung der Batterien ist problematisch. Stichwort: Rohstoffe und Kinderarbeit.

Fast alle E-Autos fahren mit Lithium-Ionen-Akkus. Diese bestehen aus Lithium und Kobalt – zwei Rohstoffe, deren Abbau kritisch zu betrachten ist. Beim Abbau von Lithium wird ein massiver Eingriff in die Umwelt vorgenommen und der Grundwasserspiegel sinkt stark. Der Kobaltabbau findet zum Großteil in der Demokratischen Republik Kongo und in Sambia statt. Die Minen gelten als Ausbeutungsstätte von Arbeitern, auch Kinder müssen körperlicher Schwerstarbeit nachgehen.

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An der Herstellung der Batterien gibt es demnach zu Recht Kritik. Forscher versuchen jedoch einen Weg zu finden, auf den Gebrauch von Lithium, Kobalt und weiteren umstrittenen Bestandteilen in E-Autobatterien zu verzichten. Stattdessen wollen sie andere Materialien und Herstellungsverfahren nutzen – zum Beispiel Kunststoff, Schwefel, Magnesium oder Silizium.

Mythos 5: Elektroautos sind teuer, wenige Menschen können sie sich leisten.

Der Einkaufspreis eines durchschnittlichen E-Autos liegt über dem eines Verbrenners. Das wird klar, wenn man den Markt vor einem möglichen Autokauf sondiert. Doch die Gesamtkosten sind bei Elektroautos auf lange Sicht oft günstiger. „Nimmt man alle Kosten eines Autos zusammen, vom Kaufpreis über sämtliche Betriebs- und Wartungsaufwände bis zum Wertverlust, schneiden Elektroautos immer häufiger besser ab als Verbrenner“, heißt es von Seiten des ADAC. Was sich vor allem noch lohnt: Die verlängerte Umweltprämie beim Kauf eines E-Autos. So kann man sich bis zu 9000 Euro sparen.

Tesla-Fahrzeuge stehen vor einem Firmengebäude.

E-Autos sind teuer. Das liegt zum Teil noch an den geringen Stückzahlen. Aber ein Renault Zoe ist weitaus erschwinglicher als ein Tesla und noch gibt es bis zu 9000 Euro Förderung. © picture alliance/dpa/XinHua

Was dem Preis ebenfalls in die Karten spielt: Höhere Stückzahlen in der Produktion. Je mehr E-Autos in Zukunft verkauft werden, in so größeren Dimensionen können sie hergestellt werden und desto günstiger werden die Herstellungskosten. Ob ein Käufer sich für einen E-Neuwagen oder einen E-Gebrauchtwagen entscheiden sollte, wird in den folgenden Artikeln unserer Rubrik „E-Mobilität“ thematisiert.

Für Verbraucher lohnt es sich also, ein wenig zu rechnen und sich folgende Fragen zu stellen: Wie viel Geld habe ich kurzfristig für den Kauf zur Verfügung? Und wie hoch wären meine monatlichen Ausgaben für das Auto?

Mythos 6: Die Ladeinfrastruktur reicht nicht aus, es sind kaum Ladesäulen verfügbar.

Die Ladeinfrastruktur unterscheidet sich deutschlandweit erheblich, aber sie wächst überall. Laut Ladenetz-Ranking des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) vom April 2022 kommen in Deutschland im Durchschnitt 22 E-Pkw auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt (22 ist der so genannte T-Wert). Spitzenreiter ist der Landkreis Groß-Gerau mit einem T-Wert von 4,8 E-Pkw pro Ladepunkt (bei insgesamt 4052 E-Pkw und 853 Ladepunkten). Der Kreis Kleve ist mit 16 Spitzenreiter in NRW. Der Kreis Unna liegt auf Rang 125 mit 17,9 (5975 E-Pkw, 333 Ladepunkte), der Kreis Borken bringt es an 133. Stelle auf 18,2 (6880 E-Pkw bei 378 Ladepunkten), die Stadt Dortmund auf Platz 188 von 399 mit dem T-Wert 21,2 (8705 E-Pkw, 410 Ladepunkte) und der Kreis Recklinghausen auf Platz 335 mit dem T-Wert 32,6 (7503 E-Pkw und 230 Ladepunkte).

