Flüssigboden-Experte Felix Föhre und GWA-Mitarbeiter Thomas Krajewski vor einem Versorgungsrohr, das zu Anschauungszwecken mit dem in Heeren-Werve entwickelten Flüssigboden verfüllt wurde. Der Boden, der sich um diese Leitungen schmiegt, muss nicht verdichtet werden – er verdichtet sich selbst.

© Stefan Milk

Neuartiger Flüssigboden: So verkürzt man die Bauzeit für das Eigenheim

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Die GWA gewinnt nicht nur Sand aus recyceltem Boden, sondern hat ihn auch weiterentwickelt für den Eigenheim-Bau. Experten erklären, wie man mit dem Flüssigboden die Bauzeit verringern kann.

Kamen

, 28.12.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Dieser Sand, der gerade über das Förderband in ein Betonmischfahrzeug rutscht, ist kein normaler Sand. Er stammt aus dem Sand-Werk der GWA in Heeren-Werve. Die dortigen Tüftler, die über die – zusammen mit Gelsenwasser gegründete – Tochterfirma GWM seit einiger Zeit Recycling-Sand aus eigener Produktion anbieten, sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben eine Spezialmischung mit besonderer Rezeptur angerührt.

„Das ist ein ganz heißes Produkt“, sagt der Leipziger Flüssigboden-Experte Felix Föhre, der sich die Versuchsanlage am GWA-Standort in Heeren-Werve anschaut. Veredelter Sand, vor allem für den Kanal- und Leitungsbau.

Selbst konstruierte Anlage aus Silos und Förderbändern

An der Mühlhauser Straße läuft die selbst konstruierte Anlage, die aus Silos, Förderbändern und einem großen Mischcontainer besteht. 50 bis 60 Kubikmeter des neuartigen Flüssigbodens werden in dem Pilotprojekt täglich hergestellt. Ein Boden mit besonderer Eigenschaft, der auf Baustellen die Bauzeit verkürzen kann.

Das Spezialprodukt der Heerener Sandbändiger wird dort eingesetzt, wo über tiefe Baugruben Rohre und Kabel verlegt werden, um Häuser mit Gas, Wasser und Strom zu versorgen. „Der Boden wird über eine Rutsche einfach eingefüllt – und fertig“, sagt Föhre.

Wo sonst Bagger anrollen, um Boden in die Grube zu schaufeln, gibt es nur einen Rutsch aus dem Mischfahrzeug. Rüttelplatte und Vibrationsstampfer sind überflüssig. „Man braucht den Boden nicht mehr verdichten“, so Föhre. Eine gewaltige Arbeitserleichterung, auch weil der Graben nicht mehr so breit ausgeschachtet werden muss.

An der Mühlhauser Straße läuft die selbst konstruierte Anlage, die aus Silos, Förderbändern und einem großen Mischcontainer besteht. 50 bis 60 Kubikmeter des neuartigen Flüssigbodens werden in dem Pilotprojekt täglich hergestellt.

An der Mühlhauser Straße läuft die selbst konstruierte Anlage, die aus Silos, Förderbändern und einem großen Mischcontainer besteht. 50 bis 60 Kubikmeter des neuartigen Flüssigbodens werden in dem Pilotprojekt täglich hergestellt. © Stefan Milk

Hightech-Boden mit speziellen Eigenschaften

Möglich wird das durch die spezielle Eigenschaft des Bodens. Der besteht nicht nur aus dem in Heeren aus Bodenaushub gewonnen Sand.

Von GWA und Gelsenwasser

Flüssigboden aus Heeren

  • In der 2017 gegründeten Gesellschaft zur Weiterverwendung von Mineralstoffen (GWM) kooperieren die Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft Kreis Unna mbH (GWA) und die Gelsenwasser AG. Beide Unternehmen sind jeweils zu 50 Prozent beteiligt.
  • Wer weitere Infos über den neuartigen Boden haben möchte, kann sich informieren bei Ulrich Drolshagen, Tel. 02303/204-210, oder bei Andre Vaupel, Tel. 02307/94220-18.

Sondern auch aus etwas Zement und dem sogenannten Zusatzstoff Bentonit, einer Art Ton-Material. In Heeren wurde so lange an der Rezeptur getüftelt, bis die Mischung passte. Geologen prüften die Eigenschaften des Produkts, das laut Föhre jetzt weiter ständig überwacht wird.

Anlagenleiter Rainer Maiwald ist wichtig, dass der Boden nicht mit Beton verglichen wird. „Damit hat er nichts zu tun. Unser Boden ist zwar fest, kann aber jederzeit wieder aufgenommen werden.“ Mit einer herkömmlichen Schaufel kann man so wieder an die Leitungen kommen, ohne dass ein Presslufthammer notwendig wird.

Der Hightech-Sand aus Heeren ist zudem setzungsfrei: „Maiwald: Es gibt kein späteres Absacken, sprich: Ein geringeres Risiko erneuter Baumaßnahmen und weniger Lärm und Einschränkungen.“

Der Flüssigboden kommt aus dem Betonmischer – das Material ist aber kein Beton, sondern hat bodengleiche Eigenschaften – und kann leicht wieder aufgegraben werden.

Der Flüssigboden kommt aus dem Betonmischer – das Material ist aber kein Beton, sondern hat bodengleiche Eigenschaften – und kann leicht wieder aufgegraben werden.

Mehrere Baustellen werden schon beliefert

Mehrere Baustellen werden bereits mit dem Sandgemisch beliefert, das gleiche Eigenschaften wie herkömmlicher Boden hat. Es könnten aber mehr werden, so Maiwalds Hoffnung. Das sei auch aus Gründen der Nachhaltigkeit sinnvoll: Die zuvor auf der Baustelle ausgehobenen Böden würden in Heeren aufbereitet und dann wieder eingebaut. „Es muss kein altes Material entsorgt werden und auch kein neues Material aus Kiesgruben beschafft werden.“ Zudem: Der Boden würde von Plastik, Metall und anderen Schadstoffen befreit. Maiwald: „Das räumt den Boden auf.“

Bei entsprechender Nachfrage kann dann auch deutlich mehr produziert werden. Dann könnte aus der semimobilen Pilot-Anlage eine feste Einrichtung werden. Für noch mehr Hightech-Boden der Sandbändiger aus Heeren.