Regisseur Axel Ranisch Oma Ruth (100) lässt Lünen herzlich grüßen Eröffnungsfilm mit Musik

Regisseur Axel Ranisch Oma Ruth (100) lässt Lünen herzlich grüßen
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Mit seiner Oma Ruth Bickelhaupt war Axel Ranisch mehrere Jahre beim Lüner Kinofest zu Gast und beim Publikum sehr beliebt. Sein Trailer fürs Festival, in dem Oma Ruth mit vielen bekannten deutschen Filmschaffenden tanzt, ist legendär. Seine Leidenschaft gehört aber nicht nur dem Film, sondern auch der klassischen Musik. Das zeigt Ranisch in seinem Film „Orphea in Love“, mit dem das 32. Kinofest Lünen eröffnet wurde. Außerdem steht der Film mit im Rennen um den Preis „Lüdia“. Ranisch brachte ein großes Team mit nach Lünen, darunter auch die Darsteller Christina Grosse und Heiko Pinkowski.

Klassische Musik und Opern sind Ihre Leidenschaft neben dem Filmen natürlich. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, beide Leidenschaften in „Orphea in Love“ zu verbinden?

Ranisch: Es war schon länger mein großer Traum, Film und klassische Musik zusammenzubringen. Ich bin wohl schon als Sechsjähriger in den Klassik-Zaubertranktopf gefallen. Als mein Vater in Tschechien einen Ghettoblaster mit 40 Klassik-CDs kaufte, hab ich die mir sofort geschnappt. Als Teenager bin ich dann in die Oper gegangen, hätte aber nie geglaubt, dass ich mal Opern-Regisseur werde. Als 2011 der Intendant der Bayerischen Staatsoper mich fragte, ob ich Opern inszenieren möchte, war das toll. Denn ich habe auch immer in meine Filme viel Klassik und Opernmusik reingepackt.

Pinkowksi: Ich bin auch immer bei seinen Opern-Inszenierungen mit dabei, würde auch gerne mal singen, aber das lässt mich Axel nicht. Bei unserem ersten Film „Dicke Mädchen“ habe ich das erste Mal erlebt, was Opernmusik alles kann.

Ranisch: Auch der neue Intendant der Bayerischen Staatsoper hatte die Idee, Film und Oper zusammenzubringen, es sollten einzelne Arien als Kurzfilme gedreht werden. Als wir dann eine Opernpremiere in Lyon vorbereiteten, kam Corona und zur Premiere der Lockdown. Dann hatte ich viel Zeit, die Idee für einen Film mit Opernelementen zu entwickeln.

Regisseur Axel Ranisch und seine Oma Ruth Bickelhaupt trugen sich vor fünf Jahren bei der Abschlussgala des Kinofests ins  Gästebuch der Stadt Lünen ein.
Regisseur Axel Ranisch und seine Oma Ruth Bickelhaupt trugen sich vor fünf Jahren bei der Abschlussgala des Kinofests ins Gästebuch der Stadt Lünen ein. © Günter Blaszczyk (Archiv)

Sie sind mittlerweile auch Opern-Regisseur an renommierten Theatern. Hilft dabei Ihre Erfahrung mit Improvisationen aus den Filmen oder ist es eine andere Herangehensweise als beim Film?

Ranisch: Auf jeden Fall. Es stand auch früh fest, dass ich die Geschichte von Orpheus und Eurydike als moderne Variante inszenieren will. Nach der tollen Zusammenarbeit mit einer jungen Sängerin in München wusste ich, dass aus Orpheus eine Orphea wird. Jede Arie hat einen eigenen Kontext, die Musik ist wie der Soundtrack des Lebens unserer Hauptfigur.

Pinkowski: Wir improvisieren wild, allerdings gibt es ohnehin nicht so viel Dialog, der Film funktioniert über Bilder, Tanz und Musik.

