Es gibt eine Haushaltssperre in Lünen – sie tritt ab sofort in Kraft, wie die Stadt Lünen am Donnerstag (29. August) in einer Pressemitteilung erklärte. „Die Stadt Lünen sieht sich mit unvorhergesehenen Mehrkosten für das Haushaltsjahr 2024 konfrontiert: Wie Stadtkämmerer Dr. André Jethon mitteilt, müssen zusätzlich 6,5 Millionen Euro für Pensionsrückstellungen berücksichtigt werden.“
Dieser Mehraufwand sei in der Haushaltsplanung für 2024 nicht absehbar gewesen. „Stand heute zeichnet sich ab, dass ohne Verfügungsbeschränkungen dieser Bedarf nicht kompensiert werden kann“, so Jethon.
Der Stadtkämmerer habe sich deshalb dazu entschlossen, die Notbremse zu ziehen und mit sofortiger Wirkung eine haushaltswirtschaftliche Sperre für die Stadtverwaltung auszusprechen. „Im Rahmen dieser Sperre ist nun alles zu unternehmen, um einen möglichen Jahresfehlbetrag 2024 so gering wie möglich zu halten, und um das ohnehin geringe Eigenkapital der Stadt zu schützen.“ Dies geschehe mit Blick auf die kommenden Haushaltsjahre, die für die Kämmerei ohnehin aufgrund der angespannten finanziellen Situation schwierig zu kalkulieren seien.
Hintergrund der Sperre
Die Stadt Lünen ist gesetzlich verpflichtet, ausreichende Rückstellungen für die Pensionsansprüche ihrer verbeamteten Beschäftigten zu bilden. Die Veranschlagung der jährlichen Summe für diesen Aufwand richte sich „nach einem renommierten Gutachten“, in dem die Prognose für die Stadt Lünen innerhalb kurzer Zeit nach oben korrigiert worden sei.
Das Problem betreffe aber auch viele andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen, betont Jethon. „Aufgrund von zu berücksichtigenden Besoldungsanpassungen und neuer Berechnungen sind höhere Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen notwendig.“
Obwohl dieser zusätzliche Finanzbedarf keine Nachtragssatzung nach der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens (GO NRW) erfordere, stelle er laut Jethon eine erhebliche Belastung für den städtischen Haushalt dar. Die ausgesprochene Haushaltssperre soll deshalb die finanzielle Stabilität der Stadt Lünen sichern.
Die Haushaltssperre bedeutet, dass die Stadt Lünen ab sofort nur noch unbedingt notwendige Ausgaben tätigen darf. Der Stadtrat kann die Sperre des Kämmerers laut Paragraf 81 GO NRW aber auch wieder aufheben.
Eingeschränkte Ausgaben
Lediglich Ausgaben, für die vor dem 29. August 2024 „eine rechtliche Verpflichtung eingegangen“ wurde oder die „zur Erfüllung dringend notwendiger Aufgaben unaufschiebbar“ sind, dürfen noch getätigt werden.
Fortsetzung laufender Projekte
Bereits begonnene Bauprojekte, Beschaffungen und Investitionen dürfen weitergeführt werden, jedoch nur, wenn sie „über die Planungsphase hinaus“ fortgeschritten sind. Auch bereits veröffentlichte Ausschreibungen können abgeschlossen werden.
Einschränkung von Übertragungen
Haushaltsmittel, die aus dem Jahr 2023 in das Jahr 2024 übertragen wurden, reduzieren das laufende Budget.
Einstellungssperre
Frei werdende Stellen werden bis zum Jahresende nicht neu besetzt. Allerdings darf die Stadt ein Einstellungsverfahren, das bereits begonnen hat, abschließen. In diesen Fällen sind Ernennungen, Einstellungen und Beförderungen weiterhin möglich.
Ausnahmen
Von der Haushaltssperre ausgenommen sind Ausgaben, die überwiegend durch Gebühren oder Fördermittel gedeckt sind. Sollte es trotz der strengen Vorgaben notwendig sein, über die gesperrten Beträge hinaus Mittel zu verwenden, muss dies vom Kämmerer genehmigt werden.
Die aktuellen Entwicklungen bestätigten die Befürchtungen, die Lünens Stadtkämmerer schon des Öfteren zum Ausdruck gebracht habe. „Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen werden vom Staat im Stich gelassen. Anstatt echte Hilfe in Form von Entlastungen über einen Altschuldenschnitt oder eine Beteiligung beispielsweise an den Eingliederungshilfen für Menschen mit wesentlichen Behinderungen zu leisten, zögern Berlin und Düsseldorf mit konkreten Zusagen, oder, noch schlimmer: Sie schweigen komplett. Wir müssen in Deutschland endlich den Mut aufbringen, über die Ausprägung und Finanzierung unseres Sozialstaates offen und kritisch nachzudenken.“
Es könne gesamtgesellschaftlich weder sein, die kommunale Ebene einseitig mit Sozialausgaben zu belasten, noch dass das steuerliche Gemeinwesen insgesamt Leistungen finanziere, bei denen man sich fragen müsse, wo eigentlich die individuelle Verantwortung des Einzelnen bleibe, so Jethon. „Wenn hier nicht bald konkrete, echte Hilfe für die Kommunen kommt, dann sehe ich nicht nur für Lünen schwarz.“
Die Redaktion hat der Stadtverwaltung am Donnerstag (29. August) einen breit gefächerten Fragenkatalog zur Haushaltssperre zukommen lassen, um detaillierter berichten zu können - unter anderem über mögliche konkrete Auswirkungen auf Projekte oder Veranstaltungen. Die Pressestelle verwies in ihrer Antwort auf den großen Umfang der Anfrage und sicherte ihre Antworten für die kommende Woche zu.