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Reisen wie eine Ministerin: So geht’s zum Kurztrip nach Mallorca
Mallorca-Affäre
Länger am Strand liegen – oder bloß für eine Geburtstagsfeier im Freundeskreis nach Mallorca reisen. Wer wie Ministerin Ina Scharrenbach nur ganz kurz auf die Insel fliegt, ist ein Ausnahmetourist.
Wochenendtrips nach Mallorca sind in der Regel nicht unter 500 Euro zu bekommen. Das sagt Reise-Expertin Michaela Aulich aus Unna. Die beliebteste Urlaubsinsel der Deutschen ist gerade in den Schlagzeilen, weil sie kurz nach der Flutkatastrophe in NRW auch von Mitgliedern der NRW-Landesregierung angesteuert wurde.
Ein Kurztrip bloß fürs Wochenende nach Mallorca ist eine unübliche Art zu Verreisen. Der durchschnittliche Tourist bleibt nach spanischen Angaben 5,5 Tage. Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) aus Kamen verreiste zweieinhalb Tage, als sie auf Mallorca an einer Feier mit Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) teilnahm.
Ein Mallorca-Trip übers Wochenende, wie ist das möglich? Die Antwort gibt es im Reisebüro Timmermann mit Filialen in der Fußgängerzone von Unna und in der Ortsmitte von Kamen-Heeren-Werve. Die Insel wird von Kunden meistens für Wochenzeiträume gebucht. „Man kann natürlich auch für zwei Tage nach Mallorca fahren, das geht. Aber das macht kaum einer“, sagt Mitarbeiterin Michaela Aulich. „Wenn man sich schon in den Flieger setzt, dann für eine Woche, was auch umweltbewusster ist.“ Beliebte Abflugorte seien Düsseldorf und Dortmund.
Pauschalreise mit Frühstück für 527 Euro
Vermutlich werden Kurzreisen nach „Malle“ weniger übers Reisebüro als auf Online-Portalen gebucht. Beim Online-Reisevermittler Urlaubsguru in Holzwickede spuckt die Buchungsseite die billigste Pauschalreise für einen Beispielzeitraum vom 22. bis 24. Juli 2022 zu einem Preis von 527 Euro aus. Dafür gibt es einen Aufenthalt inklusive Frühstück im Hotel Palma Bellver in Palma de Mallorca. Das Flugzeug hebt am Freitag um 16.15 Uhr in Düsseldorf ab und fliegt am Sonntag um 7.50 Uhr zurück.
Ein Abendessen mit mehreren Personen, zum Beispiel bei einer Feier im Familien- und Freundeskreis, kostet extra. Im Grillrestaurant Moli des Portixol im früheren Fischerviertel von Palma de Mallorca steht eine Paella für 16,50 Euro in der Speisekarte. Der Meerblick ist kostenlos.
Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) aus Kamen steht derzeit neben Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) sowie der früheren Staatssekretärin Serap Güler (CDU) in der Kritik, weil sie alle kurz nach der Flutkatastrophe vergangenen Sommer für ein privates Treffen nach Mallorca geflogen waren. Anlass war eine Geburtstagsfeier des Mannes von Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). Diese ist als zentrale Figur in der Mallorca-Affäre am Donnerstag zurückgetreten, weil sie trotz der schweren Überschwemmungen ihren Familienurlaub nur kurz unterbrochen hatte und dies nachträglich nur kleckerweise zugab. Die anderen Partygäste hatten ihre Teilnahme an der Feier nicht vorzeitig öffentlich gemacht, als Heinen-Esser wegen ihres Verhaltens bereits ins Visier geraten war.
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Wenn Krisenmanagerinnen ins Ausland reisen, während Bürger in den Fluten versinken, gilt das als unsensibles Timing. Scharrenbach sieht sich Rücktrittsforderungen gegenüber. Die Ministerin, unter anderem für die Flut-Soforthilfe zuständig, zeigte Reue. Die Kamenerin war am 23. Juli zusammen mit Güler abgeflogen, einen Tag nach dem Kabinettsbeschluss über die Soforthilfe. Scharrenbach, derzeit Landtagskandidatin für Lünen, Selm und Schwerte, schrieb: „Ich ärgere mich unendlich über den Eindruck, den ich durch diese zwei Tage erweckt habe. Es tut mir sehr, sehr leid und ich entschuldige mich dafür.“
Jahrgang 1973, aufgewachsen im Sauerland, wohnt in Holzwickede. Als Redakteur seit 2010 rund ums Kamener Kreuz unterwegs, seit 2001 beim Hellweger Anzeiger. Ab 1994 Journalistik- und Politik-Studium in Dortmund mit Auslandsstation in Tours/Frankreich und Volontariat bei den Ruhr Nachrichten in Dortmund, Lünen, Selm und Witten. Recherchiert gern investigativ, zum Beispiel beim Thema Schrottimmobilien. Lieblingssatz: Der beste Schutz für die liberale Demokratie ist die Pressefreiheit.
