Kirchen in Lünen
Nach Lindner-Hochzeit: „Ein seelsorgerliches Gespräch kann viel bewirken“
Obwohl Christian Lindner und seine Frau aus der Kirche ausgetreten waren, heirateten sie kirchlich. Ist das eigentlich erlaubt? Eine Pfarrerin und ein Pfarrer aus Lünen klären auf.
So ganz konnte Bianca Monzel die Aufregung nicht nachvollziehen. „Ich denke, meine Kollegin wird sich intensiv mit dem Brautpaar und deren Gründen, kirchlich zu heiraten, auseinandergesetzt haben. Ich denke, ein seelsorgerliches Gespräch kann viel bewirken. Und auch der Gedanke von Christian Lindner, wieder in die Kirche einzutreten, zeigt, dass das Gespräch und die Trauung etwas in ihm bewirkt haben“, sagt die evangelische Pfarrerin aus Lünen, die für den Paul-Gerhardt-Bezirk zuständig ist.
Finanzminister Christian Lindner und Journalistin Franca Lehfeldt hatten sich vor wenigen Tagen auf Sylt evangelisch trauen lassen - obwohl beide keine Mitglieder der Kirche mehr sind. Lindner trat im Alter von 18 Jahren aus der katholischen Kirche aus. Er sagte, dass ein Austritt nicht gleichbedeutend mit dem Verlust von Spiritualität und Glauben im eigenen Leben sei.
Genehmigung vom Bischof nötig
„Wenn ein Paar seine Beweggründe für eine kirchliche Trauung gut darstellen kann, kann ich die Entscheidung meiner Kollegin gut nachvollziehen, das Paar zu trauen“, sagt Monzel. Sie fügt jedoch an, dass es eigentlich Grundvoraussetzung ist, dass einer der beiden Eheleute Mitglied der evangelischen Kirche ist.
In ihrer Laufbahn habe sie einen ähnlichen Fall wie den von Christian Lindner noch nicht gehabt. Vielmehr habe sie beobachtet, dass Paare ihren Traugottesdienst immer häufiger selbst gestalten wollen. Das sei eine tolle Entwicklung, sagt sie.
In der katholischen Kirche gilt in puncto kirchlicher Trauung: „Wenn ein Partner aus der katholischen Kirche ausgetreten ist, muss ich beim Bischof die Genehmigung für die Trauung einholen. Diese Genehmigung wird in der Regel anstandslos erteilt, da der katholische Partner, der Kirchenmitglied ist, das Recht auf eine kirchliche Trauung hat“, erklärt Dr. Thomas Roddey, Leiter des Pastoralen Raumes Lünen. Er betont, dass er bei der Feier der Trauung keinen Unterschied mache, ob ein Partner ausgetreten ist oder nicht.
Mehr Spielraum bei Bestattungen
Bei Beerdigungen gibt es bei den Katholiken eigentlich die Regelung, dass ein kirchliches Begräbnis für Ausgetretene nicht möglich ist. Aber: „Wenn die Ausgetretenen die Möglichkeit des persönlichen Gesprächs mit mir nutzen und ich über die persönliche Glaubenshaltung der Ausgetretenen zu Lebzeiten Bescheid weiß, kann abgewogen werden, ob etwa doch ein kirchliches Begräbnis möglich ist“, erklärt Roddey.
Pfarrer Dr. Thomas Roddey leitet den Pastoralen Raum Lünen. © Pastoralverbund Lünen
Und auch in der evangelischen Kirche sind die Grenzen nicht trennscharf. Die Kirchenordnung erlaubt es beispielsweise, dass ein Verstorbener nicht zwingend Mitglied der Gemeinde gewesen sein muss. Aber wenn sich etwa die Ehefrau oder der Ehemann oder andere Angehörige in der Gemeinde stark engagiert haben, gibt es die Möglichkeit, sich kirchlich bestatten zu lassen.
Offenes Ohr auch für Ausgetretene
Eine strengere Vorgehensweise geben beide Kirchen beim Thema Taufe vor. Bei evangelischen Taufen müssen alle Paten der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland angehören. Zur ACK zählen unter anderem die römisch-katholische, die orthodoxe oder auch die koptisch-orthodoxe Kirche.
Bei den Katholiken gilt dagegen: Wer Taufpate sein möchte, muss der katholischen Kirche angehören. „Ausgetretene Paten können wir nicht als Paten ins Taufbuch eintragen. Sie können aber als Taufzeugen für die Familie die gleiche Funktion haben wie Taufpaten“, beschreibt Roddey.
Trotz eines Austritts hat der Pfarrer ein offenes Ohr für die Menschen. „Ich kann einige Gründe zum Kirchenaustritt sehr gut nachvollziehen und möchte für ausgetretene Kirchenglieder weiterhin Seelsorger sein, auch wenn es mir nicht möglich ist, ihnen alle Sakramente zu spenden.“
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