Kritik aus SPD-Doppelspitze „Beschäftigen wir uns zu viel mit uns selbst? - Ich denke ja″

SPD-Doppelspitze im Kreis Unna: „Beschäftigen wir uns zu viel mit uns selbst? - Ich denke ja″
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Ihre Wahl als Nachfolger von Oliver Kaczmarek durch die Delegierten des SPD-Unterbezirksparteitages am Samstag (29. Oktober) galt schon im Vorfeld als sicher. Und gegen Martina Förster-Teutenberg und Maik Luhmann traten auch spontan in der Stadthalle von Unna keine Gegenkandidaten an.

So erhielt die neue Doppelspitze, die erste der Kreis-SPD, ein erwartet deutliches positives Votum: Förster-Teutenberg kam auf 97,6 Prozent und Luhmann auf 95,2 Prozent der Stimmen, gerade drei bzw. zwei Delegierte stimmten gegen die Kandidaten.

Martina Förster-Teutenberg sparte bei ihrer Vorstellung nicht an Kritik an der eigenen Partei, rechts neben ihr der scheidende Vorsitzende SPD-Kreisvorsitzende Oliver Kaczmarek.
Martina Förster-Teutenberg sparte bei ihrer Vorstellung nicht an Kritik an der eigenen Partei, rechts neben ihr der scheidende Vorsitzende SPD-Kreisvorsitzende Oliver Kaczmarek. © Stefan Milk

SPD-Mitglieder im Schnitt 64 Jahre alt

Kurz zuvor hatte der Parteitag per Satzungsänderung den Weg überhaupt erst frei gemacht für die paritätisch mit einer Frau und einem Mann besetzten Parteispitze – das Vorbild sitzt bei der Bundes-SPD in Berlin.

Auch wenn die Findungskommission der SPD den Delegierten die zwei Kandidaten empfahl, galt es sich den Stimmberechtigten auf dem Parteitag vorzustellen. Dabei waren vor allem von Martina Förster-Teutenberg selbstkritische Töne zu hören.

Sie kündigte einen „echten Neustart“ an und beantwortete eine selbst aufgeworfene Frage gleich mit: „Beschäftigen wir uns vielleicht zu viel mit uns selbst?“, so die 49-jährige Raumplanerin: „Ich denke: ja.“

Sie wolle daran gehen, die SPD wieder attraktiv auch für die junge Generation zu machen. Das Alter der SPD-Mitglieder liege im Schnitt bei 64 Jahren. In den Fraktionen und Parteigremien sollten aber nicht nur Personen aktiv sein, „die sich freistellen lassen können oder als Ruheständler entspannt bei uns mitmachen können“, rief Förster-Teutenberg unter großem Applaus aus.

Eine kämpferische Rede hielt Maik Luhmann. Er läutete den Wahlkampf für die Kommunalwahl 2025 ein.
Eine kämpferische Rede hielt Maik Luhmann. Er läutete den Wahlkampf für die Kommunalwahl 2025 ein. © Stefan Milk

„Unsere SPD ist die Kreis-Unna-SPD“

Den Unterbezirk wolle sie auch „fit machen“ für die Teilnahme an den Sozialen Medien. Ein mehrere Tage alter Post bei Facebook und Co., wie es offenbar Realität ist – „das geht nicht“.

Maik Luhmann hingegen widmete sich dem politischen Wettbewerb. „Unsere SPD ist die Kreis-Unna-Partei“, war wie zur Selbstbestätigung zu hören. Wie mehrere Redner vor ihm merkte auch Luhmann an, dass man sich nicht damit zufriedengeben wolle, in fünf Rathäusern der Kreiskommunen nicht das Stadtoberhaupt zu stellen.

„Wir werden heute mit dem Kommunalwahlkampf beginnen“, meinte der 44-Jährige aus Unna – und erntete damit ebenfalls lauten Beifall. Er sehe eine wichtige Aufgabe darin, „politische Talente“ fit zu machen, „um ein Amt zu übernehmen.“

Auch Luhmann, im Hauptberuf Geschäftsführer der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik in NRW, ging mit seiner Partei kritisch ins Gericht. „Wir werden vielleicht alte Zöpfe abschneiden“, sagte er – welche das sind, verriet er den Delegierten allerdings nicht.

Vorgänger Oliver Kaczmarek (r.) war am Samstag (29. Oktober) auch der erste Gratulant in der Erich-Göpfert-Stadthalle in Unna, wo die Delegierten des Unterbezirksparteitages Martina Förster-Teutenberg und Maik Luhmann mit großer Mehrheit zu Parteichefs wählten.
Vorgänger Oliver Kaczmarek (r.) war am Samstag (29. Oktober) auch der erste Gratulant in der Erich-Göpfert-Stadthalle in Unna, wo die Delegierten des Unterbezirksparteitages Martina Förster-Teutenberg und Maik Luhmann mit großer Mehrheit zu Parteichefs wählten. © Stefan Milk

Kaczmarek warnt vor Arroganz der Macht

Im Ungefähren blieb insofern auch Oliver Kaczmarek (52), der nach 17 Jahren als Chef der Kreis-SPD den Weg für einen „neuen Impuls“ vor der Kommunalwahl 2025 freigemacht hatte. „Neues ausprobieren“, hieß das bei dem Bundestagsabgeordneten, der mit stehenden Ovationen der rund 150 Anwesenden verabschiedet wurde.

SPD-Kreisfraktionschef Hartmut Ganzke hatte zuvor bereits darauf verwiesen, dass es mal 37 SPD-Mitglieder im Kreistag gegeben habe, aktuell seien es noch 23. Und auch Landrat Mario Löhr blies in seinem Grußwort kämpferisch ins Horn.

Oliver Kaczmarek warnte zum Abschied vor der Arroganz der Macht – im Kreis Unna gewinne ja doch stets die SPD. „Diese Einstellung haben wir nicht“, schrieb er seinen Sozialdemokraten ins Stammbuch.

  • Die Wahl der Stellvertreter der Doppelspitze fiel unterschiedlich deutlich aus. Pelin Sentürk (Kamen) erhielt 92,3 Prozent Zustimmung, Sabrina Wernau (Bergkamen) 88,4 Prozent und Sigrid Reihs (Schwerte) nur 75,8 Prozent.

  • Aus der einzigen Kampfabstimmung des Parteitags um das Amt des neuen Schatzmeisters ging Julian Koch (Fröndenberg) als Sieger über Jens Hebebrand (Lünen) mit 78 zu 40 Stimmen hervor.

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