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Neues Interventionszentrum: Modernste Medizintechnik im Klinikum Lünen
St. Marien Hospital
In der Liga der bundesweit modernsten Katheterzentren spielt jetzt das Lüner Klinikum. Acht Millionen Euro wurden investiert. Behandelt werden dort komplexe Herzerkrankungen und Schlaganfälle.
Grün, violett oder gelb? Der Patient kann sich eine von mehreren Lichtfarben im Raum wünschen. Und dabei seine Lieblingsmusik hören. Beides wirkt beruhigend und entspannend in den neuen Katheterlaboren voller hochmoderner Technik.
Der Gerätepark hilft Kardiologen und Neuroradioligen, komplexe Eingriffe noch sicherer und schonender für den Patienten durchführen zu können. Das Farb- und Musikkonzept in dem neuen interdisziplinären Interventionszentrum gebe es in keinem anderen deutschen Krankenhaus, heißt es aus dem St. Marien Hospital.
Und das ist nicht das einzige, dass das Zentrum zur Spitzenmedizin zählen lässt. Acht Millionen Euro hat das Krankenhaus in das Projekt investiert, mit dem die Behandlungskapazitäten künftig deutlich ausgebaut werden sollen.
Die Technik hängt als Röntgensysteme mit sogenannten C-Bögen von der Decke, findet sich auf 60 Zoll Bildschirmen und in bildgebender Software. Von einem Cockpit hinter Bleiverglasung wird die technische Überwachung gesteuert.
Als Porsche der Medizintechnik bezeichnet Prof. Christian Perings, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Elektrophysiologie, Pneumologie und Intensivmedizin, den Standard der neuen Labore. Seine Klinik nutzt sie gemeinsam mit dem Team von Prof. Claas Philip Nähle, Chefarzt für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie.

Die neuen Katheterlabore haben ein besonderes Licht- und Musikkonzept: Patienten können sich die Farbe im Raum wünschen und ihre Lieblingsmusik auflegen lassen. Das soll der Entspannung dienen. © Quiring-Lategahn
Röntgensysteme hängen von der Decke
Im neuen Interventionszentrum werden Patienten mit akutem Herzinfarkt und Herzrhythmusstörungen behandelt. Kardiologen können dort Eingriffe an Herzklappen vornehmen.
Während früher die beiden Herzkatheterlabore auf zwei Etagen verteilt waren, finden sie sich jetzt zentriert in einer Einheit wieder - mit vier Behandlungsräumen nebeneinander. Herzstücke sind die an der Decke montierten Röntgensysteme, so genannte C-Bögen.
Mithilfe von Kontrastmitteln können Gefäße und deren Verlauf in 3D sichtbar gemacht werden. Weil die Geräte quasi beweglich über dem Boden schweben, können Ärzte in Akutsituationen leichter eingreifen.
Die Montage dieser Technik war allerdings eine Herausforderung. 16 Stahlträger, der schwerste 1,7 Tonnen, mussten eigens dafür in die Decke eingezogen werden. In einer spektakulären Aktion wurden sie durchs Fenster gehoben.
Viertes Labor hat OP-Standard
Als Königsklasse gilt das vierte Labor, das sich die Kardiologen mit den Neuroradiologen teilen. Es ist ausgestattet wie ein OP mit einem speziellen Raumluftsystem. Auch Anästhesisten haben hier einen Arbeitsplatz, weil hier auch Patienten behandelt werden, die beatmet werden müssen. Bei Schlaganfallpatienten entfernen die Neuroradiologen Gerinnsel aus feinsten Gefäßen. Gehirntumoren, Fisteln oder chronische Durchblutungsstörungen des Gehirns können Mediziner ebenfalls in diesem Labor behandeln. Wenn die Kardiologen in diesem Labor arbeiten, implantieren sie Herzschrittmacher oder Defibrillatoren.
In diesem so genannten Hybrid-OP ist ein besonderes Gerät installiert: ein biplanes Röntgensystem. Weil die gesamte Röntgenanlage über zwei Strahler und zwei Detektoren verfügt, können Gefäßstrukturen zeitgleich aus verschiedenen Perspektiven abgebildet werden. „Die Darstellungen auf zwei Ebenen erhöhen die Sicherheit für den Patienten“, erklärt Prof. Claas Philip Nähle.

Auf einem 60-Zoll-Bildschirm können sich Ärztinnen und Ärzte bis zu acht verschiedene Fenster gleichzeitig anzeigen lassen. Die Monitore aller vier Katheterlabor sind untereinander vernetzt. In Sekundenschnelle sind so Absprachen möglich. © Quiring-Lategahn
Vernetzte Software und acht Bildschirmfenster
Dazu trägt auch die moderne Software bei. Sie berechnet beispielsweise automatisch das Ausmaß der Einengung von Herzkranzgefäßen. Bildschirme in HD-Qualität zeigen Ärzten in bis zu acht Fenstern wichtige Parameter. Die Monitore in den vier Laboren sind untereinander vernetzt.
Das EKG eines Patienten kann auch auf dem Bildschirm eines Nachbarlabors angezeigt werden. So ist in kritischen Situationen in Sekundenschnelle eine Absprache mit dem Chefarzt möglich.
Früher habe man dafür telefonieren müssen, was eine zeitliche Verzögerung bedeutete. Das neue Interventionszentrum befindet sich in den Räumen der alten Klinik-Apotheke im D-Bau. Eine 15 Meter lange Brücke verbindet es mit dem B-Bau des Krankenhauses. Über die können zwei Betten parallel zur Behandlung oder zurück zum Überwachungsbereich geschoben werden. Das verkürzt deutlich die Wartezeiten für die Patienten. Lotsen koordinieren die Untersuchungen.
Zwei-Schicht-Betrieb in der Zukunft
Seit Juni ist das Interventionszentrum am Start. Inzwischen wurden mehr als 1000 Linksherzkatheter-Eingriffe und Erweiterungen von verengten Herzkranzgefäßen durchgeführt, dazu mehr als 150 Ablationen bei Herzrhythmusstörungen. Zudem wurden etwa 60 Schrittmacher und Defibrillatoren eingesetzt sowie gut ein Dutzend Klappentherapien durchgeführt.
Aus dem ganzen Umkreis kommen Patienten nach Lünen. Zurzeit läuft das Zentrum als Ein-Schicht-Betrieb. „Perspektivisch soll es zweischichtig fahren“, sagt Perings. Ab 2023 will die Kardiologie in Lünen das ambulante Operieren weiter ausbauen: Dann soll der Zugang für etwa zwei Drittel der Herzkatheter nicht mehr die Leiste, sondern die Arm-Arterie sein.
Lünen ist eine Stadt mit unterschiedlichen Facetten. Nah dran zu sein an den lokalen Themen, ist eine spannende Aufgabe. Obwohl ich schon lange in Lünen arbeite, gibt es immer noch viel zu entdecken.