Grosse: Meine Rolle hat viel mit Tanz zu tun. Ich war auch nicht komplett tanzfremd vor den Dreharbeiten. Das schönste Kompliment unseres Choreographen war, dass er mir sagte, du bist eine Tänzerin, versteckt in einer Schauspielerin. Beim Schauspielstudium stand auch Tanz auf dem Lehrplan. Ende der 80er Jahre war ich Mitglied der einzigen Flamenco-Gruppe in Ostberlin.

Ranisch: Aber es ist nicht Tanz um des Tanzes willen, sondern wie eine Sprache, eine Bewegungssprache, die wir mit reingebracht haben.

Haben Sie einen Lieblingskomponisten und wenn ja, warum gerade diesen?

Ranisch: Eigentlich mehrere. Zurzeit ist es Tschaikowski, aber ich mag auch Rachmaninow, Saint-Saens und Sibelius.

Wie waren die Dreharbeiten zur Verfilmung Ihres Romans „Nackt über Berlin“, die Sie gerade abgeschlossen haben? Wann und wo läuft die Serie?

Ranisch: Wir haben da natürlich auch wieder zusammengearbeitet. Drei Monate lang, so lange haben wir noch nie ein Projekt gedreht, aber es sind ja auch sechs mal 50 Minuten. Im Herbst wird die Serie in der ARD und bei Arte gezeigt, natürlich auch in der Mediathek. Es war für mich das erste Mal, dass nicht so viel improvisiert wurde. Wenn man einen Roman schreibt. feilt man an jedem einzelnen Wort und will das natürlich dann auch vor der Kamera so umsetzen. Außerdem hat mir ein Darsteller ganz klar gesagt, er wolle den Text aus dem Drehbuch auch so spielen und nicht improvisieren.

Können Sie uns etwas über Ihre weiteren beruflichen Pläne verraten?

Ranisch: Im nächsten Jahr steht erst einmal die Post-Produktion von „Nackt über Berlin“ an. Dann darf ich auch wieder zwei Opern inszenieren - in Hamburg ein Werk von Puccini und an der Komischen Oper Berlin eine Oper von Händel.

Kameramann Dennis Pauls (v.l.), Schauspielerin Christina Grosse, Regisseur Axel Ranisch und Schauspieler Heiko Pinkowski beim Kinofest.
Kameramann Dennis Pauls (v.l.), Schauspielerin Christina Grosse, Regisseur Axel Ranisch und Schauspieler Heiko Pinkowski beim Kinofest. © Günter Blaszczyk

Was bedeutet das Lüner Kinofest für Ihre Karriere?

Ranisch: Sehr viel. Ich war hier mit meinem Debütfilm „Dicke Mädchen“, habe da auch einen Preis fürs Drehbuch gewonnen. Dann hatten wir den Trailer mit meiner Oma Ruth Bickelhaupt, die dann auch einige Jahre das Cover-Girl des Lüner Kinofests war. Mit verschiedenen Requisiten wie Boxhandschuhen oder einer Kettensäge. Später war ich nicht nur mit weiteren Filmen zu Gast, sondern auch in einer Jury des Festivals. Und jetzt zeigen wir den Eröffnungsfilm - das ist eine besondere Ehre. Wir sind alle sehr gespannt, wie der Film, der ja auch um die Lüdia konkurriert, bei den Zuschauern ankommt.

Axel Ranisch stieß auf eine gelungene Eröffnung mit Schauspielerin Nina Petri an.
Axel Ranisch stieß auf eine gelungene Eröffnung mit Schauspielerin Nina Petri an. © Günter Blaszczyk

Wie geht es Ihrer Oma Ruth Bickelhaupt, die in vielen Ihrer Filme mitspielte und die in Lünen sehr beliebt ist?

Ranisch: Eigentlich sehr gut, sie ist jetzt 100 Jahre alt, wird in einem Monat 101. Leider hat sie sich jetzt mit Corona infiziert, ich hoffe aber, dass sie es gut übersteht. Auf jeden Fall lässt sie die Lünerinnen und Lüner von ganzem Herzen grüßen.

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