Bauverein zu Lünen renoviert Lippezentrum Kurzes Wiedersehen mit legendärem Laden „Rainbow“

Bauverein renoviert Lippezentrum: Wiedersehen mit legendärem Laden
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Unter dem Pflaster liegt der Strand. Das hatte zumindest ein Sponti-Spruch der 1970er-Jahre verheißen und eine ganze Generation dazu aufgerufen, unter verkrusteten Strukturen die große Freiheit zu suchen. Weniger bekannt, aber seit Herbst 2023 zweifelsfrei bewiesen ist, dass unter der Fassadenverkleidung die Jugend liegen kann. Wer in den vergangenen Wochen am Lippezentrum vorbei in die Lüner City bummelte, hat mit eigenen Augen gesehen, was inzwischen unter Farbe und Putz wieder versteckt ist: eine Zeitschleuse zurück in die 1980er-Jahre. Andreas Zaremba ist hindurchgegangen.

1980 war der Geschäftsführer des Bauvereins zu Lünen gerade 20 Jahre alt: ein junger Mann aus Lünen, der 1978 beim Bauverein seine Ausbildung begonnen hatte und der nach Feierabend gerne mit Freunden Musik hörte: vom Plattenteller. Am liebsten Rock-Titel. Eine Band, die zu dieser Zeit gerade ihren internationalen Durchbruch hatte, war sein Favorit: Status Quo. Von ihr kaufte er sich nicht nur Singles, sondern auch Langspielplatten. Wo? „Klar, im Rainbow.“ Ein echter Magnet für Musikfreunde jeden Alters. „Da konnte man sich Platten auflegen lassen und reinhören“, sagt Zaremba. Das gefiel ihm damals genauso gut wie dem Handwerker, der 42 Jahre später unversehens die Lüner Zeitschleuse öffnete.

„Ob ich das Rainbow kenne?“ Der Mann im weißen Arbeits-Overall schüttelte nur unmerklich den Kopf, während er sich weiter an den einzelnen Elementen der Verkleidungen zu schaffen machte. „Wer kannte den Laden nicht, der in Lünen groß geworden ist?“ Zumindest, wer zur damaligen Zeit groß geworden ist, als die Menschen Schulterpolster und Vokuhila („Vorne kurz, hinten lang“) für gute Ideen hielten, im Fernsehen drei Programme liefen und Internet ein Fremdwort war. Vertretern der Generation Z (zwischen 1997 und 2012 zur Welt gekommen) und der zuvor geborenen Millennials war dagegen nicht klar, was der Handwerker da zu Tage gefördert hatte, als er vor der Eingangstür zu Hörakustik Schnurbusch auf der Leiter stand.

Nachfolge für Quitmann

Gelb auf Grün verhieß der Schriftzug Erinnerungen an einen Laden, von dem die meisten Fotos schwarz-weiß sind. Rainbow gehörte zusammen mit der heute immer noch vertretenen Lippebuchhandlung zu den ersten sieben Geschäften, die am 2. August 1980 im neuen Lippezentrum öffneten. Sieben weitere folgten bald. 1981 war alles bezogen: die Geschäfte und die 74 Wohnungen in der City mit Blick auf den Fluss.

Der von nun an Stadtbild prägende rot verklinkerte Neubau war an die Stelle der 1839 gegründeten Metalldruck- und Lackierwaren-Fabrik Quitmann getreten, die größte von insgesamt drei Blechwarenfabriken. 1876 war das Unternehmen, in dem 250 Beschäftigte Wasserkessel und Backformen herstellten, zum nördlichen Lippeufer gezogen. Das Grundstück wurde frei, als Quitmann 1976 an die Kupferstraße umsiedelte. Den Großteil der dortigen Werkshalle, die später der Schaumstoffhersteller Recticel/Profoam nutzte, ließ der heutige Eigentümer Aurubis 2022 abreißen, um Parkraum zu schaffen.

AXXIS-Sänger erinnert sich

Rainbow war nicht der einzige Plattenladen in Lünen. Bernhard Weiss (59), Frontmann der Hardrockband AXXIS, ging auch durch die Zeitschleuse und erinnert sich. „Es gab zwei in Lünen: Die Schallplatte und das Rainbow: Das waren zwei richtig geile Plattenläden.“ Dort habe auch er seine ersten Scheiben gekauft, die er heute noch pflege. Beide Geschäfte waren nicht weit voneinander entfernt, nur durch die Lippe getrennt. Die Schallplatte war an der Bäckerstraße, dort, wo heute Ernstings Family eine Filiale hat.

So voll war es wenige Tage nach der Eröffnung im Augu7st 1980 im Plattenladen Rainbow.
So voll war es wenige Tage nach der Eröffnung im Augu7st 1980 im Plattenladen Rainbow. © Günther Goldstein

Warum die Türen schlossen für das von Uli Bohley geführte und von so vielen geliebtes Plattengeschäft im Lippezentrum? Schon bei den ersten Fotos des neuen Rainbow-Geschäfts liegt ein Teil des Untergangs in den Auslagen: Kompaktkassetten. Wenig später folgten CD´s.

Fast genau zwei Jahre nach der Öffnung des Lippezentrums, genau am 17. August 1982, erfolgte in Hannover dort die weltweit erste Serienproduktion: Musik, festgehalten auf einer hauchdünnen silbernen Scheibe mit einem Durchmesser von zwölf Zentimetern. Längst haben Streaming-Dienste der CD den Rang abgelaufen. Die schwarzen, knisternden Schallplatten haben indes ein Revival, erlebt - zu spät für das Rainbow, dessen Schild inzwischen wieder verschwunden ist unter Farbe und Putz.

Was war Ihre erste Platte?

Die Zeitschleuse hat sich wieder geschlossen. Hat Sie auch bei Ihnen Erinnerungen geweckt? Dann schreiben Sie uns gerne unter luenen@ruhrnachrichten.de. Was war Ihre erste Platte? Haben Sie sie noch und können Sie sie noch abspielen?

Musikkassetten waren 1980 auch beliebt, wie dieses Foto aus dem Rainbow in Lünen vom August 1980 zeigt. Erst die CDs verdrängten die Platten aber.
Musikkassetten waren 1980 auch beliebt, wie dieses Foto aus dem Rainbow in Lünen vom August 1980 zeigt. Erst die CDs verdrängten die Platten aber. © Günther Goldstein

Auch wenn es seit der Eröffnung des Lippezentrums vor mehr als 40 Jahren Wechsel gab - wie zum Beispiel der Einzug von Hörakustik Schnurbusch in den ehemaligen Plattenladen Rainbow -, sei kein Leerstand zu beklagen, sagt Andreas Zaremba vom Bauverein. Das gelte nicht nur für die Läden, sondern auch für die Wohnungen in dem gesamten Gebäudekomplex an der Lippe, der auf kaum einer Stadtansicht fehlt. Er trägt die Handschrift von Zarembas damaligen Chef, Günther Kleine, „Jetzt bauen wir ein ganz neues Wohn- und Geschäftsviertel“, hatte Kleine damals angekündigt. „Das ist ihm gelungen“, sagt der heutige Bauverein-Geschäftsführer.

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