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Krebs kurz vor dem Ruhestand: Ehemalige Ratsfrau aus Lünen will Betroffenen Mut machen
Brustzentrum
Die Reise nach Kreta war gebucht. Eve Berger hatte viele Pläne für ihren Ruhestand. Doch es kam anders. Kurz vorher erkrankte die 65-Jährige an Brustkrebs. Jetzt will sie anderen Mut machen.
Mit Perücke öffnet Eve Berger die Tür ihrer Wohnung in Niederaden. Schon bald nimmt sie während des Gesprächs das Haarteil vom Kopf. Sie trägt Glatze. Der Haarverlust ist eine Folge der Chemotherapie, mit der die 65-Jährige ihren bösartigen Tumor in der Brust bekämpft. Viele Frauen hätten gerade vor dem Verlieren der Haare Angst, erlebt sie. Eve Berger steht dazu. Wie zu ihrer Krankheit.
Die Diagnose im Juli war „ein heftiger Hieb“. Denn im Oktober wäre sie in den Ruhestand gegangen und hatte sich darauf gefreut. Doch dann ereilte sie nach einer Mammografie die Schreckensnachricht. Schon vor 36 Jahren hatte sie eine traumatische Erfahrung. Damals wurde sie nach einem Knotenbefund sofort operiert. „Ich konnte gar nicht Luft holen“. Es war nichts Schlimmes. Doch der Umgang ist ihr in schlechter Erinnerung geblieben.
Fürsorglich umsorgt im Brustzentrum
Ganz anders sei es diesmal gewesen. Und das ist auch der Grund, warum die ehemalige Ratsfrau und Fraktionsvorsitzender der Linken (bis 2014) sowie Bürgermeisterkandidatin der von ihr gegründeten USB (Unabhängige soziale Bürgergemeinschaft) ihre Erfahrung öffentlich und Mut machen will. Im Brustzentrum des St.-Marien-Hospitals sei sie fürsorglich umsorgt und aufgefangen worden. „Wir haben so etwas Tolles in unserer Stadt. Wir müssen nicht nach Münster oder Hannover.“
Schminkkurse und Wohlfühltage
Vom Erstgespräch bis zur wöchentlichen Chemotherapie, die sie zurzeit durchmacht, habe sie viel Wertschätzung erfahren. Es gebe Sonderaktionen wie Wohlfühltage mit Frühstück, Entspannung und Gesichtspflege, Schminkkurse, Malgruppe oder den psychologischen Dienst - alles Angebote, die hilfreich sind. Petra Kosanetzki ist Stationsleiterin der Gynäkologischen Ambulanz im Lüner Krankenhaus und somit die erste Anlaufstelle für Patientinnen. „Wichtig ist uns, dass jede als Person wahrgenommen wird und nicht nur ihre Krankheit“, sagt sie. Die Seele spiele beim Heilerfolg eine große Rolle. Gespräche und vertrauensvolles Miteinander ab der Erstdiagnose helfen.
„Wer lachen kann, dort, wo er hätte heulen können, bekommt Lust am Leben“ ist ein Spruch, den Eve Berger im Krankenhaus gelesen hat. Und sie hat erfahren: „Wir begleiten Sie, bis Sie hier durch sind.“ So habe man das Gefühl, nicht allein gelassen zu werden.
Nach der Diagnose „wie im Tunnel“
Gerade nach einer schlimmen Diagnose würden sich die Patienten wie „in einem Tunnel fühlen“, so Petra Kosanetzki. Deshalb empfiehlt die Klinik, zu dem Erstgespräch einen Vertrauten mitzubringen. Jede Patientin bekommt einen Ordner. Der enthält Informationen und Tipps. Dort ist auch Raum für eigene Notizen.
Am 20. Januar hat Eve Berger ihre letzte Chemo-Behandlung. Die Nebenwirkungen spürt sie. Halsschmerzen, sich lösende Nägel und nachlassende Sehkraft. Anschließend sind Operation und Bestrahlung geplant. „Die Ärzte haben gesagt, sie kriegen das wieder hin“, ist Eve Berger optimistisch gestimmt. Sie tue alles, um wieder gesund zu werden.
Klinik behandelt 150 Neuerkrankungen im Jahr
150 Neuerkrankungen werden laut Chefarzt Dr. Donat Romann jährlich im zertifizierten Brustzentrum in Lünen behandelt. Die Therapie habe sich verändert. Inzwischen würde vielfach erst nach einer Chemotherapie operiert. So könne besser kontrolliert werden, ob die Therapie wirke. Bei einer fortschreitenden Erkrankung würden vielfach Medikamente ohne Chemotherapiewirkung eingesetzt, um die typischen Chemo-Nebenwirkungen zu vermeiden. „Die Therapie ist individueller geworden“, beschreibt Romann die medizinische Entwicklung.
Lünen ist eine Stadt mit unterschiedlichen Facetten. Nah dran zu sein an den lokalen Themen, ist eine spannende Aufgabe. Obwohl ich schon lange in Lünen arbeite, gibt es immer noch viel zu entdecken.
