Waldbesitzer Dieter Kuhne liegt im Clinch mit der Stadt. Weil er 21 Nester des Eichenprozessionsspinners nicht beseitigen wollte, zog er vor Gericht.

© Schulz-Gahmen (A)

Gifthaare: Waldbesitzer Dieter Kuhne erringt vor Gericht Etappensieg

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Im Streit um Nester des Eichenprozessionsspinners und gefährliche Brennhaare im Wald in Beckinghausen, hat die Stadt Lünen vor Gericht eine erste Schlappe erlitten. Das Verfahren läuft noch.

Beckinghausen

, 03.02.2022, 08:50 Uhr / Lesedauer: 2 min

Mit Flatterband hatte Waldbesitzer Dieter Kuhne im August vergangenen Jahres das bei Spaziergängern beliebte 1,4 Hektar große Waldstück abgesperrt. 6000 Quadratmeter davon liegen auf Lüner Stadtgebiet im Ortsteil Beckinghausen. Zwischen Buchen stehen dort auch Eichen. Die sind ein Problem. In ihnen hatte sich der Eichenprozessionsspinner (EPS) eingenistet. Die umherfliegenden Brennhaare der Raupen haben Anwohner der benachbarten Siedlung Am alten Sägewerk krank gemacht. Sie sprechen von Allergien und Reizungen. Den gefährlichen Partikeln und der damit verbundenen Gesundheitsgefahr können sie nicht ausweichen. Sie forderten Dieter Kuhne auf, die Nester zu entfernen.

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Der Waldbesitzer sieht darin allerdings eine waldtypische Gefahr. Die Gesundheitsgefährdung gehe nicht von Bäumen aus, sondern von den Gespinsten herrenloser Tiere. Kuhne sei nicht ihr Besitzer. Zudem stünden die Eichen dort länger als die Häuser. Kuhne reagierte nicht. Dafür aber die Stadt. Sie schickte die EPS-Kolonne los, um 21 Nester zu entfernen. Die Rechnung landete bei Kuhne. So pauschal hätte die Stadt nach Ansicht des Gerichts die Entfernung aller Nester nicht von Kuhne einfordern dürfen.

Die Eichenprozessionsspinner-Kolonne im Einsatz: Laut Gericht darf die Stadt so pauschal die Entfernung von 21 Nestern im Wald von Beckinghausen nicht von dem Waldbesitzer einfordern.

Die Eichenprozessionsspinner-Kolonne im Einsatz: Laut Gericht darf die Stadt so pauschal die Entfernung von 21 Nestern im Wald von Beckinghausen nicht von dem Waldbesitzer einfordern. © Quiring-Lategahn

Es sei nicht von jedem Nest die gleiche Gefahr für die Nachbarn ausgegangen. Die hatten sich vorher per Anwalt an die Verwaltung gewandt. Nachdem auch das Kreisgesundheitsamt in den Nestern eine akute Gesundheitsgefahr sah, hatte es dazu geraten, die Nester im Umkreis von 100 Metern zu entfernen.

Im Eilverfahren gewonnen

Kuhne fürchtete, dass das Nestproblem in jedem Jahr auf ihn zukommen könnte. Hochgerechnet würden die Kosten die Wirtschaftlichkeit des Waldes übertreffen. Er kündigte an, alle Eichen zu fällen. Zudem hatte er gegen die städtische Ordnungsverfügung vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen geklagt - und jetzt im Eilverfahren gewonnen. Das Gericht habe sich relativ deutlich geäußert, so Kuhne. Für den Wald ist das ein Vorteil: Die Eichen bleiben erstmal stehen. Die Kammer halte laut Kuhne das Vorgehen der Kommune für ermessensfehlerhaft.

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Die Pressestelle der Stadt Lünen teilt dazu auf Anfrage mit, das Verwaltungsgericht sei zunächst der Stadt gefolgt, dass im Grundsatz der Eigentümer als Zustandsverantwortlicher zur Beseitigung herangezogen werden könne. „Vorliegend sah das Gericht jedoch keine zureichenden und belastbaren Anhaltspunkte für eine Zustandsverantwortlichkeit der Antragstellerin“, heißt es.

Damit ist die Stadt gemeint. Nach Meinung der Richter hätte für jedes Nest eine Prüfung der Gefahr erfolgen müssen, „unter anderem bei unterschiedlichen Windrichtungen, da nicht eindeutig geklärt sei, wie weit die Brennhaare in die jeweilige Richtung getragen werden“, teilt die Pressestelle der Stadt mit.

Folgen für Radwege auf Kuhnes Flächen

Laut Kuhne habe das Gericht auch anerkannt, dass es sich um eine waldtypische Gefahr handele, die nicht zur Verantwortlichkeit einer Zustandshaftung der Waldbesitzer führe. Die Kammer halte es aber für möglich, dass das herrenlose Wildtier zu einer Sache werden könne, wenn es sich möglicherweise über lange Zeiträume in den Bäumen verfestige. Dann könnten große Nester zum Bestandteil des Baumes werden, wonach möglicherweise eine Haftung greife. Kuhne kann das wenig nachvollziehen.

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Aus Sicht der Kammer könne es dann aber sein, dass zum Baum mutierte Nester in der Nähe zu öffentlichen Wegen, Straßen oder Grundstücksgrenzen ein Einschreiten der Stadt nach Ordnungsgesetz NRW begründen könnten. Für Kuhne bleiben damit offene Fragen. Er werde nun keine Bebauung mehr auf seinen Flächen zulassen, weil er nicht wisse, was da auf ihn zukomme. Speziell geht es um den Radweg zwischen Lippholthausen und Brambauer sowie den in Gahmen. Die volle Verkehrssicherungspflicht könne er nicht übernehmen. Kuhne sieht in dem Prozess ein Musterurteil, auf das Waldbesitzer gespannt warteten. Das Hauptverfahren steht noch an.