Wer dachte, der Tagesordnungspunkt „Bebauungsplan Lünen Nr. 236 'Linden-Quartier V+E'“ sei schnell abgearbeitet, der wurde in der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses im Rathaus eines Besseren belehrt.
Hinter der sperrigen Bezeichnung verbirgt sich nichts anderes als die vom Bauverein zu Lünen geplante Bebauung der 10.000 Quadratmeter großen ehemaligen Mercedes-Fläche im Herzen der Innenstadt.
Stein des Anstoßes der vom Ausschuss im Vorfeld der kommenden Ratssitzung am Donnerstag (15. Dezember) zu beratenden Vorlage waren die darin enthaltenden Ausführungen zum Thema „öffentlich geförderter Wohnungsbau“ - hier Auszüge im Wortlaut:
Stein des Anstoßes
1. Der Rat der Stadt Lünen hat am 26. September 2020 das Konzept ‚Zusammenleben 2030‘ zum öffentlich geförderten Wohnungsbau in Lünen beschlossen.
2. Für die Wohnbauflächenentwicklung im Geltungsbereich des Bebauungsplans wird eine Förderquote von 20 Prozent festgelegt.
3. Der Bauverein zu Lünen plant auf dem Grundstück keinen öffentlich geförderten Wohnungsbau zu realisieren.
4. Alternativ soll für eine Quote von 30 Prozent eine Verlängerung der Wohnungsbindung für mindestens 18 Wohneinheiten im Objekt Günter-Kleine-Str. 3 erfolgen.
5. Für das Objekt ist laut Förderzusage eine Zweckbindung für alle geförderten Wohnungen für eine Dauer von 20 Jahren nach Bezugsfertigkeit festgelegt. Bezugsfertig war das Objekt am 30. Januar 2007.
6. Somit würde die Mietpreis- und Belegungsbindung nicht 2027, sondern 2047 enden. Die Regelungen dazu werden im Durchführungsvertrag getroffen.

Kein geförderter Wohnungsbau
Punkt vier brachte die Ausschussmitglieder der Wählergemeinschaft Gemeinsam für Lünen (GFL) und der SPD mehr oder weniger auf die Palme. Während die GFL monierte, dass das geplante Neubauprojekt gar keinen „geförderten Wohnungsbau“ vorsieht, obwohl der Bauverein dies von Anfang an gegenüber Politik und Verwaltung erklärt habe, wie CDU-Ratsherr und Ausschussmitglied Arno Feller klarstellte, stieß sich die SPD daran, dass nunmehr an der Günter-Kleine-Straße 3 und nicht, wie ursprünglich angegeben, im Lippecenter und am Christinentor eine „Verlängerung der Wohnungsbindung“ vonseiten des Bauvereins geplant ist - wenn auch in Höhe von 30 statt 20 Prozent.
Fragen dazu, wer das mit wem ausgehandelt hat und wieso überhaupt, beantwortete Stadtplaner Thomas Berger so: „Der Vorschlag ist wohl vom Bauverein gekommen und der wird wohl gute Gründe dafür gehabt haben.“ Damit gab sich der Ausschuss mehrheitlich nicht zufrieden und forderte die Verwaltung auf, bis zur Ratssitzung den Punkt „geförderter Wohnungsbau“ nachzuverhandeln.
Das sagt die Stadt
„Die Verlängerung der Wohnungsbindung für das Objekt 'Günter-Kleine-Str. 3' ist Ergebnis der Gespräche zwischen dem Bauverein zu Lünen und der Stadt Lünen, in denen verschiedene in Frage kommende Objekte hinsichtlich ihrer Eignung betrachtet wurden.“
Das sagte Stadtsprecher Daniel Claeßen am Freitag (2. Dezember) im Gespräch mit unserer Redaktion. Dabei seien die Anforderungen der Wohnungsbauförderungsbestimmung hinsichtlich der Ausstattung, der Wohnqualität und der Barrierefreiheit geprüft und verglichen worden.
Auf die Frage unserer Redaktion, ob es, wie vom Ausschuss gefordert, schon ein Gespräch mit dem Bauverein gegeben hat, antworte der Stadtsprecher, dass eine Terminierung für das Gespräch noch nicht erfolgt sei.
Dass die Stadt nicht von vornherein dafür gekämpft hat, dass geförderter Wohnungsbau Bestandteil des Bauvorhabens ist, erklärte Stadtsprecher Daniel Claeßen damit, dass der Vorhabenträger, also der Bauverein, andere Vorstellungen und es aufgrund der Beschlusslage keinen politischen Auftrag dafür gegeben habe.
Andreas Zaremba, Vorstandsvorsitzender des Bauvereins zu Lünen, erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, dass die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens bei Einbeziehung von öffentlich geförderten Wohnungen nicht mehr gegeben wäre, „gerade auch im Hinblick auf die stark gestiegenen Baukosten sowie Zinserhöhungen bei der Darlehensbeschaffung“.
Zur Frage der Wohnungsbindung für das Objekt Günter-Kleine-Straße-3 sagte der Bauvereinsvorsitzende: „Es war der Wunsch der Stadtverwaltung, hier insbesondere des Amtes Wohnen und Soziales. Der Bauverein zu Lünen ist bei der Auswahl der zu belegenden Wohnungen allgemein flexibel.“
Wie es in der Vorlage heißt, beabsichtigt der Bauverein zu Lünen auf der ehemaligen Mercedesfläche in der City die Errichtung von zwei Wohngebäuden sowie eines Büro- und Wohngebäudes. Auf der rund 10.000 Quadratmeter großen Fläche sollen in den beiden neuen Wohngebäuden maximal 65 Wohnungen mit Größen zwischen 50 und 130 Quadratmeter sowie im südlichen Büro- und Wohngebäude vor allem Büro- und Dienstleistungsflächen realisiert werden. Im ersten Obergeschoss und gegebenenfalls auch in den darüber liegenden Geschossen sind Wohnnutzungen vorgesehen. Über einer Tiefgarage soll eine Wasserfläche angelegt werden.
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