Anna Krohn wird am Mittwoch, 13. Juli, 100 Jahre alt.

Anna Krohn wird am Mittwoch, 13. Juli, 100 Jahre alt. © Anna Krohn

Lünerin Anna Krohn feiert 100 Jahre Geburtstag und ein bewegtes Leben

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Was in 100 Jahren alles passieren kann, kann man sich schlecht vorstellen. Anna Krohn feiert am 13. Juli ihren 100. Geburtstag und blickt auf ein bewegtes und ereignisreiches Leben zurück.

Alstedde

, 12.07.2022, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Als Anna Krohn am 13. Juli 1922 geboren wurde, da gab es in der Bauernschaft Alstedde noch keine Straßennamen und keine Siedlung. Die wurde erst Anfang der 1950er Jahre gebaut. Verstreute Bauernhöfe, Sandwege, Wälder und Wiesen breiteten sich rund um den Hof von Herbert und Margarethe Wöstmann aus. Das waren die Eltern von Anna, die ihr einziges Kind liebevoll aufzogen.

Vater Wöstmann war Jagdaufseher in Alstedde, so wie auch schon sein Vater. Anna Krohn erinnert sich noch, dass ihr Vater sehr stolz auf seinen Mercedes war. Es war das erste Auto in der Bauernschaft gewesen. Doch Anfang des Kriegs wurde es von der Wehrmacht konfisziert.

100 Jahre im Elternhaus gelebt

Viele Generationen lebten und leben in dem Haus, in dem jetzt noch immer Anna Krohn wohnt. Hier wurde sie geboren und auch ihre fünf Kinder. Inzwischen ist von dem ehemaligen Fachwerkhaus von außen nicht mehr viel zu sehen, nur die steile Treppe erinnert noch ein wenig an vergangene Zeiten.

Aufnahme von 1942 mit Mütze ihres Verlobten.

Aufnahme von 1942 mit Mütze ihres Verlobten. © Anna Krohn

Anna Krohn ist in Lünen zur Volksschule gegangen und anschließend in Dortmund zur Hauswirtschaftsschule. Die schloss sie als Hauswirtschafterin ab. Doch bevor sie 1955 die eigene Gastwirtschaft eröffnen sollte, arbeitete sie in Lünen bei der Zeitung „Rote Erde“. Ich habe die Abrechnungen für die Boten gemacht und Anzeigen aufgenommen“, erzählt sie. Und auch ihren Ehemann lernte sie vorher noch kennen. Genauer gesagt war es im August 1939.

Unteroffizier gefiel der 17-Jährigen sofort

Der Krieg hatte begonnen und das Lippewerk und das Munitionsdepot in Bork mussten gesichert werden. Dafür wurde ganz in der Nähe des Wohnhauses eine Flugabwehrkanone (FLaK) installiert. Mehrere junge Soldaten waren hier eingesetzt. Darunter befand sich als Unteroffizier der 25-jährige Josef Krohn. „Wir waren mit 17 Jahren neugierig und wollten uns die jungen Soldaten mal näher anschauen“, schmunzelt Anna Krohn. Josef Krohn gefiel Anna auf Anhieb gut. Sie verabredeten sich immer wieder und 1942 wurde Hochzeit gefeiert.

Hochzeitsfoto von Anna und Josef Krohn von 1942.

Hochzeitsfoto von Anna und Josef Krohn von 1942. © Anna Krohn

Doch Josef musste wieder in den Krieg ziehen. Schlimme Zeiten der Ungewissheit begannen für Anna Krohn, als Josef nach dem Ende des Kriegs nicht nach Hause kam und als vermisst galt. Über das Internationale Rote Kreuz wurde er in Sibirien gefunden. Er war am 13. Februar 1945 in russische Gefangenschaft geraten. Abgemagert, aber lebend, konnte ihn seine Familie im August 1947 in Lünen wieder glücklich in die Arme nehmen. Inzwischen war der erste Sohn Wilfried 1945 geboren. Den sah Josef zum ersten Mal.

Kaltes Bier aus der Küche

Josef Krohn arbeitete nun als Fördermaschinist der Firma Deilmann auf Schacht 5 der Zeche Achenbach. Wie so viele Männer in Lünen auch. Die ersten Häuser der Siedlung für Bergwerksfamilien wurden 1952 gebaut. Der tägliche Weg zur Arbeit führte die Männer am Hause der Familie Wöstmann/Krohn vorbei. Hatte einer Durst, verkaufte Mutter Wöstmann ihnen kaltes Bier in der Küche. Das sprach sich herum und der Bierverkauf brummte.

Brautleute Anna und Josef Krohn mit Mutter Wöstmann und Trauzeuge (li.).

Brautleute Anna und Josef Krohn mit Mutter Wöstmann und Trauzeuge (li.). © Anna Krohn

„Das Bier haben wir im eigenen Brunnen gekühlt, das war sehr beliebt“, sagt Anna Krohn. Die Leute kamen aber auch, weil es bei der Familie schon 1954 einen Fernseher gab. Zur Fußballweltmeisterschaft standen die Leute bis vor der Haustür, um dieses Ereignis mitzuverfolgen. „Die ersten kamen schon um 9 Uhr mit einem Hocker und blieben bis zur Übertragung sitzen“, erinnert sich Anna.

„Zum Heikenberg“

Weil der Verkauf in der Küche zu viel wurde, entschied sich die Familie, in einem Teil des Hauses eine Gaststätte zu eröffnen. Im Jahre 1955 eröffnete Anna Krohn die Gaststätte „Zum Heikenberg“. Ehemann Josef half nach Feierabend aus. Nach zehn Jahren wurde die Gaststätte verpachtet.

Auf einem Spaziergang 1944.

Auf einem Spaziergang 1944. © Anna Krohn

„Das war doch sehr anstrengend und ich hatte ja auch noch fünf Kinder zu erziehen“. Doch sie blieb weiterhin berufstätig. Auf eine Anzeige der Maggi-Werke in Lüdinghausen hin bewarb sie sich als Werksführerin. Für den Weg nahm sie ihr eigenes Auto, denn 1955 machte sie bereits den Führerschein.

10 Enkel und 16 Urenkel

Nach einiger Zeit wechselte sie zum Großhandel Engelke in Lünen und arbeitete im Kassenbereich bis zu ihrem Ruhestand. Jetzt hatte sie zusammen mit ihrem Mann Zeit für Reisen in Deutschland und Europa. In Holland besaß die Familie ein Ferienhaus, dass auch die Kinder später gerne nutzten. In den 1970er Jahren machte die Familie oft Urlaub im eigenen Haus in der Eifel.

Heute lebt Anna Krohn noch immer in ihrem Elternhaus. Die Kinder wohnen ganz in ihrer Nähe und schauen jeden Tag nach ihrer Mutter. Mittlerweile ist die Familie um 10 Enkel und 16 Urenkel gewachsen. Sie wollen am Mittwoch, 13. Juli alle kommen und gemeinsam mit der Jubilarin zu ihrem 100. Geburtstag anstoßen.

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