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Hersteller von Ladesäulen, wie das Unternehmen Mennekes, bemerken einen Aufwärtstrend in der öffentlichen Ladesäuleninfrastruktur. „Im letzten Jahr ist der Bereich Ladesysteme um 85 Prozent gewachsen“, sagt Volker Lazzaro, Geschäftsführer und Leiter des Bereichs eMobility. „Im Jahr 2022 planen wir eine Produktion von 160.000 Ladepunkten. Es könnten deutlich mehr werden, wenn die Lieferketten funktionieren würden.“

Städte und Kreise arbeiten also daran, ihre Ladeinfrastruktur weiter auszubauen. Dennoch sind Hauseigentümer mit privater Wallbox – also einer eigenen Ladesäule daheim – klar im Vorteil und unabhängiger. Wer auf öffentliche Ladepunkte angewiesen ist, muss flexibel sein und seine Ladezeiten gut planen.

Mythos 7: Die Batterien können nicht recycelt und nur schlecht entsorgt werden.

„In der Tat ist das Thema Recycling noch eine laufende Forschung“, bestätigt Nejila Parspour, Direktorin am Institut für Elektrische Energiewandlung an der Universität Stuttgart. „Aber man arbeitet dran. Denn es sind wertvolle Rohstoffe, die man nicht wegwerfen will. Das ist aber nicht so einfach.“ Einen Hoffnungsschimmer gebe es: „Es ist – zumindest theoretisch – möglich, Batterien bis zu 90 Prozent zu recyceln.“

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Als Beispiel nennt Parspour ein Pilotprojekt zum Batterierecycling des Automobilherstellers Volkswagen am Standort Salzgitter. Die Batterien werden entladen und demontiert. Dadurch können Rohstoffe wie das Aluminiumgehäuse, Kupferkabel und Kunststoff bereits wiedergewonnen werden. Die Batteriemodule werden daraufhin unter Schutzatmosphäre zerkleinert und zu Granulat verarbeitet. Das wird getrocknet, gesiebt und immer weiter verfeinert. Es entsteht „Schwarzes Pulver“; Bestandteile: Graphit, Lithium, Mangan, Kobalt, Nickel. Das Pulver wird in seine einzelnen Bestandteile zersetzt, die als sekundäres Rohmaterial für den Bau von Kathoden in neuen Batterien genutzt werden können – ganz ohne Qualitätsverlust, laut Website des Unternehmens.

Bis ein solches Recycling-Verfahren tatsächlich in die Praxis umgesetzt werden kann, könne man den Batterien ein ‚second life‘ geben, so Parspour. Das bedeutet, ausgediente aber noch funktionsfähige Batterien im Haushalt einzusetzen oder sie in größere Batteriestationen zu integrieren, in denen eine Vielzahl solcher Batterien ihre Leistung verbindet.

Mythos 8: Elektroautos haben eine zu geringe Reichweite.

Die Reichweite bei E-Autos hat sich in den vergangen Jahren stark entwickelt und unterscheidet sich je nach Modell und Hersteller. Das Auto muss auf den Käufer angepasst sein. Wenn der Besitzer des Autos pro Tag insgesamt 50 Kilometer fährt und den Rest per Fahrrad oder zu Fuß erledigt, reicht ein kleiner E-Pkw mit einer Reichweite von bis zu 150 Kilometern pro Ladung. Aber auch für E-Auto-Besitzer, die viel pendeln müssen, gibt es Modelle. Autos wie der BMW iX xDrive 50 oder der Mercedes-Benz EQS 450+ Electric Art haben eine Reichweite von bis zu 600 Kilometern.

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Christof Kerkhoff vom VDI beschreibt es so: „Viele Automodelle haben Varianten was die Akkukapazität angeht. Die Akkuvariante, die zum Fahrprofil des Autofahrers passt, ist von Person zu Person unterschiedlich. Es sollten die Vor- und Nachteile einer jeweiligen Variante vor dem Kauf abgewogen werden.“

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