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Ordnungsamt braucht Hilfe: Mehr als 1200 Quarantäne-Fälle in einer Woche
Corona-Maßnahmen
Das Ordnungsamt in Lünen kann die Herausforderungen der Corona-Krise nicht alleine bewältigen. Kollegen anderer Abteilungen werden abgeordnet - und die betroffenen Abteilungen geschlossen.
Fredy Niklowitz ist Leiter des Lüner Stadtarchivs. Eigentlich. Doch in diesen Tagen übernimmt der Archivar eine neue Aufgabe: Er unterstützt das Ordnungsamt, genau wie 39 weitere Angestellte, darunter auch Beamtinnen und Beamte, aus verschiedenen Abteilungen der Stadtverwaltung. Denn anders sind die Aufgaben, vor die das Corona-Virus die Stadt Lünen stellt, nicht mehr zu bewältigen.
Ein Beispiel: In der Woche vom 30. Oktober bis zum 5. November wurden im Ordnungsamt 1236 Quarantäneanordnungen geschrieben und zugestellt. „Diese Zustellung erfolgt persönlich und nicht per Post“, betont Stadtsprecher Benedikt Spangardt. Diese Art der Zustellung dient auch der Kontrolle, dass sich die betroffenen Personen tatsächlich zuhause aufhalten. Darüber hinaus reagiert das Ordnungsamt auf Hinweise aus der Bevölkerung, wenn sich Menschen nicht an die Quarantäne halten. „Um den Kontrollanforderungen zu entsprechen, wurde das Ordnungsamt personell verstärkt“, so Spangardt.
Teilabordnungen sind möglich
Und zwar um die erwähnten 40 Personen aus unterschiedlichen Abteilungen. „Wir haben insbesondere geschaut, wo wir als Stadt Leistungen erbringen, die entweder freiwillig sind - wie die Stadtbücherei oder die Musikschule - oder deren Erbringung derzeit gar nicht gestattet ist“, sagt der Stadtsprecher und verweist auf Theater und Museen, die nach der Coronaschutzverordnung geschlossen bleiben müssen. Das Ordnungsamt habe zudem darum gebeten, dass ein gewisser Anteil der abgeordneten Kräfte bestimmte formale Qualifikationen wie eine Verwaltungsausbildung haben muss. Auch das sei in die Auswahl eingeflossen: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden möglichst gemäß ihrer Qualifikation eingesetzt.“
Das heißt jedoch nicht automatisch, dass beispielsweise Museumsleiterin Dr. Katja Stromberg nun in der Stadt permanent Jagd auf Maskenverweigerer macht. Die „Abgeordneten“ werden zwar sowohl im Innen- als auch im Außendienst eingesetzt. Aber Benedikt Spangardt erklärt auch: „Während der Abordnung gilt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, falls sie zeitweise nicht in den Dienstplan des Ordnungsamts eingeteilt werden, ihrer eigentlichen Tätigkeit nachgehen.“ Man spreche in diesem Fall von einer so genannten Teilabordnung. Und so muss die neue Leiterin des Kulturbüros, Barbara Kastner, auch nicht gleich an ihrem ersten Tag ins Ordnungsamt abwandern: „Frau Kastner wird planmäßig von ihrem Vorgänger Uwe Wortmann eingearbeitet“, so Benedikt Spangardt. Wortmann selbst geht am 19. Dezember in den Ruhestand.
Maßnahmen gelten zunächst bis zum 31. Januar
Neben Musikschule, Museum und Archiv sind in Lünen die Stadtbücherei und das Kulturbüro von der Schließung betroffen. Die Schließung einer Abteilung heiße aber nicht, dass der dort angebotene Service komplett eingestellt ist. So bleibt beispielsweise das Servicebüro des Kulturbüros mit einer Person besetzt, um Veranstaltungen rückabzuwickeln oder verlegen zu können. Auch können sich Kundinnen und Kunden bei Fragen zu Stornierungen und Kartenrückgaben weiter an das Büro wenden. Ansonsten sollten Bürgerinnen und Bürger für alle anderen Anliegen die zentrale Telefonnummer der Stadtverwaltung (02306 104-0) nutzen.
Zu Beginn der Abordnungen hatte Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns bereits erklärt, dass ihm die radikalen Maßnahmen in der Stadtverwaltung weh täten: „Aber wir sind an einem Punkt der Entwicklung, wo wir konsequent sein müssen. Wir müssen uns der Pandemie entgegenstellen und dafür brauchen wir Arbeitskraft.“
Die Abordnungen gelten zunächst bis zum 31. Januar 2021. Sollte der Bedarf beim Ordnungsamt bereits früher nicht mehr vorhanden sein, könnten die Maßnahmen sofort rückgängig gemacht werden.
Journalist, Vater, Ehemann. Möglicherweise sogar in dieser Reihenfolge. Eigentlich Chefreporter für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen. Trotzdem behält er auch gerne das Geschehen hinter den jeweiligen Ortsausgangsschildern im Blick - falls der Wahnsinn doch mal um sich greifen sollte.
