Bürgerentscheide in Lünen Stimmung in Politik gemischt - neuer Konflikt um Feuerwehr?

Stimmung bei Groko und FDP: Von „sehr gut“ bis „verhalten“
Lesezeit

Die beiden großen Fraktionen im Lüner Rat, SPD und CDU, und die Liberalen hatten sich klar positioniert vor dem Urnengang am dritten Advent: für die beiden Gewerbegebiete Klöters Feld und Derner Straße im Lüner Süden und gegen die Forderung der Bürgerinitiative nach einem Planungsstopp. Die Fraktionschefs könnten nach den gescheiterten Bürgerentscheiden also jubeln.

Ihre Stimmung ist aber eher gemischt. Das gilt auch mit Blick auf eine weitere grüne Freiraumfläche, die versiegelt werden soll - dieses Mal im Lüner Norden. Nur der CDU-Fraktionsvorsitzende Christoph Tölle sagt, dass bei ihm die Stimmung nach den am Zustimmungsquorum gescheiterten Abstimmungen „sehr gut“ sei. SPD-Fraktionschef Rüdiger Billeb nennt sie dagegen „gemischt positiv“ und sein FDP-Kollege Karsten Niehues „nicht positiv, eher verhalten“.

Christoph Tölle, Fraktionsvorsitzender CDU-Fraktion Lünen, ist nach dem Bürgerentscheid guter Dinge.
Christoph Tölle, Fraktionsvorsitzender CDU-Fraktion Lünen, ist nach dem Bürgerentscheid guter Dinge. © CDU

Tölle: Endlich geht es weiter

Weil der „demokratische Planungsprozess (..) endlich seinen Fortgang finden“ könne, sei er guter Dinge, begründet Tölle. Nachdem Bürgerinnen und Bürger im Juli jeweils rund 5000 Unterschriften gesammelt hatten gegen die Gewerbeflächen im Lüner Süden diesseits und jenseits der Bahnlinie, hatte eine Veränderungssperre bis zu den Bürgerentscheiden am Sonntag gegriffen.

Das ist so in der Gemeindeordnung vorgeschrieben, damit nicht Tatsachen geschaffen werden, während die Abstimmung über eine umstrittene Entscheidung in Vorbereitung ist. Tölle spricht von einem „Denk- und Prüfverbot“, das jetzt vom Tisch sei: „Wir haben jetzt die Chance, Gewerbegebiete zu schaffen, bei denen der Kfz-Verkehr zur Autobahn keine Wohnbebauung berührt“.

Billeb: Fundiert entscheiden

Für ein „ordentliches Planverfahren“ hatte im Vorfeld auch die SPD geworben. Im Ergebnis sei er deshalb „froh und zufrieden, dass das Planverfahren fortgesetzt werden kann“, sagt Rüdiger Billeb. Das Ergebnis lässt er in seinem Statement aber noch offen. Stattdessen sagt er: Am Ende des Prozesses werde eine „fundierte Entscheidung für oder gegen die Realisierung von Gewerbeflächen an den besagten Örtlichkeiten“ stehen.

Hätte sich die Bürgerinitiative durchgesetzt, „hätten wir nie erfahren, ob die Flächen und gegebenenfalls auch mit welchen Restriktionen/Perspektiven überhaupt zu entwickeln wären“. Das hätte er „nur mit Bauchschmerzen verkraften können“. Denn es gehe um die „Chancen für eine positive Entwicklung meiner Heimatstadt“.

Rüdiger Billeb, Fraktionsvorsitzender der SPD, hätte den Planungsstopp an Klöters Feld und Derner Straße "nur mit Bauchschmerzen verkraften" können.
Rüdiger Billeb, Fraktionsvorsitzender der SPD, hätte den Planungsstopp an Klöters Feld und Derner Straße "nur mit Bauchschmerzen verkraften" können. © SPD Lünen

Niehues: Viele nicht überzeugt

Bei Karsten Niehues (FDP) trübt das knappe Ergebnis die Freude. Knapp 1200 Ja-Stimmen hatten der BI gefehlt am nötigen Zustimmungsquorum von 15 Prozent. Bei einer Gesamt-Wahlbeteiligung von 15,8 Prozent hatte die überwältigende Mehrheit von mehr als 83 Prozent der Wählerinnen und Wähler im Sinne der BI gestimmt. Der FDP in Lünen sei bewusst, „dass die aktuelle Politik jedenfalls diejenigen nicht zu überzeugen vermochte, die mit ,ja‘ gestimmt haben“.

