Weggedrängt und in Gefahr gebracht: Eine unangenehme Begegnung auf der Waltroper Straße verärgert einen Brambauer Radfahrer. „Das ist dort saugefährlich.“ Die Stadt bleibt entspannt.
Selbst der geübteste Fahrradfahrer hat keine Chance, wenn ein Auto auf ihn zuhält. Diese Erfahrung musste der Brambauer Arnd Buch machen. Auf der Waltroper Straße hatte der ehemalige Löschzugführer bei der Dortmunder Feuerwehr und aktive Sportschütze am Ende einer schönen Radtour eine unangenehme Begegnung: „Ich weiß nicht, was mich an dem Tag geritten hat, ausgerechnet da lang zu fahren“, sagt der Mann, der sonst lieber die Friedhofsstraße nutzt. Aus gutem Grund, wie er nun wieder merkte, denn: „Das aktuelle Verkehrskonzept kann auf der Waltroper Straße nicht funktionieren.“
Geübter Zweiradfahrer bangte um sein Leben
Arnd Buch ist ein leidenschaftlicher und durchtrainierter Radfahrer. 66 Kilometer bis zum Halterner Stausee und zurück sind für den 67-jährigen kein Kraftakt. Als langjähriger und an sich unfallfreier Motorradfahrer - nur einmal übersah ihn ein Autofahrer - hält er sich für einen versierten und sicheren Zweiradfahrer. Auch die Autofahrerperspektive kennt Buch sehr gut. „Aber dieser sogenannte Schutzstreifen auf der Waltroper Straße, der ist gefährlich.“

Eine Markierung am Fahrbahnrand soll dafür sorgen, dass Radfahrer in den fließenden Verkehr eingebunden werden können. Mit Schrittgeschwindigkeit darf aber auch auf dem Gehweg gefahren werden. © Carolin Rau (A)
Der Gehweg ist in diesem Bereich für Radfahrer freigegeben. Allerdings darf dort nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden. „Da fall ich ja um“, sagt Buch, dass er dort dann eher absteigen und schieben würde. Weil er an besagtem Tag jedoch nach Hause wollte, nutzte er den Schutzstreifen - und bangte bald um sein Leben.
Ein Autofahrer zog so plötzlich aus einer Parklücke am Straßenrand, dass Buch zu einer Vollbremsung gezwungen war. Kurz darauf musste der Autofahrer an der roten Ampel halten - und Buch wollte auf dem Schutzstreifen zwischen ihm und den parkenden Fahrzeugen hindurchfahren. „Das darf ich ja“, sagt Buch.
Ganz bewusst Jagd auf Radfahrer gemacht
Doch der Autofahrer sah dies wohl anders, zog rüber und blockierte den als Radweg dienenden Schutzstreifen. „Mit Mühe und Not und einer Gewaltbremsung konnte ich verhindern, dem in den Kotflügel zu fahren oder das parkende Auto zu beschädigen“, schildert Buch - und ärgert sich, dass er das Kennzeichen nicht mehr weiß. „Der hupte mich nämlich auch noch an und gab dann Vollgas. Dabei war das von ihm eine ganz bewusste Aktion. Ich würde den auch heute noch anzeigen“, sagt Buch einige Tage nach dem Vorfall.
