
© Chris Hadac
Lüner lebt in Florida: Meinungsfreiheit schützen, aber keine Krawalle
Unruhen in den USA
Eigentlich wollte Chris Hadac in diesem Jahr wieder Heimaturlaub in Lünen machen. Doch nun muss er in Florida bleiben. Wie für ihn die Lage mit Corona und Massenprotesten ist, schildert er.
Seit 19 Jahren lebt Chris Hadac im Süden von Florida, in Marco Island, einem kleinen Ort mit gut 16.000 Einwohnern. Aus geplanten sechs Monaten sind nun fast zwei Jahrzehnte im Sunshine State geworden. „Wenn ich könnte, würde ich gerne den Sommer in Deutschland und den Winter in Florida verbringen“, sagt der 50-Jährige.
Der Kontakt zu seiner Familie in Lünen besteht natürlich weiterhin. „Ich habe eigentlich täglich Kontakt zu meinen Leuten in Lünen. Zum Glück geht es ihnen gut.“
Vielleicht klappt es Weihnachten mit dem Heimaturlaub
Geplant hatte Hadac, in diesem Jahr mal wieder zwei bis drei Wochen nach Deutschland zu kommen. Dann kam Corona. „Jetzt steht alles in den Sternen.“ Vielleicht klappt es in der Weihnachtszeit, hofft Hadac. „Zurzeit macht es keinen Sinn, nach Deutschland zu kommen, um 14 Tage zu Hause in Quarantäne zu sitzen.“ Abgesehen davon, Freunde und Familie zu treffen, freut er sich immer darüber, zu sehen, wie sich Lünen verändert. „Lünen hat sich in den letzten zehn Jahren wirklich zu einer sehr schönen Stadt entwickelt - wenn man die Verkehrsplanungen mal vernachlässigt“, sagt Hadac.

Chris Hadac in seiner Freizeit im Sunshine State Florida. © Chris Hadac
Er war, weil er als Ingenieur für eine Firma arbeitet, die medizinisches Equipment herstellt, von der „stay at home-order“ (bleibt zuhause) befreit. „Das war auch gut so, weil ich es nicht mag, von zuhause aus zu arbeiten. Trennung von ,Heim und Arbeit` ist für mich wichtig. Außerdem brauche ich die Kollegen für soziale Interaktion. Ich bin kein Freund von Videokonferenzen.“
Doppelte Staatsbürgerschaft ist nicht möglich
Seit zwölf Jahren besteht für den Lüner die Möglichkeit, die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Noch hat er dies nicht getan, arbeitet mit einer „Green Card“. „Ich würde das nur machen, wenn ich die deutsche Staatsbürgerschaft nicht abgeben müsste. Leider ist es aber unmöglich, in Deutschland eine doppelte Staatsbürgerschaft genehmigt zu bekommen.“
„Meinungsfreiheit ist unser wichtigstes Gut“
Derzeit machen die USA vor allem Schlagzeilen wegen der Unruhen nach dem gewaltsamen Tod des Afro-Amerikaners George Floyd bei einer Polizeikontrolle. „Protestieren als Ausdruck der Meinungsfreiheit ist wichtig. Ich bin der Überzeugung, dass die Meinungsfreiheit sowohl in den Staaten als auch in Deutschland unser wichtigstes Gut ist“, so Hadac. Er sagt aber auch: „Es wird kein Nicht-Farbiger beurteilen können, wie es sich anfühlt, wenn man von der Polizei angehalten wird.“ In Sachen Rassismus, der auf vielen Seiten existiere, müsse sich grundlegend etwas ändern.
„Demonstrieren ist unser Grundrecht. Plünderungen, Gewalt, Angriffe auf Menschen und Ausschreitungen sind kriminell und müssen auch geahndet werden.“ Das werde auch in seinem Freundes- und Bekanntenkreis in Florida häufig so gesehen: „Jeder hat den Protest unterstützt. Und dann haben sie alles wieder ruiniert.“
Leute aus den Hot Spots wollen aufs Land
In Sachen Corona ist die Lage in Marco Island ruhig. „Man hat die Metropolen wie Tampa, Orlando und Miami, wo es eine große Bevölkerungsdichte gibt. Daneben gibt es die ländlicheren Gebiete mit weniger Bevölkerung. Entsprechend sind die Infektionsraten sehr unterschiedlich. Ich habe Glück, dass ich nicht in einem Hot Spot lebe.“ Dafür gibt es ein anderes Problem - die Leute, die in den Hot Spots mit hoher Infektionsrate wohnen, wollen da weg. „Und wir hier in den kleineren Orten wollen sie nicht haben, weil wir uns nicht anstecken wollen.“
Im November wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten. Eigentlich müsste dort der Wahlkampf im vollen Gange sein. „Die Corona-Pandemie hat auch hier Veranstaltungen verhindert. Also sieht man viel im Fernsehen und online. Und die Pressekonferenzen des Präsidenten haben ja sicher auch die Deutschen gesehen - das ist Wahlkampf.“
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