„Nicht zuletzt aus Respekt vor den vielen Tausend Stimmen der Lüner Bürgerinnen und Bürger für die Anliegen der Bürgerinitiative“ sei Transparenz im weiteren Planverfahren besonders wichtig, ergänzt SPD-Chef Billeb. Er nimmt dabei auch das Unternehmen Harpen Immobilien als Investor im Klöters Feld in die Pflicht und fordert von ihm „transparente und offene Kommunikation zum Planvorhaben“.

Groko zur Kritik der BI

Am Abstimmungsabend hatte BI-Sprecher Leo Bögershausen die Groko scharf kritisiert: „CDU und SPD haben geschickt taktiert, indem sie sich im Grunde genommen an nichts beteiligt haben.“ Zum Teil, so Bögershausen, hätten die beiden Fraktionen sogar bewusst dazu geraten, nicht zur Abstimmung zu gehen: ein Vorwurf, den Rüdiger Billeb von sich weist.

„Mir persönlich sind derartige Ratschläge nicht bekannt, ich hielte sie auch für verfehlt. Als politisch Aktive beklagen wir seit Jahren rückläufige Wahlbeteiligungen, da muss es doch in unser aller Interesse sein, dass sich möglichst viele WählerInnen an der Entscheidung beteiligen.“ CDU-Chef Tölle sagt gar nichts dazu. Nur so viel: „Die Wähler haben entschieden.“

Feuerwehr im Außenbereich?

Mitten in die Diskussion um Flächenfraß im Lüner Süden ist die Empfehlung von Stadtverwaltung und Feuerwehr geplatzt, die neue Feuerwache für den Löschzug Nordlünen/Alstedde ausgerechnet im grünen Außenbereich zu bauen: zwischen Borker Straße und Bergkampstraße. Droht die nächste Auseinandersetzung um Versiegelung von Freiflächen in Lünen?

Rüdiger Billeb würde das nicht wundern. Die Bürgerinnen und Bürger würden aber „die Notwendigkeit einer taktisch gut positionierten Feuerwehr inklusive einer Rettungswache“ durchaus erkennen und einfordern. „Wenn dann Verwaltung und Politik sich für ein zeitaufwändiges Verfahren für eine Fläche im Außenbereich aussprechen, macht das die Schwierigkeiten bei der Standortfindung deutlich“. Gerade weil das „nichts Alltägliches ist“, kämen Transparenz und Information große Bedeutung zu.

Informationsbedarf hat auch noch die FDP: Es sei „noch nicht abschließend verdeutlicht“ worden, „ob, wann und welche ernsthaften Alternativen bestehen, wie beispielsweise das Gelände von Langen/Sondermann beziehungsweise Axtone“, ebenfalls an der Bergkampstraße, aber eben nicht auf einem Acker.

Christoph Tölle (CDU) reagiert indes empfindlich auf die Frage nach weiterem Flächenfraß. „Flächenfraß ist kein Planungsbegriff, sondern nur Polemik“. Für ihn gilt: „Der demokratisch gewählte Rat trifft Abwägungen im Sinne der Stadt. Die Sicherheit der Bürger ist uns wichtiger als Parolen.“

Mehrkosten für Lüner Bürgerentscheide : Jammert nicht, an Demokratie darf man nicht sparen

Bürgerentscheide in Lünen: Verfahren am Sonntag wird für die Stadt deutlich teurer

Planungen für Lüner Gewerbegebiete gehen weiter: Bürgerentscheide scheitern trotz großer Mehrheit