Bonpflicht trifft in Lünen auf wenig Gegenliebe - Händler kritisieren neues Gesetz

© Matthias Stachelhaus

Bonpflicht trifft in Lünen auf wenig Gegenliebe - Händler kritisieren neues Gesetz

rnKassenbon für Brötchen

Seit Jahresbeginn gilt die Kassenbonpflicht überall. Beim Bäcker, in der Imbissbude, bedingt auch auf dem Markt. Lüner Händler finden das vor allem umweltschädlich und überflüssig.

Lünen

, 03.01.2020, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Einen Kassenbon muss es seit 1. Januar für jeden Kunden bei jedem Einkauf geben. Für alles. Überall und bei jedem Einkauf. Nun, fast überall. Später dazu mehr. Selbst für die Currywurst von der Schlemmerbar am Markt in Lünen gibt es die kleinen Zettel aus Thermopapier jetzt.

Die Begeisterung der Händler über das neue Kassengesetz hält sich in Grenzen. Diplomatisch ausgedrückt. „Ich halte gar nichts davon“, sagt Birgit Naddig-Grieshaber, die am Freitag (3.1.) hinter dem Tresen der Schlemmerbar steht.

Irgendwann, so befürchtet sie, würden die Händler dann gezwungen Pfand für Kassenzettel zu berechnen, damit die Umwelt nicht so stark belastet werde. Denn einfach ins Altpapier kommen die Kassenbons nicht. Das beschichtete Thermopapier muss im Restmüll entsorgt werden.

Kunden brauchen Kassenzettel nicht

Besonders gefragt sind die Bons laut Naddig-Grieshaber an der Imbissbude ohnehin nicht. Wer würde auch eine Currywurst-Pommes-Mayo samt Kassenbon umtauschen wollen oder sie von der Steuer absetzen?

97 Prozent der Kunden am Käsestand von Tanja Bährend auf dem Lüner Marktplatz sehen das wohl genauso, wollen den Bon gar nicht haben. „Das ist meiner Meinung nach völliger Quatsch“, sagt Bährend.

Frische Ware, die wenig verpackt verkauft wird. Auch das macht einkaufen auf dem Markt nachhaltig.

Frische Ware, die wenig verpackt verkauft wird. Auch das macht einkaufen auf dem Markt nachhaltig. © Matthias Stachelhaus

Das neue Kassengesetz, dem die Bonpflicht zu Grunde liegt, soll Umsatzsteuerbetrug bei Gewerbetreibenden verhindern. Zusätzlich verpflichtet es Nutzer von elektronischen Registrierkassen oder PC-gestützte Kassensystemen, auf ein fälschungssicheres System umzustellen.

Die Pflicht, jedem Kunden einen Kassenbon auszustellen trage allerdings nicht zu mehr Sicherheit vor Betrug bei. „Wenn man betrügen will, kann man das. Auch wenn man Kassenbons ausgibt“, sagt Bährend.

Offene Kassen brauchen keinen Bon

Keine Kassenbons, nach wie vor, gibt es bei Thomas Fränzer. Kartoffeln, Eier und Obst wechseln bei seinem Marktstand in der Altstadt den Besitzer. Der Grund: Hier wird mit der sogenannten offenen Kasse gearbeitet. Eine Pflicht, auf elektronische oder digitale Kassen umzusteigen, gibt es in Deutschland derzeit nicht.

Beim Marktstand von Thomas Fränzer gibt es noch keine Kassenbons, weil hier das System der offenen Kasse zum Einsatz kommt.

Beim Marktstand von Thomas Fränzer gibt es noch keine Kassenbons, weil hier das System der offenen Kasse zum Einsatz kommt. © Matthias Stachelhaus

Das würde für Fränzer auch gar keinen Sinn ergeben. Der Gemüsestand ist offen. „Bei Regen wären die Kassen wahrscheinlich bis zum Mittag kaputt“, sagt der Händler. Bei 10 bis 15.000 Euro geschätzter Investitionssumme, die für vier miteinander vernetzten Kassen an seinem Stand anfallen würden.

Auch vom zeitlichen Aspekte sieht der Obsthändler eine elektronisches Kassensystem für seinen Stand eher kritisch. Jetzt im Winter ginge das noch, aber während der Spargelzeit? Ausgeschlossen. „Wir müssen hier in vier Stunden den gleichen Umsatz machen wie ein Supermarkt am ganzen Tag. Das kann dann gar nicht funktionieren“, so Fränzer.

Papiermüll konterkariert Nachhaltigkeit

Und die Lüner Brötchenmacher? Landauf landab wettert die Gilde der Bäcker gegen die Kassenbonpflicht. Den „größten Quatsch aller Zeiten“, nannte es Jürgen Hinkelmann, Geschäftsführer der Bäckerei Grobe im November.

Auch bei der Bäckerei Kanne, die 16 Filialen in Lünen betreibt, sieht man die Pflicht zum Kassenbon skeptisch. Auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit und den Klimaschutz.

„Wir haben unser Verpackungssystem umgestellt, um nachhaltiger Arbeiten zu können“, sagt Simone Quante, Assistentin der Geschäftsführung auf Nachfrage unserer Redaktion. Brötchentüten und Verpackungen „to go“ ließen sich nicht vermeiden, aber man habe etwa die sogenannten Polybeutel fast komplett abgeschafft. Der zusätzliche Papiermüll konterkariere diese Bemühungen.

Große Investitionen mussten bei Kanne nicht gemacht werden. Ein digitales Kassensystem gibt es schon. Es wurde zu Jahresbeginn lediglich umgestellt. „Auch vorher konnten Kunden immer einen Kassenbon haben“, so Quante. Erfahrungswert: Auch beim Lüner Bäcker wird das kaum bis gar nicht gefragt.