
© Fabian Sommer/dpa
Neue Impfempfehlung: Lüner Hausärzte stehen vor logistischer Hürde
Impfungen
Weil viele Impftermine frei bleiben, werden von den Ärztinnen und Ärzten in Lünen weniger Impfdosen bestellt. Eine Empfehlung der Impfkommission stellt die Praxen vor eine logistische Hürde.
Die Mitteilung erreichte die Ärztinnen und Ärzte in Lünen zu einem ungünstigen Zeitpunkt. „Wir haben das am Donnerstag Nachmittag im laufenden Betrieb erfahren“, sagt Dr. Arne Krüger, Vorsitzender des Ärzteverein Lünen. Gemeint ist eine Entscheidung zu Corona-Impfungen.
Am vergangenen Donnerstag (1.7.) gab die Ständige Impfkommission (Stiko) die Empfehlung bekannt, alle Personen mit einer Astrazeneca-Erstimpfung bei der zweiten Impfung mit dem Vakzin von Biontech oder Moderna zu impfen – unabhängig vom Alter.
Astrazeneca-Dosen droht die Vernichtung
Weil der benötigte Impfstoff aber bereits am Dienstagmittag für die Folgewoche bestellt werden muss, rechnet Arne Krüger mit einer „vielleicht noch etwas ruckeligen Woche“ bei der Lüner Ärzteschaft. „Nachbestellungen sind auch unter diesen besonderen Bedingungen nicht möglich“, wird in einer Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) angemahnt.
Die Folge: Impfdosen von Biontech könnten etwas knapper werden, das Mittel von Astrazeneca droht dagegen zum Ladenhüter zu werden. „Es wird vermutlich so kommen, dass ich Impfdosen von Astrazeneca vernichten muss“, sagt Krüger. Ansonsten sieht er aber keine Schwierigkeiten durch die neuen Rahmenbedingungen: „Wir könnten sogar mehr impfen. Ein großer Teil der Kollegen hat gerade Termine frei.“
Dafür hat der Ärztesprecher vor allem eine Erklärung: „Wir waren die letzten Wochen extrem fleißig.“ Nun sei ein erster „Sättigungsgrad“ erreicht. Darauf hätten die Praxen bereits reagiert: „Wir bestellen weniger Impfstoff.“ Für Ende August rechnet Krüger allerdings noch mit einigen Nachzüglern, die sich impfen lassen möchten.
Stigmatisierung befürchtet
Noch vor den Sommerferien gab es Impf-Aktionen in Lüner Schulen, in denen Schülerinnen und Schüler ab 16 Jahren geimpft werden konnten. Diese seien laut Arne Krüger „nicht schlecht angenommen“ worden.
Er will allerdings Abstand davon nehmen, Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren ebenfalls in den Einrichtungen zu impfen: „Die Impfung sollte eine freiwillige und individuelle Entscheidung sein.“ Krüger fürchtet eine Stigmatisierung der Schülerinnen und Schüler, die sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen wollen. Daher bevorzugt er die Impfung dieser Altersgruppe in den Arztpraxen.
In der Routine angekommen
Weil die Nachfrage nach Impfungen aktuell sinke, aber noch genügend Impfstoff zur Verfügung steht, spricht Arne Krüger seine Patientinnen und Patienten mittlerweile in der Akutsprechstunde direkt auf die Impfung an. Wer möchte, kann direkt vor Ort geimpft werden oder einen Termin innerhalb weniger Tage erhalten.
„Wir sind jetzt in der Routine angekommen“, so Krüger. „Ich gehe davon aus, dass ich 60 bis 70 Prozent meiner Patienten geimpft habe.“ Er vermutet, dass die Impfquote insgesamt nicht höher als 75 Prozent sein wird. „Mit 70 Prozent wäre ich schon zufrieden.“
99 Prozent der Termine werden wahrgenommen
Gerade im Hinblick auf die Ferienzeit werden Arne Krüger und seine Kollegen häufiger gefragt, ob sich der Abstand zwischen den Impfungen verkürzen ließe. Diese Frage gehöre aber ohnehin zum üblichen Aufklärungsgespräch.
Bei einer Kreuzimpfung (erst Astrazeneca, dann Biontech/Moderna) empfiehlt die Stiko seit Donnerstag (1.7.) einen Abstand „ab vier Wochen“ zwischen den zwei Impfterminen. Das findet Arne Krüger zu kurz: „Da tue ich mich schwer, weil die Datenlage dazu noch sehr dünn ist.“ Bei der Wahrnehmung der Termine zeigen sich seine Patienten diszipliniert. „Bei mir werden 99 Prozent der Termine auch wahrgenommen“, so der Allgemeinmediziner.
1989 im Ruhrgebiet geboren, dort aufgewachsen und immer wieder dahin zurückgekehrt. Studierte TV- und Radiojournalismus und ist seit 2019 in den Redaktionen von Lensing Media unterwegs.
