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Nicht mehr Cziehso: SPD setzt auf anderen Spitzenkandidaten für den Kreistag in Unna
Kommunalwahl 2020
SPD-Fraktionschefin Brigitte Cziehso wird wohl nicht mehr Spitzenkandidatin für die Kreistagswahl. Wunschkandidat der Parteiführung ist ein anderer.
Mit Personaldebatten kennen sich Sozialdemokraten aus. Und sie wissen vom Bund bis zur Basis aus leidiger Erfahrung, dass sie eher schaden als nützen. In der SPD-Kreistagsfraktion schwelt bereits eine Personaldebatte, die vor der Kommunalwahl aber nicht noch aufflammen soll: Fraktionschefin Brigitte Cziehso, die für die Kommunalwahl 2014 noch einstimmig für die Spitzenkandidatur neben Landrat Michael Makiolla nominiert worden war, genießt nicht mehr das uneingeschränkte Vertrauen. Es wird bereits über mögliche Nachfolger spekuliert.
So eine Diskussion will die SPD zum jetzigen Zeitpunkt aber unter allen Umständen vermeiden. „Die Partei ist in einer schwierigen Phase“, sagt Parteichef Oliver Kaczmarek. „Welche Person welche Mehrheiten hat, ist jetzt keine Diskussion. Wir müssen uns auf den Wahlkampf konzentrieren und um jede Stimme kämpfen.“ Sein Credo: „Es geht jetzt mehr um Inhalte als um Personen.“
Spitzenkandidat nicht mehr automatisch Fraktionschef
Die Parteiführung sendet vor dem Unterbezirksparteitag nächste Woche deshalb eine klare Botschaft an die Delegierten: Listenplatz eins soll nicht mehr automatisch den späteren Fraktionsvorsitz im Kreistag bedeuten.
Mehr noch: Die Besetzung der vorderen Listenplätze soll einer strengen Parität folgen. Die Stadtverbände und Ortsvereine sollen in absteigender Reihenfolge ihrer Stimmenergebnisse bei der Kommunalwahl 2014 berücksichtigt werden; Frauen zu gleichen Anteilen wie Männer. Lünen vor Unna, Bergkamen, Kamen und so weiter. So soll Streit darüber vermieden werden, wer wen wo in Stellung bringen kann.
Martin Wiggermann Wunschkandidat der SPD-Parteiführung
Mit einer Ausnahme: Die Liste als Spitzenkandidat anführen soll der Wunschkandidat des Parteivorstandes – und das ist nicht Fraktionschefin Brigitte Cziehso, sondern Martin Wiggermann; derzeit Erster Stellvertreter von Landrat Michael Makiolla. Er habe als solcher einen hohen Bekanntheitsgrad und genieße eine hohe Akzeptanz, so Kaczmarek. Zudem seien Wiggermanns Schwerpunkte Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik wichtige Themen für den Wahlkampf.

Martin Wiggermann (SPD) ist stellvertretender Landrat und Vorsitzender des Trägervereines des Jobcenters Kreis Unna: Er soll neben Landratskandidat Mario Löhr Spitzenkandidat der SPD für die Kreistagswahl am 13. September werden. © Stefan Milk
Kaczmarek will diesen Vorschlag der Parteiführung ausdrücklich nicht als Entscheidung gegen Cziehso verstanden wissen. Und auch sie selbst betont, keineswegs enttäuscht zu sein über Listenplatz zwei, der es aller Voraussicht nach wird. „Ich trage diese Verabredung aus voller Überzeugung mit“, sagt sie.
Mario Löhr als Landratskandidat und Martin Wiggermann neben ihm als voraussichtlicher Spitzenkandidat seien „zwei hervorragende Leute an der Spitze“. „Wir müssen uns jetzt für den Wahlkampf gut aufstellen. Nach der Wahl werden wir gucken müssen, vor welchen Herausforderungen wir stehen und dann muss die Fraktion entscheiden, welche Person sie durch diese Herausforderungen führen kann.“
Cziehso hält sich Kandidatur für Fraktionsvorsitz offen
Zu ihren eigenen Ambitionen, nach der Wahl noch einmal für den SPD-Fraktionsvorsitz im Kreistag zu kandidieren, hält Brigitte Cziehso sich bedeckt. „Das entscheide ich nach der Wahl“, sagt sie entgegen früherer Ankündigungen, sich den Fraktionsvorsitz durchaus vorstellen zu können.
Sie genießt nicht mehr das uneingeschränkte Vertrauen. Die Affäre um ihre einstige Genossin Ingrid Kroll etwa und auch der Stiftungsskandal um Haus Opherdicke sind vielen noch in Erinnerung. In diesem Zusammenhang war in der Partei auch die enge Zusammenarbeit mit der CDU-Kreistagsfraktion kritisiert worden.
Wiggermann kann sich Fraktionsvorsitz vorstellen
Martin Wiggermann gilt als möglicher Erbe Cziehsos, sofern die neue Kreistagsfraktion sich an der Spitze tatsächlich neu aufstellen will. Er selbst sagte dazu auf Nachfrage dieser Redaktion, sich den Fraktionsvorsitz zwar durchaus vorstellen zu können – „andere kann ich mir in dieser Rolle aber eigentlich noch besser vorstellen“. Dem Vernehmen nach gibt es tatsächlich mehrere Sozialdemokraten mit Ambitionen auf den Fraktionsvorsitz im Kreistag.