IHK-Präsident warnt "Wohlstandsverluste in bislang unvorstellbarem Ausmaß"

Von Kevin Kohues
IHK warnt vor „Wohlstandsverlusten in bislang unvorstellbarem Ausmaß“
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Hohe Energiepreise und Inflation belasten die Wirtschaft im Ruhrgebiet und damit auch im Kreis Unna massiv. So pessimistisch wie derzeit waren die Unternehmen der Region zuletzt als Folge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise Anfang 2009. Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern aus dem Ruhrgebiet, die am 24. Oktober vorgestellt wurde.

Stark eingebrochen sind demnach vor allem die Erwartungen. Die zukünftige Geschäftslage sieht mehr als jeder zweite Betrieb (52 Prozent) pessimistisch. Vor einem halben Jahr erwartete nur jedes sechste und vor einem Jahr jedes siebte Unternehmen eine negative weitere Entwicklung.

Auch der Konjunkturklimaindex sackte ab. Er fiel um 38 auf 77 Punkte. Einen solchen Absturz des Geschäftsklimas hat es seit dem Jahr 2003 nicht mehr gegeben. Damals lag der Index bei 68 Punkten.

IHK für Kernkraft „bis zum Ende der Krise“

„Das Stimmungsbild“, sagt Heinz-Herbert Dustmann, „hat sich drastisch verändert seit Kriegsbeginn.“ Der Präsident der IHK zu Dortmund nennt als weitere Gründe die seit der Corona-Pandemie gestörten Lieferketten und selbstredend die Preisentwicklung mit den explodierenden Energiekosten.

Der Handel spüre bereits jetzt, dass Kunden wegblieben. Und ohne Kunden funktioniere die Wirtschaft nun einmal nicht. Dustmann sparte ebenso wenig wie IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber mit Kritik an der Regierung. Statt ideologische Debatten zu führen, müssten alle verfügbaren Kernkraftwerke bis zum Ende der Krise weiterlaufen, alle Kohle- und Ölkraftwerke in den Markt zurückgeholt werden, lautet eine zentrale Forderung der IHK. Mit Blick auf den Klimaschutz nannten die IHK-Spitzen grünen Wasserstoff als Energieträger, der Erdgas, Öl und Kohle ersetzen könne – freilich wohl erst auf lange Sicht.

Stefan Schreiber ist Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund, die auch für den Kreis Unna zuständig ist.
Stefan Schreiber ist Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund, die auch für den Kreis Unna zuständig ist. © IHK/Silvia Kriens

Geschäftsaufgaben sind „bittere Realität“

Allerdings, auch das ist Teil der Wahrheit: Noch beurteilen vier von fünf Unternehmen ihre derzeitige Geschäftslage mit gut oder befriedigend. Und die Gas- und Strompreisbremsen könnten in der akuten Krise helfen, wenngleich sie keine Dauerlösung seien. „Wir müssen weiter mit Tempo an der massiven Ausweitung des Energieangebots auf allen Ebenen arbeiten“, so Heinz-Herbert Dustmann.

Dass in der Industrie mittlerweile einzelne Produktionsanlagen stillgelegt würden, um Energie einzusparen, und im Handel Geschäftsaufgaben wegen immenser Preissteigerungen inzwischen „bittere Realität“ seien, veranlasste den IHK-Präsidenten dann dennoch zu einer eindringlichen Warnung: „Wenn diese Einzelfälle zum Trend werden, drohen unserer Gesellschaft Wohlstandsverluste in bislang unvorstellbarem Ausmaß“, so Dustmann.

Die IHK habe allerdings im Schulterschluss mit Landrat Mario Löhr sowie den beiden Oberbürgermeistern Thomas Westphal (Dortmund) und Marc Herter (Hamm) vereinbart, bei unternehmerischen Schieflagen kurzfristig zusammen zu kommen. „Dann“, so kündigte Stefan Schreiber an, „kommen Fachleute von Gewerkschaften, Banken, Energieversorgern, der IHK und Handwerkskammer an einen Tisch, um gemeinsam das Problem zu lösen.“

  • An der Umfrage der Ruhr-IHKs zum 109. Konjunkturbericht haben von Ende September bis Anfang Oktober rund 700 Unternehmen mit 84.000 Beschäftigten teilgenommen.
  • Beteiligt waren die IHKs Dortmund (mit dem Kreis Unna und Hamm), Duisburg, Essen, Mittleres Ruhrgebiet und Nord Westfalen (Emscher-Lippe-Region).

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