Ein Hausbesitzer in Brambauer ist auf Ratten aufmerksam geworden und hat sofort handeln wollen. Die beauftragte Firma soll jedoch gar nicht existieren und den Lüner betrogen haben.

von Kimberly Becker, Michael Blandowski

Brambauer

, 26.09.2020, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Fevzi Koc, Hausbesitzer in Brambauer, musste schnell handeln: einer der Wohnungsmieter hat ihn auf einen Rattenbefall im Hof, Flur und Keller des Geschäfts- und Miethauses aufmerksam gemacht. Sofort habe er ein Unternehmen für Schädlingsbekämpfung aus Düsseldorf kontaktiert und noch am selben Tag sei ein Mitarbeiter der besagten Firma gekommen und habe vermeintliches Giftmittel gespritzt. Da aber immer noch Ratten das Haus befallen, vermutet Fevzi Koc, dass das gar kein Gift gewesen sei. Und auch die Firma scheint nicht so seriös zu sein, wie er zu Beginn gedacht habe.

Wucherpreise

Er sollte für einen Arbeitsaufwand, der keine 45 Minuten angedauert habe, etwas mehr als 600 Euro in Vorkasse zahlen. Diese Summe habe der Eigentümer sofort beglichen. Er sei zunehmend verunsichert, da zum einen die Rattenplage nicht behoben worden sei und zum anderen eine Recherche zur Firma, die sich als „Kammerjäger-Belzer“ präsentiert hat, ergeben habe, dass sie scheinbar gar nicht existiere. Die angegebene Umsatzsteuernummer des Unternehmens soll angeblich einem Schädlingsbekämpfer aus Mannheim gehören.

Außerdem sollen noch weitere Brambauer auf das aufgeführte Unternehmen reingefallen sein. Deshalb regt Fevzi Koc an, sich bei der Beauftragung eines Kammerjägers im Internet beim Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verband zu informieren.

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Die Büroleitung der Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbandes, Steffi Klotz, appelliert vor allem an die Verbraucher, dass sie sich gründlich erkundigen und nicht die erstbeste Adresse im Internet nehmen sollten. „Es ist sehr unseriös, wenn eine Firma so schnell vorbei kommt, da Schädlingsbekämpfer momentan allein wegen der Wespen sehr hoch ausgelastet sind", erklärt Klotz. Sie schlägt auch vor, dass Dienstleistungsnutzer sich eine Schädlingsbekämpfung aus der Umgebung zu suchen. Sie empfiehlt dazu: „Vor allem sollten Verbraucher beim Telefonat danach fragen, wo sich der Sitz des Unternehmens befindet und nicht ob die Firma sich in der Nähe des eigenen Wohnsitzes befinden. Betrüger sagen dann natürlich einfach ´Ja´."

Keine Nachverfolgung möglich

In Fevzi Kocs Fall kommt dieser Appell zu spät und Rückverfolgung der Firma ist nicht mehr möglich, unter anderem weil eine 0800-Nummer genutzt worden ist. Nach unserer Recherche und dem Versuch die Firma unter besagten Nummer zur Stellungnahme zu bitten, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass das besagte Unternehmen nicht unter dieser Nummer zu erreichen ist. Lediglich ein anderes Vermittlungsportal für Schädlingsbekämpfung erreichen wir, die jedoch nichts von einer vermeintlichen Firma Belzer wüsste und diese auch nicht bei ihnen registriert sei.

Firmen mit einer 0800-Nummer müssen nicht unseriös sein, so Klotz. Solche Unternehmen sind in der Regel größer und haben mehrere Filialen. Dennoch gestaltet sich eine Recherche bei einem potentiellen Betrugsfall schwierig, da diese Vermittlungsseiten im Internet beispielsweise keine Haftung übernehmen und Betrüger Einträge und Kontaktdaten löschen können. „Schließlich wollen sie ja betrügen und lassen Nachverfolgung nicht zu", sagt Steffi Klotz.

Seriöses Impressum

Ein Blick auf die Aufmachung der Internetseite und auf das Impressum helfe bereits dabei, seriöse Schädlingsbekämpfer zu erkennen. Dort müsse es neben der 0800-Nummer zusätzlich eine fest zugeordnete Nummer des jeweiligen Betriebes geben sowie eine Steuernummer und weitere Angaben. Dazu sprechen sehr bunte Bilder und Slogans eher gegen die Seriosität.

Wenn es dann trotz guter Recherche zu einem Einsatz kommt, gibt die Ausrüstung und Bezahlweise Hinweise auf die Qualifizierung. Beispielsweise würde bei einem Rattenbefall, wie bei Fevzi Koc, kein Gift gespritzt werden, das wäre dann vermutlich Wasser gewesen. „Schädlingsbekämpfer benutzen Giftköder, die in speziellen Boxen angebracht sind." Außerdem würde niemals verlangt werden, die Rechnung auf der Stelle bar zu begleichen. Wichtig sei es, sich grundsätzlich ausführlich vorher zu erkundigen und bei Betrug sich bei der Polizei und der Verbraucherzentrale zu melden.

Ausnutzung der Not

Jutta Gülzow, Leiterin der Verbraucherzentrale Lünen, kennt zwar aktuell keine weiteren Fälle solcher Art, doch betont sie, dass grundsätzlich Achtung bei Schädlingsbekämpfungsfirmen geboten sei. Solche Dienstleister, die in der Regel in Notsituationen gerufen und kurzfristig benötigt werden, veranschlagen oftmals sehr hohe Preise und nutzen die Lage der betroffenen Personen aus.

Jutta Gülzow weist auf eine wichtige Regelung: „Wenn man das Gefühl hat, dass die Firma nicht richtig oder sorgfältig gearbeitet hat, gibt es den Reklamationsanspruch auf Nacherfüllung. Oder man sucht sich ein neues Unternehmen und muss neue Kosten in Kauf nehmen."

Wenn es aber wie in dem Fall von Fevzi Koc keinen Ansprechpartner mehr gäbe, dann müsse die Polizei und Staatsanwaltschaft verständigt und Anzeige erstattet werden. Die Betroffenen benötigen dazu die Rechnungsadresse, an die bisher gezahlt worden ist. Generell sei so ein Betrug aber schwierig aufzuklären, so Gülzow. Sinnvoll sei es, gut zu recherchieren und eine Firma zu nehmen, die sich möglichst nah am Wohnsitz befindet.