Nach den Ratsfraktionen von CDU und FDP nimmt nun auch die SPD-Fraktion auf Nachfrage unserer Redaktion Stellung zu der von Lünens Kämmerer Dr. André Jethon (SPD) verhängten Haushaltssperre. Über die Sperre hatte die Stadt formlos per Pressemitteilung (PM) am Donnerstag (29. August) informiert. Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns hat sich bislang nicht dazu geäußert (Stand Mittwoch, 4. September).
Wie es in der schriftlichen Antwort der SPD-Fraktion vom Mittwoch (4. September) heißt, „sieht sich die Stadt mit unvorhergesehenen Mehrkosten für das Haushaltsjahr 2024 konfrontiert. Kämmerer Dr. André Jethon hat in dieser Situation sehr verantwortungsbewusst entschieden und eine Haushaltssperre verhängt“. Die Entscheidung sei nicht leichtfertig getroffen worden, sondern zeuge von der Notwendigkeit, die städtischen Finanzen wieder auf Kurs zu bringen.

Pensionsrückstellungen
Wie berichtet, hatte es in der PM der Stadt geheißen, dass die Verwaltung zusätzlich 6,5 Millionen Euro für Pensionsrückstellungen berücksichtigen müsse. Dieser Mehraufwand sei in der Haushaltsplanung für 2024 nicht absehbar gewesen. „Stand heute zeichnet sich ab, dass ohne Verfügungsbeschränkungen dieser Bedarf nicht kompensiert werden kann“, so Jethon laut Mitteilung.
Derweil schreibt die SPD-Fraktion weiter, dass die SPD bereits mit dem Haushaltsbegleitbeschluss „Lünen steuert gegen – Wir steuern mit“ angezeigt habe, dass Schritte erforderlich sind, die schwierige finanzielle Lage der Stadt Lünen zu verbessern: „Wir bedauern, dass Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns diesen Beschluss – anstatt ihn umzusetzen, um eine Verbesserung der Haushaltssituation in Lünen zu erreichen – diesen beanstandet hat.“
Appell an Bürgermeister
Nun sei eine umsichtige und verantwortungsvolle Herangehensweise seitens politischer Akteure und Verwaltung gefordert, erklärte die SPD-Ratsfraktion: „Wir fordern Bürgermeister Kleine-Frauns auf, dringend Einsparmöglichkeiten im organisatorischen Bereich zu suchen. Um die Finanzlage zu stabilisieren, sind parteiübergreifende Kompromisse erforderlich. Dies kann zu einer verstärkten Kooperation zwischen den Fraktionen führen, insbesondere wenn alle Beteiligten das gemeinsame Ziel verfolgen, die Haushaltssperre so schnell wie möglich zu beenden.“ Deswegen erwarte die SPD-Fraktion ein Zusammenstehen aller demokratischen Parteien in dieser Situation: „Wir appellieren an den Bürgermeister, diese Herausforderung entschlossen und mit einem klaren Blick für die Zukunft unserer Stadt anzugehen, insbesondere unter dem Hinblick der kommenden Haushaltsjahre, die aufgrund der angespannten finanziellen Lage kaum zu kalkulieren sind.“
Steuererhöhungen
Daneben erwarte man „schnellstmöglich Klarheit, wie es mit verschiedenen Projekten und geplanten Veranstaltungen in Lünen weitergeht. Wichtig ist es uns Sozialdemokraten, dass wesentliche Leistungen weiterhin erbracht werden können. Bei allen Aufwendungen für Familien (Bildung, Kita, Wohnen und Vereinsleben) sowie für die Sicherheit in Lünen dürfen mögliche Einsparungen oder Streichungen nur mit Augenmaß erfolgen. Wir möchten auch gerne auf Steuererhöhungen weiterhin verzichten, das wird aber nur gelingen, wenn Bund und Land ebenso mitspielen, wie ein Zusammenwirken und Beschränken auf kommunaler Ebene, Verwaltung und Politik gelingt. Auch hier ist der Bürgermeister gefragt.“
Allgemeine Misere
Abschließend weist die SPD-Fraktion in ihrer Antwort auf unsere Anfrage darauf hin, dass Lünen mit den finanziellen Problemen nicht allein dastehe: „Fast alle Städte und Gemeinden in NRW bewerten ihre Finanzsituation bis 2028 eher schlecht bis sehr schlecht. Was wir brauchen, ist eine echte Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung, auch im Hinblick auf ständig steigende Sozialkosten. Eine Hilfe vom Bund und Land – auch über einen Altschuldenschnitt – wird dringender benötigt als je zuvor.“
CDU und FDP
- Zu etwaigen Konsequenzen der Haushaltssperre hatte FDP-Fraktionsvorsitzender Karsten Niehues gegenüber der Redaktion unter anderem erklärt, „dass wir gerne vermeiden wollen, dass man stumpf das kommunale Abgabenrecht nutzt und die Bürger zusätzlich zu Kasse bittet“. Für entsprechende Gespräche stehe die FDP-Fraktion allen Ratsfraktionen zur Verfügung: „Wir, die etablierten Parteien, müssen den Karren aus dem Dreck ziehen, dies nicht auf eine Zeit nach September 2025 (Kommunalwahl, Anm. d. Red.) verschieben.“
- „Die CDU-Fraktion bedauert, dass es zu einer Haushaltssperre kommt und wir werden uns darüber austauschen, warum die erforderlichen, höheren Pensionsrückstellungen erst so spät entdeckt worden sind.“ Das hatte CDU-Fraktionschef Christoph Tölle der Redaktion am Freitag (30. August) auf Anfrage schriftlich mitgeteilt: „Wir werden uns auch in schwierigen Zeiten weiterhin dafür einsetzen, dass es trotz prekärer Haushaltslage keine Steuererhöhungen für die Lünerinnen und Lüner gibt. Mit Sorge schauen wir, dass das Ehrenamt in Sport, Jugend, Kultur und Feuerwehr jetzt Einschränkungen verkraften muss.“ Wichtige Infrastrukturprojekte, hatte Christop Tölle weiter geschrieben, „wie der Ausbau von Radwegen, die Versorgung mit Kita- und OGS-Plätzen stehen auf der Kippe. Wir fragen uns natürlich, ob es keine milderen Mittel, als die Haushaltssperre gab. Zeitgleich fordern wir, dass insbesondere bei bestehenden Bauprojekten eine höhere Kostendisziplin herrscht.“
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