Schon seit Tagen ist die Lippebrücke an der Münsterstraße ein beliebter Punkt für Schnappschüsse. Das Hochwasser der Lippe bewegt die Lünerinnen und Lüner. Kaum jemand überquerte am Donnerstagmorgen (28.12.) den Fluss, ohne ein Foto mit dem Handy zu schießen.
Die am Nordufer in den Wassermassen versunkene Treppenkaskade oder die zwei rot-weißen Schrankenzäune, die gerade nur noch leicht aus dem Fluss herausragen, standen allerdings nicht im Fokus der Neugierigen. Vielmehr waren es die Herren in orangen Warnschutzjacken, die mit ihrer Arbeit die Blicke auf sich zogen. Am Südufer oberhalb und unterhalb des Pegelhauses brachten sie Holzbretter an dem vorhandenen Geländer an, um die Schutzmauer auf etwa 60 Metern um 50 Zentimeter zu erhöhen.
Dass der Schutz notwendig sein wird, zeichnete sich am Donnerstag nicht ab. Nachdem der Pegel der Lippe am Tag zuvor zeitweise über 6,60 Meter lag, ging der Wasserstand bis zum Beginn der Arbeiten auf 6,30 Meter zurück. „Der Lippeverband hat aktuell keinen Grund zur Annahme, dass in nächster Zeit noch ein relevanter Anstieg bevorsteht“, teilte das Wasserwirtschaftsunternehmen im Zuge der Bekanntgabe der Errichtung einer Hochwasserschutzwand mit.
Einzeln nummerierte Bretter
Die Umsetzung der Maßnahme hatte einen anderen Grund: „Um eine personelle Doppelbelastung am Wochenende zu vermeiden, hat sich der Lippeverband dazu entschieden, die Wand an der Lippe bereits am Donnerstag zu montieren.“ Damit auch alles an die richtige Stelle gesetzt werden konnte, sind die Bretter der Schutzwand, die bis zu ihrem Einsatz auf dem Bauhof gelagert wurden, einzeln nummeriert. Sollte das Hochwasser tatsächlich die Wand erreichen, würde sie mit Sandsäcken zusätzlich abgedichtet.
Ilias Abawi, Sprecher des Lippeverbandes, betont aber: „Die Maßnahme dient der Sicherheit für den Fall der Fälle, der höchstwahrscheinlich nicht eintreten wird. Bei dieser Hochwasserschutzwand müsste ein hundertjähriges Hochwasserereignis eintreten. Das werden wir hier nicht haben.“ Sollte es wider Erwarten doch anders kommen, müsste am Wochenende (30./31.12.) auch an der Preußenstraße an der Seseke eine Hochwasserschutzwand errichtet werden.

Zur Holzkonstruktion am Lippeufer sagt Ilias Abawi: „Die mag relativ profan aussehen, hat aber eine sehr gute Wirkung, weil sie eine Lücke schließt.“ An dieser Stelle wurde die Eindeichung der Lippe nämlich herabgesetzt, „um den Fluss als wesentlichen Bestandteil der City sichtbar zu machen“, so die Argumentation der Stadtverwaltung. „Mit der Schutzwand wird der Deich nun wieder auf das Niveau gebracht, das im gesamten Stadtgebiet herrscht.“
Präventionskonzepte
Davon, dass dieses Niveau ausreichen wird, zeigt sich der Lippeverband trotz angekündigtem Regen überzeugt. „Die fallenden Pegel werden dann stagnieren“, prognostiziert Ilias Abawi bis Neujahr. „Danach wird sich das normalisieren, bis die Lippe nach etwa zwei Wochen wieder ihren Normalstand hat – wenn es bis dahin nicht weiter regnet.“

Statistisch betrachtet gibt es so ein Hochwasser wie aktuell auf der Lippe alle 10 bis 25 Jahre. „Allmählich muss man sich davon verabschieden. Der Klimawandel wird all diese Statistiken durcheinanderwirbeln“, warnt Abawi. Zur Abmilderung der Folgen arbeite der Lippeverband zusammen mit den Kommunen an Präventionskonzepten. Unter anderem seien mehr Rückhalteflächen für Hochwasser- und Starkregenereignisse erforderlich.
Höherer Grundwasserdruck
Auch auf Hausbesitzer nimmt das Hochwasser aktuell Einfluss. Die Stadt Lünen teilt mit, dass sich der Druck des Grundwassers erhöht: „Dies kann in Einzelfällen dazu führen, dass Wasser durch die Kellerwände in Häuser eindringt.“
Das sofortige Abpumpen des Wassers sei nicht automatisch die beste Lösung, da sich der Druck des Grundwassers vorerst nicht verändert und die Keller somit schnell wieder volllaufen würden. Besondere Vorsicht sei geboten, wenn im Keller stromführende Leitungen lägen. Dann sollte er vorerst nicht betreten werden.
Einsatz am städtischen Rückhaltebecken
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Am Donnerstagabend gab es noch einen Einsatz am städtischen Rückhaltebecken nahe des GWA-Wertstoffzentrums. Das Becken, das durch den Stadtbetrieb Abwasserbeseitigung Lünen (SAL) betrieben wird, war übergelaufen. Rund 50 Kräfte vom THW aus Werne und Lünen pumpten das Becken unter der Einsatzleitung der Feuerwehr Lünen leer. Für das Wertstoffzentrum war das aber ungefährlich.