Markus Haack wirft einen Weihnachtsbaum in den LKW. Der WBL-Mitarbeiter hat die Bäume, zusammen mit Kollegen, zehn Tage von den Lüner Straßen gesammelt. © Peter Fiedler
Neues Konzept im Kreis Unna
Remondis-Lippewerk ist Endstation für Weihnachtsbäume und Bioabfall
Ein schmuckloses Ende haben sie immer schon genommen - die Weihnachtsbäume. Doch diesmal war ihr letzter Weg ein anderer. Er führte ins Lüner Lippewerk.
„Ab dem 300. Baum werden die Arme langsam länger“, sagt Markus Haack. Zehn Tage hat der Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe Lünen (WBL) Weihnachtsbäume von den Lüner Straßen gesammelt und in den LKW gewuchtet. Normalerweise kümmert er sich um Sperrmüll. Doch seit dem 7. Januar pausierte die Sperrmüllabfuhr für zwei Wochen - zugunsten der Weihnachtsbäume. „Weihnachtsbäume riechen definitiv besser“, meint der 42-Jährige. Sein Kollege Marius Wawrzynek (44) gehörte mit zum Team der Baumsammler. Am Steuer des LKW saß Diana Owczarek.
Bisher nach Fröndenberg
Die 33-Jährige steuerte den LKW, sobald er voll war, an eine neue Adresse: Lippewerk, Brunnenstraße. Jahrelang wurden die Bäume erst zur Umladeanlage der Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft Kreis Unna (GWA) am Brückenkamp in Lünen transportiert und von dort zum GWA-Kompostwerk in Fröndenberg. Doch seit Anfang 2019 greift ein neues Konzept für viele Grünabfälle, und somit auch für die Weihnachtsbäume.
Zur Umsetzung hatte der Kreistag die Gründung der Bioenergie Kreis Unna GmbH (BKU) beschlossen. Ein Unternehmen, an dem die GWA 51 Prozent hält und Entsorgungsriese Remondis 49. Die Idee dahinter: Aus Bioabfall und Grünschnitt nicht nur Kompost erzeugen, sondern auch Energie gewinnen.
In diesem Gebäude befindet sich die neue Vergärungsanlage auf dem Gelände des Lippewerkes. © Peter Fiedler
Dazu hat das Unternehmen Reterra, eine 100-prozentige Tochter von Remondis, die Kompostanlage im Lippewerk erweitert und modernisiert, vor allem aber eine Vergärungsanlage für die BKU gebaut. Beim Gärprozess entsteht Biogas, das in drei Blockheizkraftwerken direkt nebenan verstromt wird. Der Strom fließt ins öffentliche Netz und bringt Erlöse. Die Abwärme wird genutzt, um den Gärprozess in Gang zu halten. „Wir fahren den Fermenter derzeit mit einer Temperatur von 56 Grad“, erläutert Betriebsleiter Björn Zimmer von Reterra.
Zweistellige Millionen-Investition
Der Abfall aus allen Biotonnen im Kreis Unna und der kommunale Grünschnitt landen seit Anfang 2019 in Lünen. Laut Björn Zimmer können jährlich etwa 20.000 Tonnen vergoren und 50.000 Tonnen kompostiert werden. Die Investition für die neue Anlage gibt GWA-Sprecher Andreas Hellmich mit „einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“ an. Die genaue Summe gibt er nicht preis - mit Hinweis auf die Vertraulichkeit der vorangegangenen europaweiten Ausschreibung.
Zurück zu den Weihnachtsbäumen. 75 Tonnen wurden 2016 allein in Lünen gesammelt, 71 Tonnen 2017. Diese Zahlen nennt Thomas Möller, Leiter der Abteilung Stadtreinigung bei WBL. Er schätzt, dass die Menge jetzt ähnlich groß war. Am Freitag (18. Januar) endete die Abfuhr. Bis Samstag (19.) konnten Bäume noch kostenlos am WBL-Wertstoffhof abgegeben werden.
Im Lager des Lippewerks: Vorne die Holzfraktion, also die schon aufbereiteten Stämme und Äste. Dahinter ein Berg noch unbehandelter Weihnachtsbäume. © Peter Fiedler
Zum Vergären in den neuen Fermenter kommen die Bäume nicht, wie Betriebsleiter Björn Zimmer sagt. Die Nadeln lieferten zu wenig Energie. „Reste von Kartoffeln, Orangen oder Äpfeln sind da wesentlich energiereicher“. so der Fachmann.
Die riesigen Berge aus Weihnachtsbäumen, die sich im Lippewerk türmen, werden maschinell aufbereitet: Nadeln und kleine Äste der Bäume werden kompostiert. Die Holzfraktion, wie Zimmer sie nennt, also der Stamm und die kräftigen Äste, dienen als Brennstoff. Kunden dafür seien zum Beispiel Großgärtnereien, die eigene Blockheizkraftwerke betreiben. „Wenn die Weihnachtsbäume fossile Brennstoffe ersetzen, erfüllen sie auch einen Umweltnutzen“ so GWA-Sprecher Andreas Hellmich.
Das neue Konzept für Bioabfälle soll sich auch finanziell positiv auswirken. Als der Kreistag am 10. Oktober 2017 grünes Licht gab für die Gründung der BKU, war von einer Entlastung des Gebührenhaushalts um 160.000 Euro pro Jahr durch die energetische Nutzung die Rede. Ob sich die Prognose bestätigt, muss die neue Anlage jetzt beweisen.
Damit sich keine unangenehmen Gerüche verbreiten, wird die Abluft aus dem Kompostwerk und der Vergärungsanlage durch diesen Biofilter geleitet. Er ist mit Wurzelholz gefüllt. © Peter Fiedler
Die gesamte Abluft aus der Anlage wird durch ein riesiges Rohr in einen Biofilter geleitet. Sie durchströmt dort eine dicke Schicht Wurzelholz. Damit soll verhindert werden, dass sich unangenehme Gerüche in der Umgebung verbreiten.
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