
© Foto Diethelm Textoris
Lünen durch die Linse gesehen: Filmender Chronist Knut Thamm wird 80
Runder Geburtstag
Er ist der Mann mit der Kamera. Viele Ereignisse in Lünen hat er auf Filmen dokumentiert. Am Sonntag feiert Knut Thamm seinen 80. Geburtstag. Die Kamera legt er noch lange nicht aus der Hand.
Bekannt ist er als Stadtfilmer. Doch diese Bezeichnung hält er für unzutreffend. Denn einen offiziellen Auftrag bekam er nie. Er sieht sich eher als filmenden Stadtchronisten. Am Sonntag (14.3.) wird Knut Thamm 80 Jahre alt. Immer noch sieht er sich in einer schon weit über 40 Jahre anhaltenden kreativen Phase, in der die Kamera sein ständiger Begleiter ist.
Geboren ist der bekennende Lüner, der die für ihn zur Heimat geworden Stadt als „Mittelzentrum, aber nicht mittelmäßig“ bezeichnet, im Kriegsjahr 1941 in Berlin. Die Ruinen waren nach dem Kriege sein Abenteuerspielplatz, bevor die Eltern nach Mülheim/Ruhr umsiedelten. Als er nach Abschluss des Lehramts-Studiums nach Lünen versetzt werden sollte, wusste er nicht einmal, wo das liegt. Sein angehender Schwiegervater riet ihm, die Stelle anzunehmen, denn „die haben mit dem LSV einen guten Fußballverein.“ Bis zu seiner Pensionierung unterrichtete der beliebte Pädagoge 39 Jahre an der Heinrich-Bußmann-Schule - für ihn ein Glücksfall. Er vermittelte seinen Schülern Lerninhalte und Kompetenzen und bekam dabei viel zurück: „Auch ich konnte viel von ihnen lernen, lernte z.B. von den sogenannten Gastarbeiterkindern die kulturelle Vielfalt kennen und schätzen.“
Lebendigkeit des Lebens festhalten
Wie kam er zum Filmen? „Es gab ein einschneidendes Erlebnis, eine Nahtoderfahrung, als ich beinahe ertrunken bin. Als ich die Todesnähe erlebt habe, entschloss ich mich, mich dem Leben zuzuwenden und alles das, was Leben und Lebendigkeit ausmacht, festzuhalten.“ Zunächst dokumentierte er die eigene Familie und wandte sich dann anderen Ereignissen zu. Da war das vielfältige Kulturgeschehen in Lünen, die große Zeit des Theaterpathologischen Instituts, Aufführungen der freien Theater wie Kulisse und Seitensprung, oder Portraits und Interviews mit Ulrich Wickert, Wim Wenders, Max Raabe und heimischen Künstlern wie Hermann Nüdling und Rolf Ratzmann. In Köln lernte er Günter Wallraff kennen, den er in seine Schule einlud und mit dem er heute noch in freundschaftlicher Verbindung steht. Als Musikliebhaber dokumentierte er musikalische Ereignisse, hielt städtepartnerschaftliche Events und auch Alltagsgeschichten fest. Durch seine Filmvorführungen verbreitete er Bilder von Lünen nach innen und außen. Auch das Fernsehen griff schon mal auf Dokumentationen von ihm zurück.

Lockere Freunde und Gesinnungsgenossen: Knut Thamm und Günter Wallraff. © Foto Diethelm Textoris
Vom Hubschrauber aus Zechen gefilmt
Thamm erlebte die filmtechnische Entwicklung von Normal-Acht über Video bis zu den digitalen Tonaufzeichnungen. „Als es noch keine Drohnen gab, durfte ich einmal im Privathubschrauber von Lorenz Kesting mitfliegen. Ein einmaliges filmisches Dokument entstand, alle Anlagen der noch fördernden Zeche Achenbach aus der Vogelperspektive, und alles ordentlich verwackelt.“ Dass er als Filmemacher auch etwas bewegen kann, erlebte er 1981 bei einem Filmfestival in Recklinghausen. Er, der seine Umwelt zum ersten Mal wahrnahm, als in der Schule seine Kurzsichtigkeit erkannt wurde, zeigte dort seinen Film: „… mit der Taubheit leben, kennst du das Problem?“, der von einer Lüner Familie handelte. Das Publikum was so beeindruckt, dass es eine spontane Sammlung zur Vervielfältigung des Films veranstaltete und eine Resolution an die Öffentlichkeit und die Politiker richtete.
Lebendigkeit durch Improvisation
Lebendigkeit erhalten seine Filme durch sein Improvisationstalent. „Nach Drehbuch arbeiten ist nicht mein Ding“, betont er. Sein Blick durch die Linse wird geleitet von der eigenen Sensibilität. „Als ich das Elend von Kalkutta dokumentieren wollte, habe ich einmal meine Kamera abgewendet, weil ein offenbar sterbender Mann in das Blickfeld gerückt war.“
Thamms Zukunftswunsch zum Geburtstag ist eng mit Lünen und seiner filmischen Tätigkeit verbunden: „In der Stadt des Kinofestes, das analog begann und inzwischen komplett digital arbeitet, sollte, vielleicht auf dem Kreisverkehr in der Nähe der Salford-Brücke, ein Denkmal zur Würdigung dieses technischen Wandels errichtet werden. Das wäre etwas Einmaliges, denn ich kenne keinen Ort in Europa und auf der Welt, wo eine derartige Skulptur steht.“