1:1 - Lars Stindl bringt DFB-Team auf Halbfinalkurs

Fußball: Confed Cup

Den Härtetest gegen den Südamerikameister Chile haben die Probanden von Joachim Löw nur bedingt bestanden. Phasenweise gerät die deutsche Mannschaft am Donnerstagabend arg unter Druck, doch Stindl rettet dem Weltmeister das 1:1 (1:1) und eine gute Ausgangsposition im Kampf um das Halbfinale.

KASAN

22.06.2017, 21:43 Uhr / Lesedauer: 3 min
Lars Stindl (M.) erzielte gegen Chile seinen zweiten Turniertreffer.

Lars Stindl (M.) erzielte gegen Chile seinen zweiten Turniertreffer.

Glück gehabt. Deutschlands junges Perspektivteam hat beim Confed Cup nach einem schlimmen Fehlstart einen wertvollen Punkt gegen Südamerikameister Chile erkämpft. Nach dem 1:1 (1:1) in Kasan würde dem Fußball-Weltmeister bereits ein weiteres Unentschieden am Sonntag im letzten Gruppenspiel gegen Kamerun zum Halbfinal-Einzug reichen. Der starke Gladbacher Lars Stindl sorgte am Donnerstagabend in der 41. Minute nach dem insgesamt schönsten deutschen Angriff mit seinem schon zweiten Turniertreffer für den Ausgleich. 

Mit einem Blackout hatte der indisponierte Abwehrchef Shkodran Mustafi vor 38 222 Zuschauern seinem Arsenal-Kollegen Alexis Sanchez in der 6. Minute das Führungstor ermöglicht. Der ehemalige Hoffenheimer Eduardo Vargas hätte mit einem krachenden Lattenschuss gegen das anfangs überforderte DFB-Team beinahe für Chiles 2:0 gesorgt (20.). Im Laufe des Spiels konnte die DFB-Auswahl das Spiel aber ausgeglichener gestalten. 

Warten auf den Jubiläumssieg

„100 Siege finde ich besser als 100 Niederlagen“, hatte Joachim Löw vor dem Spiel noch gescherzt. Auf seinen Jubiläumssieg muss der Bundestrainer aber noch warten. Dafür war der Weltranglistenvierte aus Chile im Vergleich zum Auftaktgegner Australien eine Nummer größer. So wirkte die deutsche Hintermannschaft gegen die extrem aggressiv spielende Elf von Juan Antonio Pizzi phasenweise überfordert, trotzdem zeigte die junge deutsche Mannschaft gegen die im Schnitt sechs Jahre ältere chilenische Auswahl nach Anfangsschwierigkeiten Gegenwehr. 

Seine große Wertschätzung für den Südamerikameister hatte Löw bereits in der deutschen Aufstellung dokumentiert. Im 3-4-2-1-System fand sich zunächst kein echter Stürmer wieder, der Gladbacher Stindl übernahm den offensiven Part im deutschen Spiel. Insgesamt gab es in der Startelf wie angekündigt vier Änderungen, darunter auch die Hereinnahme von Barcelona-Keeper Marc-André ter Stegen für den zuletzt glücklosen Leverkusener Bernd Leno. 

Krasser Abspielfehler von Mustafi

Und ter Stegen musste bereits nach sechs Minuten hinter sich greifen. Einen krassen Abspielfehler von Mustafi in die Füße von Sanchez nutzten die Chilenen eiskalt aus. Über Bayern-Star Arturo Vidal gelangte der Ball wieder zu Sanchez, der aus kurzer Entfernung traf und nun mit 38 Länderspieltoren alleiniger Rekordschütze seines Landes ist.

Zwar hatte Julian Draxler fast im Gegenzug bei einem Distanzschuss die Chance zum Ausgleich (8.), aber in der Folgezeit geriet erst einmal die deutsche Mannschaft unter dem Druck der Chilenen arg in die Bredouille. Vor allem Mustafi und der Dortmunder Matthias Ginter hatten große Probleme. Ein ordentlicher Spielaufbau war kaum möglich, allzu oft gingen die Bälle bereits im Mittelfeld verloren. Einzig der zukünftige Münchner Niklas Süle behielt in der Abwehr den Überblick und stemmte sich gegen die Angriffswucht der Chilenen. 

