Das Nikolaus-Turnier der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule (KKG) in Lünen ist in vollem Gange. Gerade läuft das finale Stechen zweier fünfter Klassen um den Sieg. Ein Tauziehen soll entscheiden, wer gewinnt. Letztlich ein knapper Wettkampf, doch am Ende hat eine Klasse die Nase vorn. Aber anstatt dem gegnerischen Team zu gratulieren, soll ein Lehrer der Schule handgreiflich gegenüber einem Schüler geworden sein.
Er soll den 19-Jährigen, der das Turnier als Wettkampfleiter organisierte und als Schiedsrichter betreute, mit den Fäusten gegen Brust und Bauch geschlagen haben. Dem Schüler blieb nach eigenen Schilderungen für kurze Zeit die Luft weg – zudem klagte er über Übelkeit und Bauchschmerzen. Der Grund für die Attacke: Der Lehrer habe das Gefühl gehabt, dass seine Klasse in dem entscheidenden Tauziehen benachteiligt werde.
Dienstaufsichtsbeschwerde
Der Vorfall wurde anonym an die Redaktion herangetragen. Alle Namen der Beteiligten sind uns bekannt. Mehrere Aussagen von Zeuginnen und Zeugen, die die Redaktion verifizierte, bestätigten das Geschehene. Alle Beteiligten wollen anonym bleiben.
Was jedoch feststeht: Die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Behörde ermittelt in Form einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Lehrer. „Bei uns liegt der Vorgang auf dem Tisch und wird aktuell bearbeitet. Es handelt sich um ein laufendes Personal-Verfahren. Daher darf und werde ich mich nicht weiter äußern zu dem Fall“, sagte Pressesprecher Christoph Söbbeler.
KKG-Schulleiter Bodo Gundelach teilte nur kurz mit: „Über die Auskunft der Bezirksregierung Arnsberg hinaus kann ich Ihnen keine weiteren Rückmeldungen geben.“ Weitere Fragen, ob der Lehrer aktuell freigestellt sei oder ob er weiterhin an der Schule unterrichten wird, ließ der Schulleiter unbeantwortet. Eine Anfrage der Redaktion bei dem Lehrer selbst blieb am Dienstag zunächst unbeantwortet.

Wie konnte es so weit kommen? Bereits vor dem Vorfall soll der Pädagoge durch übertriebenen Ehrgeiz aufgefallen sein. Das bestätigten mehrere Eltern sowie Schülerinnen und Schüler. Beim Tauziehen etwa stürzte einer seiner Schüler. Aber anstatt ihm zu helfen, soll der Lehrer lieber den Rest des Teams angefeuert haben. Ein anderer Lehrer und Sanitäter eilten zum Fünftklässler, um ihn medizinisch zu versorgen.
Zudem soll der betroffene Lehrer anderen Mannschaften häufiger unterstellt haben, dass sie schummeln würden. Andererseits soll er seinen Schülerinnen und Schülern beim Tauziehen das Signal gegeben haben, schon vor dem eigentlichen Beginn des Wettkampfs zu ziehen. Letztlich soll alles mit der Faust-Attacke geendet haben. Dem Angriff soll ein Wortgefecht mit dem 19-jährigen Schüler vorausgegangen sein. Dabei soll – nach mehreren Zeugenaussagen – der Pädagoge Folgendes gesagt haben: „Ich lasse mich von einem Scheiß-Schüler nicht anschreien.“ Der 19-Jährige erklärte seine laute Ausdrucksweise mit dem Geräuschpegel in der Sporthalle.
„Wir haben Angst vor ihm“
Nach unseren Informationen unterrichtet der besagte Lehrer weiterhin an der Schule. Das führt zu Unmut bei den Eltern und zu Furcht bei einigen Schülerinnen und Schülern. In der Dienstaufsichtsbeschwerde werden einige Kinder mit folgenden Worten zitiert: „Ich habe Angst, etwas im Unterricht falsch zu machen, weil er bestimmt wieder ausrasten wird oder uns schlägt“; „Wir möchten nicht mehr zu ihm in den Sportunterricht“ oder „Wir haben Angst vor ihm.“
Schulpflegschaftsvorsitzende Jamile Itani sagte zu den Vorfällen: „Es ist mir an der Stelle sehr wichtig zu erwähnen, dass sowohl die Lehrer als auch die Schule nicht für diese Werte stehen. Es ist ein schwarzes Schaf, das die Meinung über unsere Lehrer und Schule nicht ins Negative ziehen darf. Wir haben so tolle Lehrer an der Schule, die mehr als das für unsere Kinder sind und sie auf dem ganzen Weg begleiten. Da dürfen wir nicht zulassen, dass ein Lehrer wie er diese Werte und dieses Bild zerstört.“