
© Tobias Larisch
Starkregen: So schützt das Stadtarchiv Lünen seine wichtigen Dokumente
Unwetter
Das Stadtarchiv setzt zum Schutz historischer Dokumente ungewöhnliche Mittel ein, auch eine Gefriertruhe. Leiter Fredy Niklowitz hat den Einsturz des Kölner Archivs erlebt und daraus gelernt.
Das Lüner Stadtarchiv ist sozusagen das Gedächtnis der Stadt. Drei Kilometer lang wäre die Strecke, würde man alle Dokumente aneinanderreihen. Um zu verhindern, dass die historischen Akten durch Wasser Schaden nehmen, wurde vorgesorgt.
Geräte werden zum Hochwasser-Schutz auf Paletten gestellt
„Wir hatten vergangenen Hochwasser etwas Wasser im Archiv stehen, aber das kam nicht weit. Beim zweiten starken Regen waren es ein paar Zentimeter, davor das Mal etwas mehr. Schäden gab es nicht, aber wir haben Maßnahmen ergriffen, damit das auch zukünftig so bleibt“, erklärt Fredy Niklowitz, Leiter des Stadtarchivs, das sich im Untergeschoss des Rathauses befindet.
Zu den Maßnahmen gehört, dass im Multifunktionsraum die elektronischen Geräte auf Paletten gestellt wurden. Dazu gibt es eine Wassermeldeanlage. Die auf dem Boden befestigen Sensoren schlagen an, wenn sich dort Wasser sammeln sollte.
Hausmeister könnte bei einem Hochwasser schnell am Stadtarchiv sein
Damit die Anlage auch bei einem Stromausfall funktioniert, ist sie nicht an den Strom des restlichen Gebäudes angeschlossen. Sollte sie Alarm schlagen, bekommt die Rettungsleitstelle in Unna eine Meldung. Anders als bei einem Feueralarm würde die Feuerwehr aber nicht sofort ausrücken, sondern sich erst beim Archiv rückversichern.

In einem Raum gibt es ein Wassermeldeanlage. Leuchtet eines der Lichter an dem Gerät in der Bildmitte, hat sich Wasser am Boden gesammelt. © Tobias Larisch
„Wir haben das Glück, dass der Hausmeister schnell vor Ort wäre und nachgucken könnte. Vor dem letzten Starkregen hat er auch nochmal alle Wasserabläufe kontrolliert“, lobt Niklowitz.
Ein „Erste-Hilfe-Set“ für nassgewordene Dokumente steht bereit
Sollten doch Dokumente feucht werden, gibt es eine Gefriertruhe. Darin könnten sie getrocknet werden, ihnen würde das Wasser entzogen. Das müsse innerhalb von 24 Stunden geschehen, damit kein Schimmelpilz entstehe, erklärt der Archivleiter.

So sieht das Erstversorgungsset „Kek“ für nassgewordene Dokumente aus. © Tobias Larisch
Auch ein Erstversorgungsset für nasse Dokumente steht bereit. „Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes“ nennt sich diese Plastikbox offiziell, in der unter anderem Zellophanfolie ist, um Kartons einzubinden. „Abgekürzt heißt sie einfach nur Kek“, sagt Niklowitz und lacht.
Dokumente werden in wasserdichten Kartons verstaut
Damit starker Regen die Dokumente überhaupt erreicht, müsste erst einmal Wasser in die drei Magazine, die Räume, in denen die Akten gelagert sind, gelangen. Ein Magazin befindet sich aber in einer ehemaligen fensterlosen Garage und ist daher höher gelegen als die anderen Räume. Dazu sind alle Räume mit Feuerschutztüren versehen, durch die Wasser nicht ohne Weiteres durch kommt.
Damit es im Zweifel nicht mit vollem Druck auf das Gebäude zufließen kann, wurde in der Grünfläche vor einer Tür ein Rigole aus zwei unterirdischen Auffangbecken gebaut, die das Regenwasser aufnimmt. Schließlich werden die Dokumente nach und nach in wasserdichten Kartons verstaut, um im Ernstfall Wasserschäden so wenig Chancen wie möglich zu lassen.
Niklowitz war beim Einsturz des Archivs in Köln da
Dass im Stadtarchiv Lünen so vorgesorgt wird, hat für Leiter Niklowitz auch persönliche Gründe. Er war 2009 eine Woche lang als Helfer in Köln, nachdem das dortige Stadtarchiv eingestürzt war. „Ich wurde dort sensibilisiert und habe Erfahrungen gesammelt, was Schutzmaßnahmen angeht.“
Aber nicht nur aus deswegen sei es ihm wichtig gewesen, dass er dort helfen konnte. „Ich war innerlich bestürzt, als ich davon gehört habe. Es war eine tolle Erfahrung und es hat psychisch gutgetan, dort helfen zu können.“

Am 3. März 2009 war das Stadtarchiv in Köln eingestürzt. Zwei Menschen starben bei dem Unglück. © Günther Goldstein
Niklowitz sei zwar immer noch ein bisschen beunruhigt, dass Hochwasser dem Stadtarchiv Lünen schaden könnte, aber durch die ergriffenen Maßnahmen wäre er etwas entspannter. „Es müsste schon wer weiß was für Wasser runterkommen, damit etwas passiert.“
Hat im Mai 2020 in der für den Lokal-Journalismus aufregenden Corona-Zeit bei Lensing Media das Volontariat begonnen. Kommt aus Bochum und hatte nach drei Jahren Studium in Paderborn Heimweh nach dem Ruhrgebiet. Möchte seit dem 17. Lebensjahr Journalist werden.
