Nachfolge für Großimmobilien in der City nötig? Stadt Lünen bereitet sich auf Ernstfall vor

Stadt sucht Planungsbüro für Konzept zur Umnutzung von Großimmobilien
Lesezeit

Bahnt sich da – im wahrsten Sinne des Wortes – etwas „Großes“ an oder handelt es sich lediglich um eine Art Notfallplan, den man im Bedarfsfall zur Absicherung in der Schublade haben möchte? Fakt ist: Auf dem virtuellen „Vergabemarktplatz“ der Metropole Ruhr findet sich aktuell eine Ausschreibung für eine „Konzepterstellung für eine mögliche Umnutzung von Einzelhandelsgroßimmobilien in der Lüner Innenstadt“. Am 20. Januar endet die Angebotsfrist.

Laut Ausschreibung sucht die Stadt ein Planungsbüro für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie. Das Ziel ist es, „Handlungsoptionen und Maßnahmen für neue Nutzungskonzepte für zwei bis vier Einzelhandelsgroßimmobilien in der Lüner Innenstadt vorbereitend zu erarbeiten, sofern die Mietverträge gekündigt werden/auslaufen sollten“.

Den Eigentümern und Betreibern der Immobilien sollen „möglichst frühzeitig Alternativen zur derzeitigen Nutzung aufgezeigt werden, damit langfristige Leerstände der Großimmobilien vermieden werden. Auch können so potenzielle künftige Nutzer gewonnen werden“, heißt es in dem Schreiben.

Die Innenstadt von Lünen aus der Vogelsperspektive.
So sieht Lünens Innenstadt mit der Lange Straße aus der Luft aus. Das Bild entstand im Februar 2023. © Blossey

Im Fokus stehen zwei Immobilien mit einer Verkaufsfläche von circa 2000 bis 2700 Quadratmetern, die derzeit durch Textilhändler genutzt werden. Es bestehe zudem „die Option, zwei weitere Immobilien zu betrachten, mit einer Fläche von circa 570 Quadratmetern, aktuell durch Textilhändler genutzt und circa 1800 Quadratmeter, die durch die Hauptwarengruppe Gesundheit und Körperpflege genutzt werden“.

Unter dem Punkt „Ausgangslage“ verweist die Stadt unter anderem auf das veränderte Konsumverhalten der Kunden (Stichwort Onlinehandel). Die Bevölkerung habe veränderte Ansprüche an die Innenstädte (Dienstleistungsangebote, Freizeit, Kultur und Wohnen). Die Stadt stelle sich diesen Herausforderungen, heißt es im Text weiter. Als positives Beispiel wird der Umbau und die Umnutzung des ehemaligen Hertie-Hauses aufgeführt.

Leerstandsquote und Planungsbudget

Die Leerstandsquote in der City sei mit fünf Prozent zwar niedrig, was jedoch auch damit zusammenhänge, dass „Einzelhandelsflächen bewusst vom Markt genommen“ und inzwischen anders genutzt würden. Zudem gebe es seit 2021 auch Leerstände in 1A-Lage an der Langen Straße. Die Stadt Lünen wolle nun die Perspektiven der größeren Anbieter mit Textilsortiment genauer betrachten, da diese „die Anziehungskraft des Einzelhandelsstandorts stark prägen“. Man habe bereits Gespräche mit Eigentümern und Mietern geführt. Für die Planung beziehungsweise Konzepterstellung steht dem künftigen Auftragnehmer ein Budget von maximal 75.000 Euro brutto zur Verfügung.

All dies wirft Fragen auf. Zum Beispiel danach, um welche Gebäude beziehungsweise Geschäfte es sich handelt und ob die Eigentümer bereits einen Verkauf oder die Mieter einen Auszug planen. Und gibt es mit Blick auf die Anmeldefrist bereits Planungsbüros, die Interesse bekundet haben? Folgt man den Angaben in den uns vorliegenden Dokumenten hinsichtlich Größe und Nutzung der Immobilien, lässt sich der Kreis der „Kandidaten“ eingrenzen. Wir haben daraufhin bei mehreren Unternehmen angefragt, ob ihre Filialen betroffen sind und welche Pläne die Unternehmen haben. Geantwortet haben bislang C&A, Peek & Cloppenburg, Müller sowie H&M und Deichmann.

Das sagen die Unternehmen

„Wir können Ihnen dazu mitteilen, dass für die Filiale in Lünen keine Schließung geplant ist. Weitere Planungen können wir Ihnen darüber hinaus nicht mitteilen“, hieß es aus der Pressestelle von C&A. Auch Peek & Cloppenburg plant laut eigenen Angaben „keine Schließung des Hauses in Lünen“. Gleiches gilt für das Unternehmen H&M.

Bei Müller klingt die Antwort hingegen etwas anders: „Nach Rücksprache mit der Fachabteilung müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir zu Ihrer Anfrage derzeit leider keine Informationen zur Verfügung stellen können. Wir bitten um Verständnis.“

Deichmann schreibt: „An Gesprächen über Folgenutzungen von Geschäfts-Immobilien in der Innenstadt waren wir als Unternehmen bislang nicht beteiligt. Schließungspläne an der genannten Adresse verfolgen wir aktuell nicht.“

Das sagt die Stadt Lünen

Die Stadt Lünen teilt auf Anfrage dieser Redaktion mit, es gebe aktuell „weder Planungen noch Hinweise darauf, dass Großmieter die Innenstadt verlassen möchten“. Die Stadt wolle allerdings vorbereitet sein, sofern ein solcher Fall eintritt – und verweist in diesem Zusammenhang auf das Förderprogramm Zukunftsfähige Innenstädte NRW (ZIO), für das der Zuwendungsbescheid bereits vorliege.

„Das gibt uns die Möglichkeit, gutachterlich die Chancen und Potenziale für unsere Innenstadt einzuschätzen. Hierzu sollen dann natürlich die vorhandenen Großimmobilien in den Blick genommen werden. Die Eigentümerinnen und Eigentümer würden in einen solchen Prozess mit einbezogen. Die Angaben von Quadratmeterzahlen dienen nur als mögliche Kalkulations- und Vergleichsbasis in der Ausschreibung“, schreibt Pressesprecher Daniel Claeßen.

Da es sich eben um ein laufendes Verfahren handele, könne man aktuell keine weiteren Angaben dazu machen: „Wichtig ist aus Sicht der Stadtverwaltung, dass es sich hier um einen weiteren Baustein unserer vorausschauenden Strategie handelt, dank derer unsere Innenstadt nach wie vor nicht so schlecht dasteht.“

Anmerkung der Redaktion: Wir hatten an einer Stelle dieses Textes ursprünglich geschrieben, dass unserer Redaktion Dokumente mit Informationen vorliegen, die über die Angaben in der Bekanntmachung hinausgehen. Dies hat zu Irritationen geführt. Es handelt sich bei den ergänzenden Dokumenten nicht um interne bzw. vertrauliche Dokumente, sondern öffentlich einsehbare.

Zum Thema

Anonymer Briefkasten

Auf die Ausschreibung der Stadt Lünen hatte uns ein Leser über unseren anonymen Briefkasten aufmerksam gemacht. Wenn auch Sie auf Missstände oder interessante Themen hinweisen möchten, können Sie uns gerne dort eine Nachricht hinterlassen oder sich auch direkt per Mail an die Redaktion wenden unter luenen@ruhrnachrichten.de.

Umsatz von Remondis sinkt um vier Prozent: „Normales Wirtschaftsgeschehen“

Strahlmittelhersteller EP Power Grit in Lünen investiert: Firma ordert Lavasand aus Island