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Tolle Masche: So erfüllen Lünerinnen Sterbenskranken Herzenswünsche
Hospiz am Wallgang
Abends klappern die Stricknadeln von Annegret Kiwall (72) und Petra Napierala (64). Die Maschen helfen, Sterbenskranken im Hospiz Herzenswünsche zu erfüllen - vom Stadionbesuch bis zur Pizza.
Säckeweise kauft Annegret Kiwall Wolle. Sie strickt Dreieckstücher und Mützenschals in allen Farben - auch mit Glitzer. Jeder Cent aus dem Verkauf, den Petra Napierala organisiert, geht seit vier Jahren an das Hospiz am Wallgang. Sterbenskranke verbringen hier die letzte Zeit ihres Lebensweges. Ihnen noch einmal einen Herzenswunsch erfüllen zu können, ist den beiden Lünerinnen ein wichtiges Anliegen. Ein BVB-Spiel im Stadion verfolgen oder in Cuxhaven Meeresluft schnuppern - der Strickerlös macht solche Wünsche der Hospizgäste möglich. Manchmal sind es auch kleine Dinge, die ihnen Freude bringen: Ein Eis in der Fußgängerzone, abends ein Bierchen in der City oder eine Pizza für alle. „Das muss mal drin sein“, sagt Einrichtungsleiter Sebastian Roth.
Beim Thema Hospiz hatten Annegret Kiwall und Petra Napierala anfangs ein „mulmiges Gefühl“. Das habe sich gelegt, seit sie die besondere Atmosphäre und die Lebensfreude im Haus erleben konnten, berichten sie.
Hochzeit kurz vor dem Tod
14 Gäste werden in dem Hospiz bis zu ihrem Tod begleitet, das im Oktober 2016 seine Pforten an der Holtgrevenstraße 5 eröffnet hat. Es gibt 14 Einzelzimmer, aber auch Wohnräume und einen gemeinsamen Essbereich mit Blick in die Küche, in der eine Hauswirtschafterin täglich frisch kocht. 870 Gäste sind dort bisher umsorgt worden. Im Schnitt bleiben sie 16 Tage, manche sind nur für wenige Stunden da, andere sogar über ein Jahr. Die jüngste Bewohnerin war 25. Sie hat kurz vor ihrem Tod im Hospiz noch geheiratet. Eine für alle sehr berührende Situation. Der älteste Gast starb mit 102 Jahren.

Im Hospiz am Wallgang verbringen Sterbenskranke die letzte Zeit ihres Lebens. Manche sind nur wenige Stunden da, andere über ein Jahr. Im Schnitt bleiben die Gäste 16 Tage. © Quiring-Lategahn
Im Hospiz geht es ums Sterben, aber noch viel mehr darum, das Leben bis zuletzt lebenswert zu gestalten. Dabei helfen Annegret Kiwall und Petra Napierala mit ihren Tüchern und Schals. Gerade Rollstuhlfahrer, die nicht mehr so gut in die Ärmel einer Jacke schlüpfen können, mögen die kuschelige Wärme. Aber auch als Terrassentücher kommen die Strickwaren im Tennisverein Gahmen an. Dort verkaufen die Lünerinnen das Selbstgestrickte ebenso wie in der Paracelsus-Apotheke von Stephan Göbel in Brambauer und erstmals in diesem Jahr auch in einer Kreativhütte auf dem Weihnachtsmarkt.
Spendensumme von 3000 Euro überreicht
So konnten sie diesmal ihre Spendensumme noch einmal steigern und dem Hospiz am Wallgang 3000 Euro für Herzenswünsche überreichen. Vermittelt hatte den Kontakt zum Hospiz Ludger Döbbe. Er arbeitet dort seit fünf Jahren ehrenamtlich mit. Als ein Basar organisiert werden sollte, lernte er über Facebook die kreativen Lünerinnen kennen. Die liefern inzwischen auch auf Bestellung. Manch einer verschenkt lieber ein Schultertuch als einen Blumenstrauß.
Lünen ist eine Stadt mit unterschiedlichen Facetten. Nah dran zu sein an den lokalen Themen, ist eine spannende Aufgabe. Obwohl ich schon lange in Lünen arbeite, gibt es immer noch viel zu entdecken.