Doch der ehemalige Feuerwehrmann sagt, dass er damit beschäftigt gewesen sei, zu überleben - und keine Zeit hatte, sich das Kennzeichen näher anzuschauen. „Dass ein Autofahrer einen Radfahrer übersieht. Das passiert. Dann würde ich nichts sagen. Mich hat mal beim Motorradfahren ein Autofahrer übersehen, als er aus einer Ausfahrt fuhr. Das war ein Unfall. Wir sind hinterher zusammen zum Gerichtsprozess gefahren, wo ich als Zeuge aussagen musste. Aber hier hat der Autofahrer bewusst Jagd auf mich gemacht.“
Verkehrskonzept kann nicht aufgehen
Ohne gegenseitige Rücksichtnahme, so kritisiert Buch, sei der Schutzstreifen auf der Waltroper Straße ein Witz. „Als Radfahrer muss man da langsam fahren, weil jederzeit eine Autotür auf dem Parkstreifen aufgehen kann“ - aber ein Auto könne den Radfahrer eigentlich nicht überholen, weil für die dann vorgeschriebenen 1,50 Meter Abstand zum Radfahrer kein Platz sei. „Der Autofahrer ist dann sofort im Gegenverkehr. Ein vernünftiges Miteinander ist dort nicht möglich.“ Denn oft blockierten auch parkende Autos den Streifen. „Als Radfahrer fühle ich mich dort wie in Opfer“, sagt Buch - und hat Angst vor dem Tag, an dem der Schwerlastverkehr wieder über die Waltroper Straße fahren kann. „Dann ist das erst Recht kein Schutzstreifen mehr.“

Noch gilt das Verbot für Schwerlastverkehr auf der Waltroper Straße. Doch auch parkende Autos, die den Schutzstreifen für Radfahrer trotz Halteverbotsschild blockieren, sind keine Seltenheit. Für passionierte Radfahrer wie Arnd Buch ist das ein Zeichen, dass dort auf Radfahrer keine Rücksicht genommen wird. © Foto Blandowski
Der Stadt sind keine Beschwerden dieser Art bekannt
Der Stadtverwaltung sind Vorfälle wie der von Arnd Buch geschilderte nicht in besonderer Häufung bekannt: „Bei der Straßenverkehrsbehörde sind in den letzten Jahren keine Beschwerden eingegangen. Wir gehen davon aus, dass der überwiegende Teil der Verkehrsteilnehmer die schwächeren Verkehrsteilnehmer schützt und die Regeln beachtet. Eine Unfallhäufungsstelle liegt unseres Wissens auch nicht vor“, teilt Benedikt Spangardt, Sprecher der Stadt Lünen, auf Anfrage mit.
Überlegungen, das Konzept für Fahrradfahrer an der Waltroper Straße zu verändern, gebe es nicht. „Derzeit gibt es keine Überlegungen, den Schutzstreifen zu entfernen“, teilt Spangardt mit. „Wir verstehen ihn als zusätzliches Angebot für Radfahrer, weil ja auch auf dem Gehweg gefahren werden darf. Für Radfahrerinnen und Radfahrer stehen damit zwei Optionen zur Verfügung.“
Bauliche Veränderungen nicht so einfach möglich
Schutzstreifen seien nach der Straßenverkehrsordnung zulässige Führungen für Radfahrer. „Sicherlich würden wir uns auch wünschen, bauliche Radwege anzulegen, dafür fehlt aber an vielen Stellen der Platz. In der Waltroper Straße beispielswiese müsste für den Bau eines Radweges nach dem Stand der Technik der Streifen entfernt werden, auf dem derzeit geparkt wird und Bäume gepflanzt sind.“
Dass es auf dem Schutzweg für Radfahrer gefährlich werden kann, wenn das Lkw-Verbot aufgehoben wird, mag Spangardt nicht abstreiten. Aber dann bestünde ja die Möglichkeit, auf dem Gehweg zu fahren. „Das Radfahren ist dort freigegeben“, so Spangardt. Der Schutzstreifen auf der Fahrbahn sei hat nur eine weitere Option.
Jahrgang 1979, aufgewachsen und wohnhaft in Bergkamen. Magister-Studium in Münster in Soziologie, Wirtschaftspolitik und Öffentlichem Recht. Erste Sporen seit 1996 als Schülerpraktikantin und dann Schüler-Freie in der Redaktion Bergkamen verdient. Volontariat und Redakteursstellen im Sauerland sowie Oldenburger Münsterland. Seit zehn Jahren zurück in der Heimat und seit Mai 2022 fest beim Hellweger angestellt.
