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Letzter Tag im Impfzentrum Kreis Unna: So geht es für Impfwillige weiter
Corona
211.000 Impfungen, viel Menschlichkeit und verloren gegangene Eheleute: Das Team des Impfzentrums in der Kreissporthalle in Unna zieht Bilanz.
62,8 Prozent der Menschen im Kreis Unna sind durchgeimpft. Dazu wurden kreisweit 497.000 Dosen gespritzt, von denen 211.000 aufs Konto des Impfzentrums in der Kreissporthalle gehen. Bevor die Priorisierung fiel und als Arztpraxen noch nicht impfen duften, bewältigten dort hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich einen enormen logistischen Aufwand. Jetzt ist nach acht Monaten Schluss. Vorgeschrieben durch das Land wird das Impfzentrum zum 30. September schließen. Am Mittwoch wurden die letzten Dosen verabreicht.
Für Landrat Mario Löhr und Gesundheitsdezernent Uwe Hasche ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen – und vor allem danke zu sagen. Dem gesamten Team und besonders dem Service- und Logistikleiter Holger Gutzeit, der dafür verantwortlich war, dass aus der Sporthalle ein modernes Impfzentrum entstanden ist.
Binnen drei Wochen war der Kreis startklar
Drei Wochen habe es vom Erlass bis zur Fertigstellung des Impfzentrums gedauert, blickt Uwe Hasche zurück. Dann galt es abzuwarten, bis die Impfungen in der Kreissporthalle am Montag, 8. Februar, tatsächlich starten konnten. Nicht nur die Umgestaltung der Halle war eine Herausforderung. „Das zweite Problem war es, die Mitarbeiter zu generieren“, sagt Holger Gutzeit rückblickend. Um das Team von über 300 Mitarbeitern zusammenzustellen, hatte der Kreis nur wenige Wochen Zeit.

Wo einst jeder Anmeldeplatz besetzt war und es lange Schlangen gab, ist es jetzt leer. Das Impfzentrum des Kreis Unna ist ab dem 1. Oktober geschlossen und wird zum Testzentrum umgebaut. Dann können in die alte Kreissporthalle die Sportler zurückkehren. © Hornung
Dazu habe er unter anderem Personal über die Arbeitsagentur gesucht und mit Zeitverträgen ausgestattet. Ein Teil könne sogar übernommen werden. Auf eine Zeitarbeitsfirma zurückzugreifen, sei nämlich nicht infrage gekommen.
Zu Spitzenzeiten arbeiteten pro Schicht – es gab zwei Tagesschichten – rund 80 Mitarbeiter am reibungslosen Ablauf: von der Impfhotline über Terminvergabe, Anmeldung, Impfung, Nachbeobachtung bis hin zur Reinigung und dem Sicherheitsdienst.
Am turbulentesten – vor allem für die Mitarbeiter an der Anmeldung und hinter dem Telefonservice – waren die ersten Wochen, in denen nach und nach neue Priorisierungsstufen erreicht wurden. „Wir hatten über 100.000 E-Mails zu beantworten“, so Koordinatorin Sandra Pflanz. Denn nicht jeder Impfwillige war korrekt informiert. Die Menschen, die meistens zu Risikogruppen gehörten, hatten „berechtigte Sorgen und Nöte“ und mussten von den Mitarbeitern trotzdem oft vertröstet werden.
Immer wieder neue Herausforderungen
40 Impferlasse des Landes, die kurzfristig umzusetzen waren, sorgten für immer neue Herausforderungen. Dazu gehörten die Öffnung des Impfzentrums für neue Personengruppen wie Jugendliche, Kinder und Schwangere. Und auch die Kehrtwenden zum Astrazeneca-Impfstoff.
Mit 395.885 Dosen wurde Biontech im Kreis mit Abstand am meisten verimpft. Biontech erhielten 79,9 Prozent der inzwischen Durchgeimpften. Nur 64.095 Dosen wurden von Astrazeneca verimpft. Das sind 12,89 Prozent. 5,12 Prozent machte der Anteil der Moderna-Impfungen aus und nur 2,4 Prozent der Geimpften erhielten Johnson und Johnson.
Der Ton hat immer gestimmt
Neben harten Zahlen blickt das Team des Impfzentrums auch auf kuriose und menschliche Momente zurück. „Der Ton hat immer gestimmt“, hätten die vielen Geimpften zurückgemeldet. Das kann Dr. Jürgen Wentzek bestätigen, der begeistert war, wenn sogar ganze Klassen voller ängstlicher Schüler ohne Komplikationen ihre Spritze erhielten.
Uwe Hasche erinnert sich auch an skurrile Momente: Eine Frau vergaß nach ihrer Impfung den Ehemann und fuhr ohne Gatten nach Hause. Ein Ehemann vermisste seine Frau, die er eigentlich am Impfzentrum hat abholen wollen. Doch die war nie dort, sondern mit ihren Freundinnen Kaffee trinken. Sie hatte den Termin vergessen – und sorgte so für helle Aufregung beim Kreis und einen Polizeieinsatz.
Bis Sportler in die neue Kreissporthalle II zurückkehren können, wird es noch eine Weile dauern. Denn das bisher in der alten Kreissporthalle I untergebrachte Testzentrum zieht in die Kreissporthalle II um. Dafür soll die alte Kreissporthalle dann bald wieder für Schulsport und Vereine nutzbar sein.
Kreis stellt Covid-Impfeinheit auf
Das Land hat inzwischen einen Plan vorgelegt, wie es für Kreise und kreisfreie Städte in NRW nach dem Ende der Impfzentren weitergeht: Ab dem 1. Oktober sollen sogenannte „Koordinierende Covid-Impfeinheiten“ eingerichtet werden. Diese Einheiten bestehen aus zwölf Personen, die schon vorher im Impfzentrum und seit Monaten mit der Bekämpfung der Pandemie beschäftigt waren.
Sie sollen in Zukunft sicherstellen, dass jede interessierte Person in einem Pflegeheim eine Auffrischungsimpfung erhält. Zudem sind sie als Vermittler zwischen Impflingen und Ärzten tätig und organisieren niederschwellige Impfangebote.
Die mobilen Aktionen sollen in Unna weiter fortgesetzt werden. In Ausnahmefällen, etwa bei noch ausstehenden Zweitimpfungen oder Booster-Impfungen für Senioren, deren Hausarzt noch keine Kapazitäten hat, wird weiter in der Kreissporthalle, die dann hauptsächlich Testzentrum ist, geimpft.
Jahrgang 1988, aufgewachsen in Dortmund-Sölde an der Grenze zum Kreis Unna. Hat schon in der Grundschule am liebsten geschrieben, später in Heidelberg und Bochum studiert. Ist gerne beim Sport und in der Natur.
