Im Juli hat es laut den Daten der Wetterstation in Waltrop an 21 (!) Tagen geregnet. Wurde im Juni noch vor Hitze gestöhnt, scheint es wenige Wochen später so, als hätte sich der Sommer in diesem Jahr auf ein paar heiße Tage beschränkt.
Den Landwirten in Lünen bereitet das große Kopfschmerzen. Es muss geerntet werden, doch das geht bei dem Dauerregen nicht. Die Qualität des Getreides steht auf dem Spiel, sagt Vitus Schulze Wethmar. „Die Ernte läuft sehr schleppend. Die Mähdrescher stehen bereit, an Dreschen ist aber nicht zu denken.“
Ortslandwirt Carl Schulz-Gahmen steckt in derselben Klemme. Er sagt, das Getreide auf seinen Feldern sei reif, er könne bei dem Wetter aber nicht auf das Feld. „Auf meinen Feldern stehen noch Triticale, das ist eine Roggen-Weizen-Mischung, und normaler Weizen.“ Gerste und Raps seien schon gedroschen.
Die Gerste ist auch schon bei Landwirt Friedhard Freisendorf aus Lünen-Niederaden gedroschen. Damit sei er zufrieden gewesen. Der Weizen steht aber noch auf dem Feld. Nicht nur er, auch Kornbrennereien und Tierfutterlieferanten, die zu seinen Kunden zählen, warten auf die Weizenernte.
Schulz-Gahmen verkauft seine Ernte an die Genossenschaft Raiffeisen Lüdinghausen, die sie dann als Tierfutter an andere Bauern verkauft. „Das Futter ist kein reines Korn, sondern besteht aus verschiedensten Zusätzen. Das muss alles in der richtigen Mischung zusammengebracht werden.“
Viele Probleme für Landwirte
Bei Schulze Wethmar sieht das anders aus. Er verkauft sein Getreide an Bio-Bäckereien und muss eine bestimmte Backqualität liefern. Bei dem Regenwetter wird es immer enger. „Die Qualität der Ernte wird von Tag zu Tag schlechter. Die Backqualitäten, die wir erzielen wollen, werden wir wahrscheinlich nicht erreichen.“
Freisendorf befürchtet, in diesem Jahr mit der Weizenernte unterhalb der Gewinnschwelle zu bleiben. Er sagt: „Das liegt auch an der Energiekrise, dadurch ist der Dünger um das 2,5-fache teurer geworden.“
Ein weiterer Grund seien die „angeknacksten Futterpreise“. Weil die Schweinebestände in Deutschland sinken, fällt auch der Absatz von Futtergetreide, erklärt der Landwirt aus Niederaden.

Es gibt zwar auch die Möglichkeit, das Getreide maschinell trocknen zu lassen. Doch um überhaupt zu dreschen muss trotzdem ein bestimmter Trockenheitsgrad vorhanden sein. „Zumindest oberflächlich muss der Boden erstmal abtrocknen, damit der Mähdrescher drüberfahren kann. Ansonsten wird der Boden zu sehr beschädigt“, sagt Schulz-Gahmen. Darüber hinaus sind die Strompreise derart hoch, dass es sich für ihn kaum lohne, das Getreide trocknen zu lassen.
Schulze Wethmar hat hingegen noch vor wenigen Tagen Gebrauch von einem Trockner gemacht. Er sagt: „Am Sonntag (30. Juli) haben wir Getreide gedroschen, was viel zu feucht war. Wir dachten uns aber angesichts der Wettervorhersagen, dass es besser ist, das Getreide lieber aufwendig und teuer trocknen zu lassen.“
Ende des Regens ist in Sicht
Laut dem deutschen Wetterdienst soll der Regen noch bis Mitte nächster Woche anhalten. Meteorologin Ines von Holle sagt: „Zum Wochenstart wird es regnerisch weitergehen, es sieht aber danach aus, dass es etwas weniger wird. Mittwoch und Donnerstag könnte es sein, dass wir etwas aus dem Tiefdruckgebiet rauskommen. Dann ist es nicht mehr ganz so wechselhaft.“
Doch dann geht bei den Lohnunternehmen der „Kampf um die Mähdrescher“ los, warnt Freisendorf. Kaum ein Landwirt habe eigene Mähdrescher, auch er nicht. Jeder wolle die sich anbahnende „Schönwetterperiode“ nutzen, um den überfälligen Weizen zu dreschen. Wenn alles gut organisiert ist, könne er in zwei Tagen mit der Weizenernte durch sein.
Die Unwetter drohen die Getreideernte zu vermasseln. Schulz-Gahmen erklärt, es bestünde die Gefahr, dass das Weizenstroh durch den ständigen Wechsel von Feuchtigkeit und Trockenheit so mürbe wird, dass die Bestände zusammenbrechen.
Wie lange überhaupt noch Zeit bleibt, um das Getreide zu ernten, sei unklar. „Das kann man beim besten Willen nicht sagen. Wenn es in Australien beispielsweise eine Dürre gibt, wird man auch eine schlechtere Ernte los. Umgekehrt kann das aber genauso passieren, dann gehen bei uns die Preise in den Keller.“
Das Ziel, die deutsche Bevölkerung mit Brotgetreide zu versorgen, sei in Gefahr, sagt Schulze-Wethmar. Dann könne es sein, dass Deutschland auf Importe angewiesen sein wird. Immerhin sei der Regen aber für die Gemüsesorten, die im September und Oktober fällig werden - Mais, Möhren und Kartoffeln - nicht schlecht. Dennoch überwiege aktuell die Sorge um das Getreide.
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