60 Jahre: Das ist Deutschlands erster Werbespot
Videos und Rückblick
Lila Kühe, höhere Mächte und ein Hausmann, der seinen Job nach 50 Jahren immer noch zuverlässig erfüllt. Manche Fernsehwerbung mag nervig sein, andere hingegen hat nach dem ersten Persil-Werbespot im Deutschen Fernsehen vom 3. November 1956 sogar Kultstatus erlangt. Hier gibt's die Höhepunkte aus 60 Jahren TV-Werbung.

Liesl Karlstadt und Beppo Brem spielten im ersten Fernsehwerbespot für das Waschmittel Persil am 3. November 1956.
Ein Mann, eine Frau, ein Fleck auf der Tischdecke und der Retter in dieser schweren Not: ein Waschmittel. Vor 60 Jahren, am 3. November 1956, zeigte das Bayerische Fernsehen den ersten Fernsehwerbespot in Deutschland. Die Kabarettistin Liesl Karlstadt und der Schauspieler Beppo Brem sitzen dabei in einem Lokal am Tisch, als Brem („Xaver“) ein Unglück geschieht und die Hälfte der „Mahlzeit“ (so der Titel des Spots) auf der weißen Tischdecke landet. Seine Frau ist ganz aufgeregt, doch der Wirt bleibt ruhig, denn: „Dafür gibt's doch - Gott sei Dank - Persil, nicht wahr, gnäd'ge Frau?“ Zum Schluss grinst „Xaver“ zufrieden in die Kamera. Seine Frau mache immer gleich ein „Trara“. Aber: „Der gebildete Mensch sagt nur: Persil!“
Nur drei Jahre nach dem Vorreiter des Henkel-Konzerns im Bayerischen Fernsehen zogen alle anderen Rundfunkanstalten nach. Fernsehwerbung eroberte nach und nach die Bildschirme. Laut Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) ist das Fernsehen heute das werbestärkste Medium in Deutschland mit Netto-Werbeeinnahmen von 4,4 Milliarden Euro und einem Marktanteil von 29 Prozent am Gesamtwerbemarkt im Jahr 2015. An der Spitze der umsatzstärksten Produkte steht heute mit großem Abstand der Onlinehandel (etwa Ebay oder Amazon). Der Klassiker Waschmittel hält sich aber immer noch tapfer in der Top-20-Rangliste des ZAW.
Emotionen stehen im Vordergrund
Der Zweck der Werbung hat sich laut Manfred Schwaiger vom Institut für Marktorientierte Unternehmensführung der Ludwig-Maximilians-Universität München bis heute nicht verändert: Es gehe natürlich nach wie vor darum, Aufmerksamkeit zu erregen oder die Einstellung zu einer Marke oder einem Produkt zu verbessern - und es schließlich zu verkaufen. Doch habe sich die Aufmachung der Werbung immens verändert. Während früher eher die Produkteigenschaften im Vordergrund gestanden hätten, spielten heute ganz andere Dinge eine Rolle: "Es wird schon weiß waschen; es ist ja ein Waschmittel. Aber was genau habe ich davon? Das muss Werbung heute zeigen. Es geht um den persönlichen Nutzen, und die Aufmachung ist sehr viel emotionaler als früher“, sagt Schwaiger.
Ein Beispiel gefällig? Der Edeka-Weihnachtsclip aus dem Jahr 2015 setzte voll auf Emotionalität – und polarisierte durchaus die Zuschauer. In dem Spot täuscht ein alter Mann seinen Tod vor, um seine Lieben an Weihnachten endlich wieder gemeinsam an einen Tisch zu bekommen. Der Plan geht auf. Am Ende des Spots werden schließlich die Worte "Zeit heimzukommen" und das Logo der Einzelhandelskette eingeblendet.
Durch den Trend zu gesteigerter Emotionalität und extremen Reizen werde zudem die Markenbotschaft immer weniger präsent. Dies zeigten nicht zuletzt die beim Cannes Lions International Festival of Creativity prämierten Werspots, die meist auf Humor ausgerichtet seien. "Je stärker der Anreiz - Humor, Schock oder Erotik - desto eher gerät die Botschaft in den Hintergrund“, erklärt Schwaiger.
Zehn Jahre Kaffeetrinken vor der Kamera: der Melitta-Mann
Trotz immer wieder wechselnder Trends hat die Fernsehwerbung in ihrer Geschichte allerdings auch ihre Dauerbrenner hervorgebracht – Maskottchen, Figuren, Slogans und Schauspieler, die der Marke lange treu geblieben sind und bei den Zuschauern beliebt waren. So kamen etwa Kaffee-Fans zwischen 1989 und 1999 kaum an Melitta-Mann Egon Wellenbrink vorbei. In 130 verschiedenen Spots ließ sich der inzwischen 71-Jährige seinen Kaffee schmecken. Wie in diesem Spot aus dem Jahr 1994:
Meister Proper putzt seit 50 Jahren
Eine noch viel längere Dienstzeit hat mittlerweile ein haushaltsstarker Muskelprotz hinter sich: Meister Proper sorgte im deutschen Fernsehen erstmals 1967 für Glanz – und tut dies auch heute noch. Schon in den 90er-Jahren hatte der sympatische Glatzkopf einen solchen Kultstatus erreicht, dass er eine eigene Modekollektion bekam.
Ein schlauer Fuchs baut auf Steine
Ein sprechender Fuchs ist schon seit Jahrzehnten als Maskottchen der Bausparkasse Schwäbisch Hall zu sehen. Ergraut ist der Gute im Laufe seiner Fernsehkarriere zwar nicht, doch war er in jüngeren Jahren durchaus noch etwas gesprächiger als heute.
Die Milka-Kuh wurde vor dem Schlachter bewahrt
Nicht ganz so listig wie ein Fuchs, aber wohl noch um einiges populärer, ist ein anderer tierischer Werbe-Held: Die Milka-Kuh muht dem Zuschauer schon seit 1973 entgegen. Für ihren Auftraggeber arbeitet sie allerdings schon seit 1952. Im Fernsehen wurde in der Rolle des lila-farbenen Maskottchens vor allem Darstellerin "Schwalbe" bekannt, der aufgrund öffentlichen Protests 1991 der Weg zum Schlachter erspart blieb.
Um halb zehn gibt's das Frühstückchen
Glaubt man der Werbung des Süßwaren-Herstellers Storck, so machen die Menschen morgens um halb zehn in Deutschland vor allem eines: das kleine Frühstückchen namens Knoppers naschen. Das galt schon in den 80er-Jahren und hat sich bis heute nicht geändert.
Möge die Macht mit Euch sein
Automobilhersteller gestalten ihre Werbeclips oftmals mit reichlich Pathos. Und an Geschichten und kreativen Ideen mangelt es den Akteuren in den Werbeagenturen dabei offensichtlich nicht. Unter schwersten Außenbedingungen schwingen sich dann gerne mal prominente Fußballtrainer oder Rennfahrer hinters Steuer. Und wenn das nicht so recht klappen will, dann muss eben eine kuriose Story her – oder man beschwört gar eine höhere Macht, wie vor nicht allzu langer Zeit VW.
mit Material von dpa