Hubert Hüppe (64, CDU) während der Kreistagssitzung am Donnerstag in der Stadthalle in Kamen.

© Stefan Milk

Neue Förderschule: Hüppe (CDU) stimmt gegen seine eigene Fraktion

rnKreistag Unna

In Lünen soll eine neue Förderschule für die Geistige Entwicklung von Kindern gebaut werden. Das hat der Kreistag beschlossen – obwohl sich der profilierteste Experte in seinen Reihen dagegen aussprach.

von Kevin Kohues

Lünen, Bergkamen, Werne, Selm

, 26.02.2021, 12:50 Uhr / Lesedauer: 2 min

Hubert Hüppe (64, CDU) vertrat den Kreis Unna über Jahrzehnte im Bundestag und war sogar vier Jahre lang, von 2009 bis 2013, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung. Er ist gewiss derjenige Politiker im aktuellen Kreistag, der in Angelegenheiten der Inklusion von Menschen mit Behinderungen die größte Expertise besitzt.

Und doch folgte die Volksvertretung des Kreises seinen Argumenten am Donnerstag (26. Februar) nicht. Es wird im Kreis Unna eine weitere, dritte Förderschule für Kinder mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung gebaut, und zwar in Lünen. Das hat der Kreistag nun mehrheitlich beschlossen.

Hüppe: „Weitere Förderschule ist für Schüler nicht von Vorteil“

Hubert Hüppe stimmte dagegen, der Rest der 21-köpfigen CDU-Fraktion dafür. Ein ungewöhnlicher Vorgang, den Hüppe mit seiner persönlichen Überzeugung begründete. „Ich stimme dem Antrag nicht zu, weil ich glaube, dass eine weitere Förderschule für Geistige Entwicklung für die betroffenen Schülerinnen und Schüler nicht von Vorteil sein wird“, sagte Hüppe.

Bodelschwinghschule in Heil soll entlastet werden

Bisher gibt es zwei solcher Förderschulen im Kreisgebiet: die Bodelschwinghschule in Bergkamen-Heil für den Nordkreis und die Karl-Brauckmann-Schule in Holzwickede für den Südkreis. Beide sind sanierungsbedürftig und stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen, vor allem die Schule in Heil, an der viele Kinder aus Lünen und Selm unterrichtet werden. Für Entlastung soll der neue Standort in Lünen sorgen. In der größten Stadt des Kreises wohnten 90 potenzielle Schüler, in Selm weitere 40, wie Johannes Hofnagel von „Gemeinsam für Lünen“ (GfL) im Kreistag ausführte. Sie sollen künftig ein wohnortnahes Schulangebot erhalten.

Die Bodelschwinghschule in Heil soll durch den neuen Förderschul-Standort in Lünen entlastet werden.

Die Bodelschwinghschule in Heil soll durch den neuen Förderschul-Standort in Lünen entlastet werden. © Marcel Drawe

Hubert Hüppe hielt freilich mit anderen Zahlen dagegen. Er habe sich bei der Bodelschwinghschule informiert und erfahren, dass es zuletzt nur ein Schulabgänger in den normalen Arbeitsmarkt geschafft habe. Alle anderen arbeiteten entweder in einer Behindertenwerkstatt oder seien arbeitslos. Hüppe: „Ich bin nicht bereit für eine weitere Förderschule zu stimmen, bevor hier nicht mal ein Konzept überlegt wird, um die Inklusion zu stärken.“

Hüppe fordert Inklusionskonzept von der Kreisverwaltung

Die Anmeldezahlen zeigten zwar, dass der Elternwille in Richtung Förderschule gehe, räumte Hüppe ein. Er stellte aber die Frage nach dem „Warum“ und gab die Antwort gleich mit: „Weil der inklusive Unterricht vor Ort immer noch nicht gut genug funktioniert.“ Er wünsche sich daher, dass die Kreisverwaltung ein Konzept zur Inklusion erarbeite, damit die betroffenen Schüler auch wirklich eine Alternative hätten.

Mehrheit des Kreistags sieht dringenden Handlungsbedarf

Die Mehrheit im Kreistag sah das freilich anders und verwies auf dringenden Handlungsbedarf im Sinne der Schüler. Er habe große Sympathie für die Argumente von Hüppe, sagte etwa Herbert Goldmann, Chef der Fraktion Grüne im Kreistag. „Aber wir müssen auch irgendwann mal eine Entscheidung treffen ob der sich entwickelnden Schülerzahlen.“

Landrat Mario Löhr kündigte aber an, dass sich der zuständige Fachausschuss der Frage nach einem Inklusionskonzept annehmen werde.

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Für einen Antrag der CDU, die die Suche nach einem Standort für die neue Förderschule auf das Stadtgebiet Lünen nördlich der Lippe beschränken wollte, um die Wege für Schüler aus Selm und Werne möglichst kurz zu halten, fand sich indes keine Mehrheit. Für die neue Schule kommt nach dem Beschluss nun im Prinzip das ganze Stadtgebiet in Frage.

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