Die Zukunft des innerstädtischen Handels war Thema des von der Stadt initiierten Stadtgesprächs. Dabei ging es wenig kontrovers zu. Lag vielleicht am Motto: „Nur gemeinsam geht‘s!“
Die Zahl der Einzelhandelsbetriebe in Nordrhein-Westfalen ist seit Jahren rückläufig, der interkommunale Wettbewerb um die schwindende Zahl der zahlenden Kundschaft vor Ort wird von Jahr zu Jahr härter, der Online-Handel wächst stetig und macht den Einzelhändlern mehr oder weniger zu schaffen. Da macht Lünen keine Ausnahme.
Vor diesem Hintergrund hatte die Stadt Donnerstagabend zum „Stadtgespräch zur Zukunft des innerstädtischen Einzelhandels“ ins Gemeindezentrum St. Georg in der City eingeladen.

Etwa 70 Menschen nahmen am Stadtgespräch teil. © Storks
An der rund zweistündigen Veranstaltung nahmen etwa 70 Menschen teil. Dazu zählten neben Verantwortlichen der Stadt in der Mehrzahl Händler, einige Immobilienbesitzer, ein paar Politiker sowie eine Handvoll interessierter Bürger.
Zu den geladenen Experten gehörte Ulf Wollrath. Der IHK-Handels-Geschäftsführer gab einen kurzen, mit Zahlen und Fakten gespickten Überblick über die Einzelhandelssituation im allgemeinen und speziell in Lünen. Eine seiner Kernbotschaften an diesem Abend lautete:
„Wer als Händler im Netz nicht gefunden wird, der existiert nicht.“ Was nicht heißen soll, dass jeder Händler seine Ware auch über das Internet an die Kundschaft bringen muss. Wichtiger sei es, sagte Wollrath, überhaupt im Netz mit einer Homepage vertreten zu sein.
Schwaches Angebot, schwache City
Eine andere Kernbotschaft Wollraths lautete: „Ist das Einzelhandelsangebot vor Ort schwach, dann brauche ich mir auch keine Gedanken mehr über eine attraktive Innenstadt zu machen.“
Damit war der Bogen für die weitere Diskussion gespannt, in der es in erster Linie um Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit zwischen dem Handel, der Stadt und den Immobilienbesitzern ging.
Was das angeht, da waren sich die Teilnehmer am Ende der Veranstaltung einig, ist noch reichlich Luft nach oben. Trotz aller (städtebaulichen) Erfolge, die Lünen laut IHK-Geschäftsführer Wollrath in der Vergangenheit feiern durfte.
Als gelungenes Beispiel aus der Abteilung Städtebau nannte Wollrath die zu einem ansehnlichen Geschäfts- und Wohnhaus umgebaute Ex-Hertie-Immobilie mitten im Herzen der City und den neu gestalteten Marktplatz.
„In Expertenkreisen, das können Sie mir ruhig glauben, wird Lünen als absolut positives Beispiel für gelungene Stadtentwicklung genannt.“ Der Handelsexperte sagte aber auch: „Das ist kein Grund, sich auszuruhen.“ Wer wollte dem schon widersprechen? Donnerstagabend jedenfalls niemand.
Kritik an der Stadt kam von einigen Händlern, wobei schon deutlich wurde, dass die Meinungen in der Händlerschaft zum Teil auseinandergehen. Da gab es welche, die hatten kein oder kaum ein Problem mit der Gestaltungssatzung, die zum Beispiel das Aussehen von Leuchtreklamen oder das Aufstellen von Werbeflächen bis ins Detail regelt. Andere lehnen sie nahezu komplett ab.
Kritik gab es auch an den Parkgebühren, die nach Meinung der Stadt jedoch absolut moderat sind.

Auf wenig Gegenliebe stoßen diese Wegweiser bei den Händlern. Sie sind ihnen zu unübersichtlich. © Storks
Alles in allem waren sich die Gewerbetreibenden einig, müsse die Stadt vielmehr in Sachen Stadtmarketing machen. Dazu gehöre auch das Aufstellen von „erkennbaren“ Schildern, die auf die Geschäfte in den Nebenstraßen der Lange Straße hinweisen. Es könne auch nicht sein, sagte eine Händlerin, dass der Weihnachtsmarkt Teile der Lange Straße ausschließe. Vom nördlichen Teil der Innenstadt ganz zu schweigen.
Helmut von Bohlen, Inhaber des gleichnamigen Immobilienunternehmens und Vorsitzender des 85 Mitglieder zählenden „City Ring Lünen“, machte keinen Hehl daraus, dass die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt der Händler deutlich besser sein könnten. Kritik übte er auch an den Filialisten in der City, von denen sich manche gar nicht engagierten und ausschließlich als Trittbrettfahrer auftreten.
Im Gespräch mit unserer Redaktion hatte von Bohlen jüngst erklärt, dass es an verkaufsoffenen Sonntagen nicht reiche, „einfach die Tür aufzumachen und darauf zu warten, dass die Leute reinkommen. Da muss mehr passieren. Zum Beispiel in Form einer ausgefallenen Schaufensterdekoration, durch besondere, anlassbezogene Angebote, oder einem Glas Sekt oder Orangensaft zur Begrüßung der Kunden.“

Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns begrüßte die Gäste. © Storks
Das setzt jedoch voraus, dass jeder Lüner Händler weiß, dass in der Lippestadt im Vergleich zu anderen Städten in der Region noch verkaufsoffene Sonntage stattfinden. Das ist aber nicht der Fall, wie Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns Donnerstagabend sagte.
Tage vor dem Stadtgespräch hatte er mit von Bohlen einen Rundgang durch die City gemacht und einige Händler in ihren Geschäften besucht. „Mit Erschrecken mussten wir feststellen, dass viele Händler den City-Ring gar nicht kennen und nicht wissen, dass es in Lünen verkaufsoffene Sonntage gibt“, sagte Kleine-Frauns - von Bohlen nickte zustimmend.
Gleichzeitig lud der City-Ring-Chef alle Anwesenden zur Hauptversammlung der Interessenvereinigung am 6. Juni in das neue Mercedes-Benz-Center an der Straße „Am Lindenplatz“ ein. Los geht es um 19 Uhr. Die Einladung richtete sich auch an die Stadt, von der er sich nicht nur größere Anstrengungen beim Stadtmarketing sondern auch mehr Mitspracherechte wünschte.
Zu diesem Zwecke stellte Lünens Technischer Beigeordneter Arnold Reeker - auch, oder gerade wegen entsprechender Redebeiträgen - die Schaffung eines Gremiums bei der Stadt in Aussicht, in dem „alle Betroffenen“ vertreten sein sollen, um die Stadt und ihren Handel voranzutreiben.
Getreu dem Motto des ersten Stadtgesprächs zur Zukunft des innerstädtischen Handels:
„Nur gemeinsam geht‘s!
Jahrgang 1968, in Dortmund geboren, Diplom-Ökonom. Seit 1997 für Lensing Media unterwegs. Er mag es, den Dingen auf den Grund zu gehen.