Vargas schießt an die Latte

Glück hatte die deutsche Mannschaft in der 20. Minute, als der Ex-Hoffenheimer Eduardo Vargas mit einem Distanzschuss nur die Latte traf. Dagegen kam die deutsche Mannschaft nur selten zu gefährlichen Offensivaktionen. Auch, weil Kapitän Julian Draxler zu selten das Spiel an sich reißen konnte. Der im Auftaktspiel gegen Australien noch überragende Schalker Leon Goretzka war diesmal nicht so präsent. So war es der erwartete Härtetest gegen einen der Turnierfavoriten. 

Und trotzdem belohnten sich die Chilenen nicht für ihren großen Aufwand. Im Gegensatz: Der erste konstruktive Angriff des Weltmeisters führte gleich zum Ausgleich. Ein sehenswerter Pass von Emre Can setzte Jonas Hector auf der linken Außenbahn in Szene. Die direkte Hereingabe verwertete Stindl im Zentrum mit seinem zweiten Turniertor. Es war zugleich die Belohnung für den Gladbacher, der mit klugen Laufwegen zu gefallen wusste. 

Mehr Ordnung im deutschen Spiel

Im zweiten Durchgang ließ der Druck der Südamerikaner nach, entsprechend kehrte mehr Ordnung ins deutsche Spiel ein. Die Chilenen waren zwar weiterhin die spielbestimmende Mannschaft, ein Freistoß von Sanchez (48.) und ein Kopfball des unermütlich kämpfenden Vidal (59.) stellten aber keine große Gefahr dar. Auf der Gegenseite war das deutsche Offensivspiel nicht zwingend genug, zu selten kam die DFB-Auswahl in Tornähe. Ein Schuss von Stindl stellte da noch die Ausnahme dar (73.).

Von dpa

DAS DFB-TEAM IN DER EINZELKRITIK

ter Stegen: Chancenlos beim 0:1, stark beim Schuss von Sanchez (45.+1). Im Torwartspiel sicher. Erster Pass mehrfach ungenau.
Ginter: Große Probleme mit Chiles körperlicher Spielweise. Zu weit vom Gegner entfernt. Gewann entscheidenden Zweikampf vor dem 1:1.
Mustafi: Nach Blackout vor dem Gegentor (6.) völlig verunsichert. Als Abwehrchef auf seiner Lieblingsposition in der Zentrale überfordert.
Süle: Verlieh der deutschen Defensive dringend benötigte Sicherheit. Klärte mehrfach stark per Kopf. Aber kaum am Spielaufbau beteiligt.
Kimmich: Hatte Tempodefizite gegen Sanchez. Schlug sich aber noch achtbar gegen Chiles Besten. Kaum Zeit für Offensivaktionen.
Can: Ging energisch dazwischen, fing Bälle ab. Konnte sich körperlich behaupten. Wie beim 1:1-Ausgleich mehrfach dynamischer Antreiber.
Rudy: Auf strategischer Position unsichtbar. Das Spiel lief an ihm vorbei. Konnte sich in der zweiten Hälfte nur mit Fouls helfen.
Hector: Beim Confed Cup noch nicht in Normalform. Der Kölner bewies aber mit klasse Direktvorlage auf Stindl beim 1:1 seine Qualität.
Goretzka: Tauchte nach Topspiel gegen Australien ab. Der Schalker konnte in zu vorgezogener Position seine Stärken nicht einbringen.
Draxler: Der Kapitän sorgte für den ersten deutschen Abschluss aus 18 Metern (8.). Zeigte insgesamt aber zu selten Präsenz im Mittelfeld.
Stindl: Wird zum WM-Anwärter. Bot sich gut an, ließ sich fallen, holte Bälle. Durchsetzungsstark beim zweiten Turniertor (41.).