Aus der Betonspritze kommen die Wände des bundesweit ersten öffentlich geförderten Mietwohnhauses, das zurzeit in Lünen im Auftrag der Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) gedruckt wird. Bahn für Bahn zieht der XXL-Drucker der dänischen Firma Cobod die Mauern hoch - 25 Zentimeter pro Sekunde. Das kann er schneller, doch aus Arbeitsschutzgründen ist die Maschine auf diese Maximalgeschwindigkeit programmiert.
Bauen aus dem Drucker, das ist ein ganz neues Feld in der Branche. Die Technische Hochschule Köln begleitet das Projekt wissenschaftlich. Noch ist vieles experimentell: Es gibt bisher keine DIN-Norm und keine anerkannten Technikregeln. Auch das Material hat noch keine allgemeine bauliche Zulassung. Die Genehmigung erfolgt im Einzelfall.
Die WBG Lünen setzt mit dem innovativen Projekt neue Maßstäbe. Das Erdgeschoss des Sechsfamilienhauses an der Lippestraße hat der Druckriese schon fast fertig. Zu sehen sind die typischen Riefen und Rundungen eines 3D-Baus. Allerdings kommt nicht das ganze Gebäude aus dem Druck-Giganten: Der Keller ist herkömmlich gemauert worden und das Dach entsteht in Holzbauweise.
Auch im Erdgeschoss gibt es Bereiche aus Stein. Ein Miteinander aus Tradition und Zukunft. Dass der Maurerberuf durch das automatisierte Bauverfahren überflüssig wird, glaubt Architekt Lothar Steinhoff nicht. Vielmehr sieht er ein Zusammenspiel aus altem Handwerk und neuer Technik und dadurch die Chance, junge Leute wieder ins Handwerk zu bekommen. Die Firma Peri, Spezialist für Schalungen und Gerüste, biete eigens Schulungen für Bauunternehmer an.
Beton 100 Prozent recyclebar

Die besondere Herausforderung des 3D-Drucks beginnt bei der Planung: Jedes Detail muss bedacht, jede Steckdose und jeder Lichtschalter im voraus eingeplant werden. Auch das Material ist speziell: Es muss weich sein, aber trotzdem schnell abbinden. Denn gebaut wird ohne die übliche Verschalung. Die Firma Heidelberg Materials hat die Zulassung für druckfähigen Beton. Es ist in Lünen der gleiche, der auch für das Vereinsheim in Capelle verwandt wurde. Er gilt als ressourcenschonend, zu 100 Prozent recyclebar und hat 55 Prozent weniger Zementanteil als herkömmlicher Beton.
Die sechs Wohnungen, die an der Lippestraße entstehen, sind barrierefrei, zwischen 61 und 81 Quadratmeter groß und haben Terrasse oder Loggia. Das Haus ist nach hohen Energiestandard Stufe 40 gebaut, hat Photovoltaik mit Stromspeicher und Fernwärmeheizung. Die Miete liegt bei dem für öffentlich geförderte Wohnungen festgelegten Preis von 6 Euro pro Quadratmeter. 1,9 Millionen Euro investiert die WBG in das Projekt. Noch ist 3D-Druck 10 bis 20 Prozent teurer als herkömmliches Bauen. Das soll sich durch optimierte Bauprozesse künftig ändern.
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