Kämmerin Bettina Brennenstuhl, hier mit Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns und Vorgänger Uwe Quitter im August, hat ihren ersten Haushaltsentwurf für Lünen eingebracht. © Stadt Lünen

Haushaltsplanung

Lünens neue Kämmerin: „Schieben Problem in die kommenden Generationen“

Corona hat verhindert, dass Bettina Brennenstuhl ihren ersten Lüner Haushalt vorstellen konnte. Neben der Pandemie gibt es in dem Entwurf bekannte Themen wie Digitalisierung und KAG-Gebühren.

Lünen

, 23.12.2020 / Lesedauer: 4 min

Für manche ihrer Kolleginnen und Kollegen sei die Einbringung des Haushaltsentwurfs das „Highlight des Jahres“. Ganz so weit würde Lünens Erste Beigeordnete Bettina Brennenstuhl nicht gehen. Dass sie jedoch im Dezember keine Gelegenheit bekam, ihr erstes Zahlenwerk für die Lippestadt vorzustellen, findet sie dann doch schade.

„Es wäre ja meine erste Haushaltsrede in Lünen gewesen - wenn man so will, mein erster ,offizieller‘ Auftritt sozusagen.“ Dabei bedauert die am 1. September als Nachfolgerin von Uwe Quitter gestartete Kämmerin weniger die Tatsache, dass es sich um ihren Auftakthaushalt handelt: „Die Haushaltsrede dient ja auch dazu, den Haushalt und die Planungen zu erläutern. Das wäre gerade beim ersten Mal sicher sehr wichtig.“ Deshalb will Bettina Brennenstuhl auch nicht auf die Haushaltsrede verzichten, sondern sie in der nächsten Ratssitzung am 21. Januar halten. „Sollte uns Corona da auch einen Strich durch die Rechnung machen, werde ich den Entwurf digital per Videokonferenz vorstellen.“

Verabschiedung des Haushalts am 11. März

Vorbereiten können sich die Ratsmitglieder ab sofort, denn ihnen ist das Zahlenwerk am 23. Dezember per Mail oder per Post zugegangen. „Wir haben uns mit der Bezirksregierung und dem Ministerium in Düsseldorf abgestimmt. Der Haushalt muss den Ratsmitgliedern zugehen, aber eine Sitzung ist dafür nicht explizit erforderlich“, so die Beigeordnete. Vorausgesetzt, die Fachausschüsse können im Frühjahr wie geplant tagen, rechnet Bettina Brennenstuhl mit einer Verabschiedung des fertigen Haushalts am 11. März 2021. „Bis dann die Genehmigung aus Arnsberg vorliegt, wird es aber noch etwas dauern.“

So oder so könnten also die Maßnahmen in dem Papier erst spät im Jahr umgesetzt werden. Wirkliche Überraschungen gibt es ohnehin nicht: „Die Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren angestoßen worden sind, werden fortgeführt.“ Während die ersten Zahlen noch unter Uwe Quitter gesichtet wurden, hatte Bettina Brennenstuhl die Haushaltsgespräche mit den einzelnen Abteilungen geführt. Dabei ist sie über die vier Jahre Erfahrung als Kämmerin in Schwerte dankbar: „Bestimmte Dinge werden in allen Städten unabhängig von der Größe diskutiert. Dazu zählen zum Beispiel die Ansätze für die Kosten bei der Flüchtlingshilfe oder die Frage, welche Maßnahmen es im Bereich Klimaschutz geben soll.“

KAG-Gebühren mit 50-prozentiger Förderung

Investitionen sind 2021 vor allem bei der IT geplant, da man auch im Rathaus davon ausgeht, dass viele Angestellte weiter im Home Office arbeiten. „Oberstes Ziel bleibt weiterhin der Aufbau von bilanziellem Eigenkapital, um aus dem Genehmigungsverfahren rauszukommen.“ Schon in ihrem Finanzbericht im jüngsten Hauptausschuss hatte die Kämmerin angekündigt, dass dieses Ziel aufgrund von Corona wohl nicht 2022, sondern erst 2023 erreicht wird.

Grundsätzlich fordert Lünens neue Kämmerin einen realistischen Haushalt ein. „Ein fiktives Beispiel: Das Technische Dezernat will dokumentieren, was es alles in der Pipeline hat. Wenn ich aber vorher schon weiß, dass ich keine zehn Straßenbaumaßnahmen durchführen kann, dann müssen die auch nicht im Haushalt stehen.“

Die Straßenbaumaßnahmen, die für 2021 ganz real in Lünens Bilanz auftauchen, werden übrigens weiterhin über das Kommunale Abgabengesetz mitfinanziert. „Wir kalkulieren dabei mit dem Zuschuss in Höhe von 50 Prozent, den das Land uns zugesichert hat.“ Man gehe davon aus, dass die Fördertöpfe hier auch 2021 voll sind. „Wie es danach weitergeht, muss sich dann zeigen.“ Ihr persönlich wäre es lieber gewesen, wenn NRW wie andere Bundesländer auch die KAG-Gebühren abgeschafft und entweder durch Landesgelder oder aber durch eine neue Steuerform ersetzt hätte. „So könnte vermieden werden, dass jemand 30 Jahre nach einem Hauskauf die Quittung bekommt - auch wenn er das beim Kauf auf dem Schirm gehabt haben sollte.“

Mehr als 100 Millionen Euro Corona-Schäden?

In der Hauptausschusssitzung hatte Bettina Brennenstuhl auch schon einen Vorgeschmack auf das gegeben, was die Haushaltsplanungen aller Kommunen in den kommenden Jahren begleitet. Der Haushalt der Stadt Lünen ist nämlich nur deshalb auch 2020 positiv, weil die durch Corona verursachten Schäden herausgerechnet werden können. „Diese Schäden sind aber nicht weg“, erläutert die Kämmerin noch einmal im Gespräch mit unserer Redaktion. Als Beispiel nennt sie die Gewerbesteuer: „Für 2021 waren da 46,8 Millionen Euro an Einnahmen angesetzt. Aufgrund der Pandemie gehen wir jetzt noch von 35,4 Millionen Euro aus.“ Das Delta von 11,4 Millionen Euro wird auf den „Corona-Deckel“ geschrieben - jene Bilanzierungshilfe, die als Nebenrechnung ausgewiesen werden darf. Genauso verfährt die Kämmerei in den Jahren bis 2024 - und zwar nicht nur bei der Gewerbesteuer, sondern bei allen Posten. „Rechnet man das Stand heute alles zusammen, kämen wir 2024 auf eine Bilanzierungshilfe von mehr als 100 Millionen Euro, die wir dann bis 2050 abschreiben dürfen.“ Für die Haushalte ab diesem Jahr würde das eine Mehrbelastung von 2,5 Millionen Euro bedeuten.

Bettina Brennenstuhl räumt ein, dass ohne die Bilanzierungshilfe wohl kein genehmigungsfähiger Haushalt möglich wäre. „Wenn ich das aber ab 2024 zurückzahlen muss und mir in der Zwischenzeit auch noch Liquiditätskredite besorgt habe, kann das zu einem großen Problem werden - und zwar zu einem, das wir in die kommenden zwei Generationen schieben.“

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