Der Lüner Stadtrat hat am 11. Juli 2019 den Klimanotstand ausgerufen und beschlossen, bei jeder Entscheidung Klimaschutzaspekte abzuwägen und zu berücksichtigen.

© Foto Oskar Neubauer

Gesteckte Klimaschutz-Ziele in Lünen erhitzen die Gemüter

rnKlima-Diskussion

Mitte Juni will die Lüner Verwaltung dem Umweltausschuss die Maßnahmen aus dem „Klimaschutzkonzept der Stadt“ vorstellen. Im Vorfeld fand eine Online-Diskussion zu den Zielen statt.

Lünen

, 04.06.2021, 11:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Zeit drängt: Am 16. September dieses Jahres muss der Lüner Stadtrat „zwingend“ das sich noch in Arbeit befindliche „Klimaschutzkonzept der Stadt Lünen“ beschließen.

Zwingend deshalb, wie Arnold Reeker, Technischer Beigeordneter der Lippestadt, zu Beginn der Online-Diskussion zu den Klimaschutzzielen der Stadt am Dienstagabend (1. Juni) sagte, weil für die Erstellung des Konzeptes und die Einrichtung der Stelle einer Klimaschutzmanagerin (2019) Fördergelder vom Bund geflossen sind.

Bürgermeister hört zu

An der rund dreistündigen, auf 100 Teilnehmer begrenzten öffentlichen Online-Veranstaltung nahmen in der Spitze 76 Personen teil. Neben Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns als Zuhörer und vereinzelten Bürgern waren dies vornehmlich Vertreter der Verwaltung, der Politik, von den Stadtwerken und verschiedenen Interessensgruppen.

Nicht zu vergessen, Lünens Klimaschutzmanagerin Sandra Osowski und Andreas Hübner, Geschäftsführer der am Klimaschutzkonzept beteiligten Essener Ingenieursgesellschaft Gertec.

Hübner stellte gleich zu Beginn seines kurzen Vortrags klar, dass die Stadt Lünen es grundsätzlich nur zu einem Drittel in der Hand hat, die jüngst vom Stadtrat mehrheitlich gegen die Stimmen der Wählergemeinschaft Gemeinsam für Lünen (GFL) beschlossenen Klimaschutzziele zu erreichen. Für den Rest sei im Grunde jeder Einzelne verantwortlich.

Diese Ziele orientieren sich an denen der Bundesregierung, und nicht direkt an denen des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015, was im Laufe des Abends noch kontrovers diskutiert wurde.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April 2021 und mit Blick auf das neue europäische Klimaziel 2030 hat die Bundesregierung am 12. Mai ein novelliertes Klimaschutzgesetz 2021 vorgelegt. Damit verschärft die Bundesregierung nach eigenen Angaben ihre Klimaschutzvorgaben und verankert das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045. Wie es dazu auf der Homepage der Bundesregierung weiter heißt, soll

  • der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 65 Prozent reduziert werden,
  • bis 2045 Treibhausgasneutralität erreicht sein,
  • spätestens bis 2038 der Ausstieg aus der Kohle als Energieträger erledigt sein.

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Das Abkommen von Paris verfolgt vor allem das globale Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf „deutlich unter“ zwei Grad Celsius zu begrenzen mit Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5 Grad Celsius.

„Konzept ist ein Baustein“

Laut Andreas Hübner lassen sich die Lüner Treibhaus-Emissionen gemäß den Zielen der Bundesregierung um 65 Prozent bis 2030 beziehungsweise 76 Prozent bis 2035 mit dem erarbeiteten Maßnahmenkatalog allein nicht erreichen:

„Das Konzept ist ein Baustein auf dem Weg zu einem klimaneutralen Lünen.“

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Der Maßnahmenkatalog soll nach Angaben von Sandra Osowski am 15. Juni im Ausschuss für Klima und Umwelt vorgestellt und diskutiert werden. Unter Berücksichtigung der Diskussionsbeiträge von Dienstagabend. Dazu gehörten:

  • Fridays for Future und der Lüner Initiative gegen globale Armut (Liga) gehen die Klimaziele der Stadt Lünen nicht weit genug. „Wir wollen Lünen bis 2035 klimaneutral sehen“, sagte Emily Plate für beide Organisationen: „Wir fordern die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels von Paris.“
  • Fritz Angerstein vom Arbeitskreis für Umwelt und Heimat plädierte dafür, das Trianel-Kraftwerk schnellstmöglich abzuschalten, Schottergärten bei Neubauten zu verbieten, Verkehrsinseln mit Bienenfutter auszugestalten und Wohnbebauung auf Grünflächen zu begrenzen.
  • Jürgen Heidenreich vom ADFC Lünen sagte, dass „in Lünen die Politik leider noch nicht so weit sei, den Autoverkehr zu reduzieren“. Als Beispiel nannte er kostenlose Parkmöglichkeiten in der City und im Gegensatz dazu das kostenpflichtige Abstellen von Fahrrädern an der Radstation.

  • Silvia Lippert vom Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) schloss sich den Aussagen Heidenreichs an und erklärte, dass der Ausbau der B54 ein Fehler sei, weil man sich damit noch mehr Verkehr in die Stadt hole. In Lünen sagte Lippert weiter, sei noch keine Entscheidung getroffen worden, die für Autofahrer Nachteile gehabt hätte.
  • Hans-Georg Fohrmeister vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sprach sich unter anderem für einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie aus: „Wir brauchen außerdem eine ganze Menge Wasserstoff in sämtlichen Wirtschaftsbereichen.“
  • Die Senioren Iris und Peter Strube wollten eigentlich nur wissen, ob es schon ein Beitrag für den Klimaschutz sei, wenn sie ihr Garagendach bepflanzen. „Das ist ein Beitrag, für den es aber leider noch keine Fördergelder gibt, aber da sind wir dran“, sagte Lünens Technischer Beigeordneter Arnold Reeker.

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Nach den Interessensgruppen gaben Vertreter der Ratsfraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, GFL und FDP einmal mehr ihre Statements zu den Klimaschutzzielen zum Besten, wobei die Aussagen von Klaus Lamczick, SPD-Ratsherr und umweltpolitischer Sprecher der Fraktion, aufhorchen ließen:

„Wir haben mit der CDU eine Arbeitsgruppe gebildet und einen Maßnahmenkatalog erarbeitet“, sagte Lamczick. Das Problem sei jedoch, dass es der Stadt an Geld mangele:

„Wir haben eigentlich kein Geld mehr.“ Grund dafür sei auch der Kita-Ausbau und der Bau von neuen Feuerwehrgerätehäusern.

Was geht, oder nicht geht, wird sicherlich im Umweltausschuss am 15. Juni noch ausgiebig diskutiert werden.

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