Noch im Mai war Ferhat Aydin, Lehrer, SPD-Ratsherr und Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Sport in Lünen, in Israel. Als Landeskoordinator des deutsch-israelischen Schulpartnernetzwerkes NRW hatte er das Land besucht. Mit dabei waren Vertreter von drei Lüner Schulen. Die Hamas-Angriffe auf Israel haben ihn schockiert. „Aus dienstlichen Kontakten sind Freundschaften geworden“, sagt er und hat sofort telefoniert, auch mit Karen Neuberger (50). Sie ist Lehrerin an der Ironi Hey High School, einer öffentlichen Oberschule mit Sitz in Tel Aviv. Während die Menschen im Norden fast routiniert mit der Situation umgingen, sei es im Süden anders, beschreibt Aydin seinen Eindruck.
Karen Neuberger war gerade im Schwimmbad, als der verheerende Raketenbeschuss begann. „Ich sollte sofort aus dem Becken und wusste gar nicht warum“, berichtet die amerikanisch-israelische Jüdin mit deutschen Wurzeln der Redaktion am Telefon. Sie habe nicht begriffen, wie dramatisch die Situation war. Noch fünf Minuten vor unserem Gespräch am Montag (9.10.) saß sie in einem Schutzraum. Wieder hatten die Sirenen vor weiterem Raketenbeschuss gewarnt. Siebenmal hatte sie das bis dahin schon hinter sich, auch nachts. „Ich versuche, nicht so viel nachzudenken und positiv zu bleiben“, schildert sie. „Zu viel ist nicht gut.“

Der Alltag in Israel hat sich mit einem Schlag verändert. Schulen waren in den letzten beiden Tagen geschlossen, der Unterricht läuft online. Eigentlich hätten die Studenten ihren ersten Tag an der Uni gehabt. Der fiel aus. Jeden Abend gebe es aktuelle Anweisungen des Bildungsministeriums. Ehemalige Schüler seien jetzt in der Armee. Karen Neuberger ist besorgt. Jeder im Bekanntenkreis wisse von Toten und Verletzten. „Unfassbar, was hier passiert“, sagt sie.
Niemals hätte sie mit solchen Angriffen gerechnet, auch nicht mit so viel Hass auf Israel, der in den sozialen Netzwerken um sich greife. „Ich kann nicht glauben, dass sich jemand freut, wenn Israelis sterben“, sagt sie. Schülerinnen und Schüler packten Päckchen. Sie seien für vertriebene Familien und Soldaten im Süden. Karen Neuberger hält Kontakt. Sie will wissen, ob bei ihnen alles in Ordnung ist.
„Sind in Gedanken bei euch“

Heinz-Joachim Otto, Vorsitzender der Bürgermeister-Harzer-Stiftung, hat nach Bekanntwerden der Angriffe Yael Rosenfeld geschrieben. Der Kontakt entstand im Zusammenhang mit dem Film „Die Kinder der Turnstunde“, für den Michael Kupczyk Lore Terhoch, die Mutter von Yael Rosenfeld, in Haifa besuchte und interviewte. „Erschüttert haben uns die Bilder aus Israel mit den Verbrechen und dem Krieg der Hamas gegen euer Land und euer Volk“, schreibt Otto. „Wir sind in Gedanken bei euch und hoffen, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation kommt.“ Yael Rosenfeld schreibt auf Nachfrage der Redaktion, sie sei sehr, sehr traurig, dass Menschen sterben müssen, weil eine Gruppe all ihre menschlichen Gefühle und Verantwortung verloren habe. Sie kritisiert die Regierung, gegen die sie demonstriert hat, die das geschehen ließ und die Armee nicht ausreichend ausgestattet habe. Stattdessen sei das Geld an Siedler und Ultraorthodoxe gegangen.
Der Lüner Neurochirurg Dr. Samir Kazkaz (74) hatte seine Instrumente gepackt und wäre jetzt eigentlich auf dem Weg nach Frankfurt, um wieder zwei Wochen in einem Krankenhaus in Gaza ehrenamtlich zu operieren. „Es gibt dort viel zu tun“, weiß er. Doch die Flüge fallen aus. „Das ist alles sehr traurig“, sagt er und hofft auf ein baldiges Ende des Krieges.
Das hofft auch Ferhat Aydin. Im Frühjahr 2024 soll eine Gruppe aus Israel nach Lünen kommen. Die Heinrich-Bußmann-Schule hat eine Partnerschaft mit der einzigen arabischsprachigen Waldorfschule in Sefa ´Amr. Dort kooperiert auch die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule mit der School of Technology. Die Ludwig-Uhland-Realschule hat Kontakt zur School of Science and Technology in Nazareth.

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