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SPD mit 97 Prozent dafür: Mario Löhr soll der nächste Landrat werden
Landratswahl 2020
Mario Löhr soll Landrat werden – zumindest, wenn es nach der SPD geht. Der amtierende Bürgermeister von Selm wurde am Montagabend offiziell als Kandidat inthronisiert – mit großer Zustimmung.
Es hätte vielleicht einen günstigeren Zeitpunkt gegeben für einen Nominierungsparteitag als diesen Montag nach der Europawahl, den Tag nach dem nächsten deprimierenden Tiefpunkt für die SPD. Doch Mario Löhr sagt: „Jetzt erst recht!“ Er sagt das sehr oft an diesem Montagabend in der Schwerter Rohrmeisterei. Es klingt trotzig und es ist der Versuch, eine Partei, die gerade auch im Kreis Unna ziemlich gerupft daherkommt, wieder aufzurichten.
Löhr hat keinen Gegenkandidaten, und doch ist ihm anzumerken, dass Druck und Anspannung auf ihm lasten.

Nach der Wahl zum Kandidaten: Mario Löhr (l.) nimmt die Glückwünsche des amtierenden Landrats Michael Makiolla und des SPD-Parteichefs Oliver Kaczmarek entgegen. © Kevin Kohues
Der Mann, der sich über fast zehn Jahre als Bürgermeister von Selm den Ruf des hemdsärmeligen Machers erworben hat, wirkt nervös, als er seine Rede vor den 129 stimmberechtigten SPD-Delegierten aus dem ganzen Kreisgebiet beginnt. Der Start gerät denn auch etwas holprig, als Löhr betont, man müsse aus dem Europawahl-Ergebnis die richtigen Schlüsse ziehen, müsse wieder nah bei den Menschen sein, ihnen wieder zuhören. Typische Politiker-Plattitüden – eigentlich so gar nicht das, was Löhr verkörpern will. Er betont, dass er nicht aus der Verwaltung kommt, sondern bis zu seiner ersten Wahl ins Bürgermeisteramt 2009 in der freien Wirtschaft gearbeitet hat. Der gelernte Industriemechaniker hat eine steile Karriere hingelegt, die unter Tage im Bergwerk Heinrich Robert begann und sich beim Entsorgungsriesen Rethmann, heute Remondis, fortsetzte. Zwischendurch streut Löhr in seiner Bewerbungsrede auch ein, dass sein Bruder und er von der Mutter allein großgezogen wurden und sie manchmal zum Amt begleiten mussten.

Blumen für den frisch gewählten Landratskandidaten Mario Löhr gab es vom Parteitagspräsidium um Kreistagsfraktionschefin Brigitte Cziehso (l.). Neben ihr der Schwerter Bürgermeister Dimitrios Axourgos. © Kevin Kohues
Doch den Schwerpunkt seiner Rede legt der 48-Jährige auf seine politischen Ziele. Er werde häufig als Mann der Wirtschaft bezeichnet, schildert Löhr. „Das stimmt, weil ich in der Lage bin, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Es stimmt, weil ich nur ausgebe, was ich einnehme. Es stimmt aber nicht, dass ich wirtschaftlichen Erfolg über politische Verantwortung stelle“, betont er. Er stehe für Sozialdemokratie pur, sagt Löhr einerseits und nennt Punkte wie die Schaffung von Wohnraum, die weitere Senkung der Arbeitslosigkeit, faire Löhne und gleiche Bezahlung für Frauen und Männer. Am längsten widmet sich Löhr aber dem Thema Infrastruktur, insbesondere mit Blick auf klimafreundliche Mobilität. „Wir müssen Abschied nehmen vom Auto als dem allein selig machenden Verkehrsmittel“, ruft Löhr.
Umweltfreundliche Verkehrsmittel stärken
Er wolle mehr Wege zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Kino auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagern und zählt Bus und Bahn, Radfahren sowie Carsharing auf. „Da müssen wir einen bunten Mix etablieren, kräftig investieren. Fachleute nennen das multimodal, ich nenne das vernünftig“, sagt Löhr und erntet dafür manches Schmunzeln. Den Kreis Unna will er zudem aus der „Knautschzone“ zwischen VRR- und Westfalen-Tarif herausholen.
Als weiteren Kernpunkt seines politischen Handelns nennt er Wertschätzung und Respekt. Den Delegierten genügt das, um ihn mit rund 97 Prozent Zustimmung (125 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen, zwei Enthaltungen) zum Kandidaten für die Nachfolge Michael Makiollas zu wählen.