Den Verbrauch seiner Heizung kennt Heinrich Gerd Ehresmann genau: „100 Kilowattstunden pro Tag“, sagt der Kamener. Ehresmann hat eine elektrische Fußbodenheizung. „Zu der hat mir damals der Architekt geraten“, erklärt er. Damals, im Jahr 1977, erschien ihm die Argumentation des Fachmanns logisch. „Das war die Zeit des Atomstroms. Der kostete fast nichts.“
Mit dem Paradigmenwechsel in Politik und Weltgeschehen rechnete Ehresmann nicht, konnte er wohl auch nicht. Als ihn im vergangenen November die Gemeinschaftsstadtwerke (GSW) anschrieben und über die Strompreisanpassung im neuen Jahr informierten, platzte ihm endgültig der Kragen.
Wegfall der EEG-Umlage nur ein Tropfen auf heißen Stein
Statt 29,51 Cent (brutto) im Oktober zahlt er seit Januar 50,63 Cent Arbeitspreis im Hochtarif je Kilowattstunde. Im Niedrigtarif liegt der Preis nicht mehr bei 22,07 Cent, sondern bei 43,20 Cent pro Kilowattstunde.
Bei einem Jahresverbrauch von rund 20.000 Kilowattstunden Strom bedeutet das für Ehresmann Verbrauchskosten von rund 8000 Euro im Jahr. „Das ist existenzgefährdend und nicht akzeptabel“, sagt Ehresmann. Denn selbst die angekündigte Strompreisdeckelung von 40 Cent pro Kilowattstunde bedeutet für ihn noch immer eine immense Preiserhöhung.
2021 hatte er bereits 4.914,77 Euro bezahlt. Im vergangenen Jahr dank des Wegfalls der EEG-Umlage „nur“ 4.968,44 Euro, sonst wäre es deutlich mehr gewesen. „Ich mag nicht nachzahlen und hatte meinen monatlichen Abschlag daher im vergangenen Jahr auf 500 Euro hochgesetzt“, sagt Ehresmann. Doch für dieses Jahr liegt der nun bei 750 Euro im Monat. Allein für Strom und Wasser. Für den 72-jährigen Pensionär mehr als nur viel Geld.

„Ich hatte vor vier bis fünf Jahren an eine energetische Sanierung des Hauses gedacht, ich wollte auf eine Wärmepumpe umstellen“, erinnert er sich. „Aber wegen der Fußbodenheizung hätten wir alle Oberböden erneuern müssen. Das hätte sich mit damals 68 Jahren nicht refinanziert“, sagt Ehresmann. „Aber wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich es gemacht“, sagt er rückblickend.
So investierte er damals zwar in Wärmedämmung, neue Fenster und eine PV-Anlage, aber die hilft ihm beim eigenen Stromverbrauch nicht, weil er den selbst erzeugten Strom tagsüber ins Netz speist – und die Stromheizung nachts in der Kernzeit von 22 bis 6 Uhr und tagsüber nur von 14 bis 16 Uhr läuft.
Schuldzuweisung an die Energiepolitik
Die Schuld für seine Misere sieht er bei der Politik. „Die Energiepolitik der vergangenen 35 Jahre hat die Note ungenügend verdient“, urteilt Ehresmann vernichtend über die Bundesregierungen jeglicher Couleur.
„Das begann doch schon 1995 mit der Liberalisierung des Strommarktes. Das war der erste Knackpunkt“, sagt der Kamener. Marktvielfalt zu wollen sei das eine, aber diese an das Merit-Order-Prinzip zu knüpfen, „ein Irrsinn“.
Die Einführung der EEG-Umlage zur Jahrtausendwende sei der zweite Knackpunkt gewesen – zumal die im Laufe der Zeit von 1 Cent auf 6,5 Cent gestiegen sei. „Stromheizer hat das überdimensional getroffen“, beschwert sich Ehresmann. „Wir haben zehnmal so viel bezahlt wie andere.“ Denn die EEG-Umlage ist an den Verbrauch gekoppelt, und sorgte bei ihm für Kosten von 1500 Euro im Jahr 2021, während andere Heizarten davon unberührt blieben.

„Ich bekomme die volle Breitseite ab. Ohne diese ganzen politischen Entscheidungen würde ich nur ein Drittel bezahlen“, hat Ehresmann ausgerechnet. Er richtete eine Petition an den Bundestag, und erhielt lediglich Bescheid über die Ablehnung. Er schrieb einen Brief an den Abgeordneten Oliver Kaczmarek, aber der erkannte das Problem des Stromheizers nicht und verwies auf die Gaspreisdeckelung. „Von der habe ich aber doch nichts“, sagt Ehresmann.
„Und wenn unser Bundes-Olaf“, wie Ehresmann den Kanzler nennt, „dann sagt, dass man keinen alleine lasse, Gasheizer nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuer zahlen und der Dezember-Abschlag für die vom Staat bezahlt wird, dann ist das doch der Gipfel“, ärgert sich Ehresmann.
Ehresmann erwägt eine Verfassungsbeschwerde
Er gehe nun „damit schwanger“, Verfassungsbeschwerde wegen des Verstoßes gegen das Gleichheitsprinzip einzureichen. „Laut Google gibt es vier Millionen Stromheizer in Deutschland. Die Zahl der Gasheizer liegt bei 30 Millionen. Da kann man auch uns Stromheizer entlasten,“ meint der Kamener.