Mazen Hawari vor seinem Geschäft in der Münsterstraße 9. Bald könnte noch eine zweite Leuchtreklame hinzukommen. © Luca Füllgraf
Münsterstraße
Wäschegeschäft in Lüner City: Warum ein Elektriker Dessous verkauft
Als 2016 das „Wäscheparadies“ in der Münsterstraße 9 in Lünen schloss, war Mazen Hawari gerade ein Jahr in Deutschland. Heute betreibt er dort selbst ein Wäschegeschäft.
Die Münsterstraße in der Lüner Innenstadt hat wieder ein neues Wäschegeschäft. In seinem Laden Lingerie Style verkauft der Syrer Mazen Hawari seit Anfang Februar Pyjamas und Unterwäsche für Frauen - eine Geschäftsidee, die der 48-Jährige auch schon in Damaskus hatte.
Hawari kam 2015 nach Deutschland
Dabei hatte er eigentlich andere Pläne. Hawari floh 2015 vor dem Bürgerkrieg in seiner Heimat nach Deutschland. Als gelernter Elektriker hoffte er, auch in Deutschland in diesem Bereich Arbeit zu finden. Weil seine syrische Ausbildung hier jedoch nicht anerkannt wurde, versuchte er es über ein Praktikum. Fachlich sei er zwar gut, aber sein Deutsch sei nicht gut genug, hieß es anschließend. Auch weitere Praktika brachten keinen Erfolg. Um trotzdem zu arbeiten, versuchte er es im Lager und putzte Autos und Maschinen. Hawari wolle unbedingt arbeiten, „den geraden Weg gehen“, wie er sagt.
Irgendwann kam ihm die Idee, den gleichen Schritt zu gehen wie bereits in Syrien. Schon dort wurde er vom Elektriker zum Verkäufer. Früher sei er viel gereist und habe aus der Türkei die Idee, in einem Geschäft gleichzeitig Unterwäsche und Pyjamas zu verkaufen, und später immer wieder auch Waren mit nach Syrien gebracht. Schon in der syrischen Hauptstadt habe er einen ähnlichen Laden gehabt, erzählt Hawari, ungefähr halb so groß wie das Geschäft in der Münsterstraße. Sein alter Laden sei kaputt, liege in Schutt und Asche wie alles andere auch.
„Er hilft mir immer“. Mazen Hawari und sein Sohn Hisham, der auch beim Gespräch mit der Redaktion half. © Luca Füllgraf
Die Idee, erneut Pyjamas und Nachtwäsche, aber genauso Unterwäsche in einem einzigen Landen zu verkaufen, könne auch in Deutschland funktionieren, glaubt er. Dass es sonst keinen Laden gibt, der das so macht, ist für ihn ein Pro- und kein Gegenargument. Er begann, von zu Hause aus die Waren aus dem Ausland einzukaufen und sie online zu vertreiben, entschied sich aber rasch, dass er auch einen Verkaufsraum für sein Geschäft benötigt.
Hoffnung auch auf arabische Kundschaft
Seit Anfang des Jahres mietet er jetzt das Ladenlokal in der Lüner Innenstadt, seit dem 1. Februar ist es auch für Kunden geöffnet. Nur kommen davon zu seinem Leidwesen bisher noch nicht allzu viele. „Ich kann nicht sagen, ob das den Geschmack der Deutschen trifft“, sagt Hawari, bei dem Pyjamas zwischen 15 und 40 Euro kosten. Gerade die Unterwäsche ist deutlich bunter und auffälliger als in den meisten anderen Geschäften. Er habe sich eher am Stil seiner Heimat orientiert, sagt er. Auch deshalb hofft er, dass es vorteilhaft sein könnte, dass er besser arabisch als deutsch spricht, nämlich dann, wenn er Kunden berate, denen es ganz genauso gehe.
Hawari tut sich bis heute schwer mit der deutschen Sprache, mit der Bürokratie und der Mentalität mancher Menschen. Im Vergleich mit seiner syrischen Heimat sei der Umgang miteinander hier häufig kalt. Auch deshalb ist er froh, dass er 2018 seine Familie - seine Frau und seine zwei Söhne - nach Deutschland und nach Kamen nachholen konnte. „Er hilft mir immer“, sagt Mazen Hawari über seinen ältesten Sohn Hisham, der fließend deutsch spricht und auch beim Gespräch mit der Redaktion half. Der 22-jährige macht gerade sein Fachabitur und möchte anschließend Medizintechnik studieren.
Im April 2016 schloss das Wäscheparadies, das ebenfalls in der Münsterstraße 9 Unterwäsche verkaufte. © Martina Niehaus
Bis 2016 war hier das Wäscheparadies
„Lingerie Style“ ist nicht das erste Wäschegeschäft in der Münsterstraße 9. Im Gegenteil: 32 Jahre lang verkaufte hier das Wäscheparadies seine Waren, anfangs unter dem Namen Wäscheparadies Meick, später dann als Wäscheparadies Bredenbröker. 2016 ging Inhaberin Anita Bredenbröker in den Ruhestand und fand niemanden, der ihr Geschäft übernehmen wollte. Erst drei Jahre später wurde das Ladenlokal wieder geöffnet. „Die 2 Schnäppchendealer“ versuchten für eine kurze Zeit, in der Münsterstraße Restposten an den Mann oder die Frau zu bringen.
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