Kein Aspartam in Lünen Fachärztin räumt mit Negativ-Schlagzeilen zum Süßstoff auf

Fachärztin räumt mit Negativ-Schlagzeilen zu Aspartam auf
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Aspartam, einer von elf in der EU zugelassenen Süßstoffe, ist mal wieder in aller Munde. Allerdings nicht wortwörtlich, sondern nur im übertragenen Sinne. Grund: Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hat am 14. Juli einen Beitrag in einer Fachzeitschrift veröffentlicht und Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft.

In drei Studien habe es demnach begrenzte Hinweise auf einen Zusammenhang mit einer bestimmten Form von Leberkrebs gegeben. Die Beweislage ist laut der IARC weiterhin begrenzt. Und ohnehin müsste schon eine absurde Menge an aspartamhaltigen Getränken (9 bis 14 Dosen herkömmlicher Größe) konsumiert werden, um den Grenzwert von 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht zu erreichen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ändert ihre Richtlinien deshalb nicht.

Aspartam-Suche in Lünen

Wir haben uns in Lünen trotzdem mal auf die Suche gemacht und geschaut, wo es Süßstoff auf Aspartam-Basis geben könnte.

Im St. Marien Hospital gibt es in dem Café im Erdgeschoss Süßstoff der Marke Cuisine Nobless - ohne Aspartam. Auf der quadratischen Packung steht stattdessen: Tafelsüße auf der Grundlage von Natriumcyclomat und Natriumsaccharin. Sprecherin Paula Klein sagt: „Im Klinikum Lünen-Werne wird einzeln verpackter Süßstoff ausgegeben, der laut Inhaltsliste kein Aspartam beziehungsweise Methanol, sondern Saccharin enthält. Auch der zum Kochen verwendete Flüssigsüßstoff ist auf Saccharin-Basis.“

Es geht weiter, zu der Backwerk-Filiale auf der Lange Straße in der Innenstadt. Dort können sich die Kunden am Süßstoff der Marke Rioba bedienen. Aspartam ist darin nicht enthalten. In der Bäckerei Kanne am Marktplatz können sich die Kunden zwei verpackte Süßstoff-Tabletten der Marke natreen nehmen. Auf der Rückseite steht: Tafelsüße auf der Grundlage von Cyclamat, Saccharin und Sucralose.

Im Extrablatt gibt es Süßstoff ohnehin nur auf explizite Nachfrage und dann von der Marke Huxol, die bekanntermaßen kein Aspartam verwendet. Auch das Seniorenzentrum an der Lippe gibt Patienten und Besuchern keinen Süßstoff auf Aspartam-Basis, heißt es aus Bewohnerkreisen. Einrichtungsleiter Benjamin Lisci sagt: „Wir nutzen generell nicht viel Süßstoff. Die Speisen werden bei uns natürlich gesüßt.“

Die Süßstoff-Packungen der Marken natreen und Huxol liegen auf dem Tisch.
In der Bäckerei Kanne und beim Extrablatt gibt es Süßstoff ohne Aspartam. © Benedikt Iwen

Aus anderem Grund kontraproduktiv

Die Fachärztin Kerstin Wellner-Wielowiejski leitet das Diabeteszentrum in Lünen und ist gelangweilt von der ewigen Süßstoff-Diskussion: „Über Süßstoffe wird viel berichtet. Das kenne ich schon seit Jahren, das ist so sicher wie einmal im Jahr Silvester.“

Und sie räumt direkt mit den Schlagzeilen um die krebserregende Wirkung von Aspartam auf. Es gebe viele Studien, die keinen Zusammenhang zeigen, sagt die Fachärztin. Es gebe zwar Hinweise auf eine Korrelation, räumt die Diabetologin ein, aber keine auf Kausalität. Übersetzt heißt das: Keine Beweise für Ursache und Wirkung.

Ihre Fachgesellschaft sei entsetzt über die erneute Aspartam-Diskussion. Vor allem, weil es für ihren Patientenkreis sogar gefährlich werden kann. Die Ärztin sagt: „Ich habe Patienten, die zu mir kommen und sagen, sie nehmen jetzt wieder richtigen Zucker, weil Süßstoff ja schädlich sei. Der richtige Zucker ist aber das, was wirklich schädlich ist.“

Egal, ob Cola oder Cola light, Industriezucker oder Süßstoff. Die Dosis macht das Gift, sagt Wellner-Wielowiejski. „Ein Glas Cola Light am Tag schadet keinem, damit sollte aber auch kein Durst gelöscht werden.“

Denn die Süßstoffe könnten aus einem anderen Grund kontraproduktiv für die körperliche Gesundheit sein. Wissenschaftlich, sagt die Fachärztin, gebe es Hinweise darauf, dass Süßstoffe zu einer Veränderung im Mikrobiom führen, wodurch sich die Insulinresistenz erhöht und der Glukose-Stoffwechsel verschlechtert. Wichtig: „Das hat aber nichts mit dem Krebsrisiko zu tun.“

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