In den Osterferien verbessern 15 zugewanderte Kinder ihre Deutschkenntnisse im Lüner Aktions- und Kulturzentrum (Lükaz). Die Corona-Regeln haben dabei sogar Vorteile für den Lernerfolg.
Der Dienstag nach Ostern beginnt für 15 Kinder mit einem Corona-Schnelltest. Dies ist nur eine von vielen Maßnahmen, die die Sprachferien „Fit in Deutsch" unter den Umständen der Corona-Pandemie im Lükaz ermöglichen. Nach einer Pilotphase findet das Angebot zum ersten Mal in Lünen statt.
Um Sicherheit zu schaffen, wurden die Kinder und Mitarbeiter bereits zu Beginn der Sprachferien in der ersten Woche der Osterferien auf das Corona-Virus getestet. Dass die Sprachferien überhaupt durchgeführt werden dürfen, liegt an einer Sonderregelung in der Corona-Schutzverordnung.
„Fit in Deutsch" ist als öffentlich gefordertes und außerunterrichtliches Bildungsangebot zur Reduzierung pandemiebedingter Benachteiligung explizit als Ausnahme in der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) aufgeführt. Nach dem negativen Testergebnis wartet das Frühstück, ehe es gestärkt und in Kleingruppen an die ersten Lernstationen geht.
Sprachlernbegleiter kümmern sich um die Kinder
Zwei qualifizierte Sprachlernbegleiter arbeiten mit den zugwanderten Schülerinnen und Schülern an acht Tagen. Spielerisch und vor allem praxisnah vermitteln Mihriban Uyar (25) und Jones Mitat (24) Redewendungen sowie alltägliches Vokabular der deutschen Sprache. Beide sprechen außerdem Arabisch, beziehungsweise Türkisch. So können sie sich mit den Kindern ebenfalls verständigen, wenn es im Deutschen Probleme gibt.
„Wir bringen den Kindern Inhalte bei, die sie während der Schulzeit nicht vermittelt bekommen“, sagt Projektleiterin Maria Galisteo vom Kommunalen Integrationszentrum (KI) des Kreises Unna. Das Angebot richtet sich an Schülerinnen und Schüler aller Schulformen aus den Klassen fünf bis zehn. Die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos. Galisteo zielt darauf ab, dass jede Kommune im Kreis die Sprachferien anbietet. „Jede Institution - egal ob Schule, Stadt oder Kirche - kann dafür als Träger organisieren“, erläutert sie.
Der alltägliche Sprachgebrauch steht im Mittelpunkt
Durch die Sprachferien sollen sich die Kinder in ihrem Alltag besser verständigen können. Das Einkaufen im Supermarkt, auf dem Wochenmarkt oder in Bekleidungsgeschäften gehört daher genauso zu den Themenschwerpunkten, wie das Schildern einer Wegbeschreibung oder ein Arztbesuch.

Mihriban Uyar (links) zeigt ihrer Kleingruppe nützliche Begrifflichkeiten, die sie für die Post benötigen. © Julian Preuß
Um diese unterschiedlichen Lebensbereiche zu veranschaulichen, bauten die Mädchen und Jungen vor der Bühne im großen Veranstaltungssaal eine Stadt im Miniaturformat auf. Mit Klebeband zeichneten sie Straßen und Kreisverkehre ein. Selbstgemalte Bilder symbolisieren beispielsweise die Schule, das Rathaus oder die Feuerwehr.
Miniaturstadt verbildlicht die Lernstationen
An der Kaufhaus-Station übt Jones Mitat mit den Kindern, wie sie eine Verkäuferin oder einen Verkäufer ansprechen und nach dem passenden Kleidungsstück fragen. Der 24-jährige Bergkamener studiert Germanistik und Sport auf Lehramt. Bereits zum zweiten Mal arbeitet er bei dem Projekt als Sprachlerngleiter. Mit dieser Tätigkeit ergänzt Mitat seine Studieninhalte. „Ich hatte einige Seminare, bei denen es darum geht, Deutsch als Fremdsprache zu vermitteln“, sagt er und ergänzt: „Es ist herausfordernd, dass das Sprachniveau der Kinder sehr unterschiedlich ist.“
Das liege daran, dass die Kinder unterschiedlich lange in Deutschland leben und aus mehreren Herkunftsländern kommen, erklärt Galisteo. „Wir betreuen einige Kinder aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder auch Rumänien dabei“, fügt sie an. Um die Lerninhalte flexibel an das Können der Kinder anzupassen, kann das Team auf zehn iPads zurückgreifen. Damit üben die Schülerinnen und Schüler das Lese- und Hörverstehen.

Leen nutzt das iPad, um gezielt ihr Lese- und Hörverstehen zu verbessern. © Julian Preuß
„Trotzdem führen wir hier keinen klassischen Unterricht durch. Wir arbeiten handlungsorientiert“, erklärt Mihriban Uyar, die Philosophie und Biologie studiert. Auch für sie sei die Arbeit als Sprachlernbegleiterin lehrreich. „Ich habe gelernt, wie ich auf Kinder zugehen und mit ihnen reden kann“, sagt die angehende Lehrerin.
Erfolge stellen sich schnell ein
Dass sich die Kinder wegen den Corona-Regeln nur in Kleingruppen von je fünf Personen an den Lernstationen aufhalten dürfen, sieht Galisteo als kleinen Vorteil für den Lernerfolg an. Dieser stellte sich bereits nach einigen Tagen ein, wie sich beispielsweise beim Einkaufen für das tägliche Mittagessen zeigt.
Niklas Kattner (20), besuchte mit den Kindern den Supermarkt. Zusammen besorgten sie außerdem frische Lebensmittel auf dem Wochenmarkt. Daraus bereiteten sie für die gesamte Gruppe eine gesunde Reispfanne, Spaghetti Bolognese oder Gerichte aus den Heimatregionen der Kinder zu.
Auf das Lernen folgt Bewegung
Nach dem Mittagessen sorgt der Kreissportbund Unna (KSB) um Alina Manjal für eine aktive Nachmittagsgestaltung. Doch auch hier zwingt die Corona-Pandemie die Verantwortlichen zur Improvisation. „Bislang haben Vereine beispielweise Teakwondo oder Tennis angeboten. Wegen des Lockdowns ist das Sportanbot derzeit leider begrenzt. Daher können sich die Kinder aktuell in der örtlichen Sporthalle bewegen“, sagt Galisteo.

Leen und Nehad (von links) nutzen die Zeit vor dem Frühstück für ein gemeinsames Spiel. © Julian Preuß
Dennoch zeichnet sich in den Gesichtern die gute Laune der Kinder ab. Leen (12) und Nehad (11) sind sich einig. „Hier macht das Lernen mehr Spaß als in der Schule“, meint Leen. Besonders das Kochen habe den beiden syrischen Mädchen besonders gut gefallen. Ob sie nochmal an den Sprachferien teilnehmen würden? „Auf jeden Fall“, antwortet Nehad. Und auch Maria Galisteo ist sich sicher: „Die Sprachferien haben im Lükaz sicherlich nicht zum letzten Mal stattgefunden.“
Geboren in der Stadt der tausend Feuer. Ruhrpott-Kind. Mag königsblauen Fußball. Und Tennis. Schreibt seit 2017 über Musik, Sport, Wirtschaft und Lokales. Sucht nach spannenden Geschichten. Interessiert sich für die Menschen und für das, was sie bewegt – egal in welchem Ort.