Lünens Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns (parteilos) sieht sich durch den Entscheid der Kommunalaufsicht des Kreises über den von ihm beanstandeten Haushaltsbegleit-Beschluss des Stadtrates in seiner Rechtsauffassung „vollumfänglich“ bestätigt. Das geht aus einer E-Mail des Bürgermeisters an alle Fraktionsvorsitzenden und fraktionslosen Mitglieder des Stadtrates hervor. Inhalt der Mail ist aber auch: Die Kommunalaufsicht hat nur einen der beiden von Kleine-Frauns beanstandeten Beschlüsse aufgehoben - auch wenn die Gründe dafür formeller Natur sind.
Das Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt und außerdem die Entscheidung der Kommunalaufsicht beinhaltet, datiert vom Donnerstag (16. August), 17.04 Uhr. Es wurde rund eine Stunde, nachdem die Pressestelle dieser Redaktion mitgeteilt hatte, unsere Anfrage vom Montag (12. August) hinsichtlich der Entscheidung der Kommunalaufsicht erst am Freitag (16. August) beantworten zu wollen, versendet.
„Aktuelle Presseanfrage“
Wie Kleine-Frauns in der Mail schreibt, habe ihn die Kommunalaufsicht in ihrem Schreiben - Eingang im Rathaus am 13. Juli - gebeten, dem Rat ihre Entscheidung „in geeigneter Weise“ bekanntzugeben: Er habe sich entschieden, schreibt Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns weiter, „Sie mit diesem Erläuterungsschreiben vorab zu informieren. Dies, weil mich Anfragen aus der SPD-Fraktion vom 1. August 2024 und der CDU-Fraktion vom 8. August 2024 erreicht haben.“ Und, weil er einer aktuellen Anfrage der Presse entnehme, dass die offensichtlich schon stattfindende Diskussion über die Entscheidung von einem grundlegenden Fehlverständnis der Beanstandungsregelungen geprägt sei.
Alles richtig gemacht?
Als Beleg dafür, dass die Kommunalaufsicht unterm Strich die von ihm, wie er schreibt, festgestellten und dargelegten Rechtsverstöße vollumfänglich bestätigt, kommentiert der gelernte Jurist die siebenseitigen Anmerkungen der Kommunalaufsicht auf drei DIN-A4-Seiten. Einführend findet sich dort folgender Wortlaut:
- „Eine Aufhebung hat die Kommunalaufsicht bezüglich Ziffer 2 des Beschlusses (Immobilienkonzept) verfügt.“ (Kleine-Frauns)
- Das Immobilienkonzept sah unter anderem vor, dass der Bürgermeister dem Rat zur Kostenreduzierung innerhalb einer gewissen Frist ein strategisches Raumkonzept zur Reduzierung stadteigener Immobilien vorlegt.
- Außerdem sollte der Bürgermeister dem Rat bis zum 30. Juni dieses Jahres für diverse Immobilien und Grundstücke Konzepte zur Folgenutzung vorstellen.
- Bezüglich Ziffer 1 des Beschlusses (Aufgabenzuschnitt), schreibt Kleine-Frauns, habe die „Aufsichtsbehörde keine Aufhebung verfügt, geht aber davon aus, dass der Rat sich künftig auf der Grundlage der Bestätigung meiner Rechtsauffassung an das geltende Recht hält.“ Hintergrund: Der Rat der Stadt Lünen wollte den Bürgermeister beauftragen, „zur Vermeidung künftiger Steuererhöhungen oder nachteiligen Einschnitten in die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zum Nachteil der Bürger, Optimierungen in der Aufbau- und Ablauforganisation sowie des Aufgabenzuschnitts zu prüfen“.
Die Kommunalaufsicht
- Die Aufhebung des vom Rat geforderten Immobilienkonzeptes (Ziffer 2) begründet die Kommunalaufsicht zusammengefasst so, dass der Stadtrat damit die ihm gesetzlich gegebenen Kompetenzen überschreite. Zudem habe die Verwaltung dem Rat zur Kenntnis gegeben, dass die Verwaltung gleichwohl an der Kernintention des Haushaltsbegleitbeschlusses und damit an der Fortführung und Weiterentwicklung des beschlossenen Haushaltskonsolidierungskonzeptes „Lünen steuert gegen“ weiterarbeiten werde. „Im Ergebnis hebe ich daher den rechtswidrigen Beschluss zu Ziffer 2 auf“, schreibt Kreisdirektor Mike-Sebastian Janke.
- Zu Ziffer 1 stellt die Kommunalaufsicht in Person von Janke fest, dass er Fristsetzungen und grundsätzliche Vorgaben für die Festsetzung der Tagesordnung gegenüber dem Bürgermeister für nicht geboten halte: „Hier sehe ich es als ausreichend an, wenn künftig die Formvorschriften von den Organen eingehalten werden.“ Da der Bürgermeister dem Beschluss zu Ziffer 1 im Übrigen folge und sich die gesetzte Frist bereits durch Ablauf erledigt habe, erscheint die Schwere des Verstoßes zu gering, um ein Einschreiten der Kommunalaufsicht zu rechtfertigen: „Von einer Aufhebung des Beschlusses zu Ziffer 1 nur aus diesem formellen Grund sehe ich ab und weise die Beanstandung zurück.“
Zweite E-Mail
Während Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns den Ratsfraktionen am Donnerstagnachmittag (15. August) nach Wochen des Schweigens seine Sicht der Dinge zu dem Entscheid mitgeteilt hat, ließ er die Anfrage unserer Redaktion vom Montag (12. August) bis Redaktionsschluss am Freitag, 16 Uhr, nach wie vor unbeantwortet - entgegen der Ankündigung der Pressestelle, dass wir die Antworten am Freitag (16. August) erhalten würden. Vielmehr ließ er über sein Vorzimmer am Freitagmorgen um 8.49 Uhr eine weitere E-Mail an alle Ratsmitglieder und Fraktionsgeschäftsstellen versenden: „Wegen der heutigen Falschberichterstattung der Ruhr Nachrichten hinsichtlich der Entscheidung der Kommunalaufsicht zur Beanstandung des Haushaltsbegleitbeschlusses übersenden wir Ihnen das angehängte Schreiben des Bürgermeisters an die Fraktionsvorsitzenden und fraktionslosen Ratsmitglieder zur Einordnung der Berichterstattung.“ Weitere Angaben dazu machte Kleine-Frauns keine. Die Redaktion hatte berichtet, der Beschluss verstoße „nur teilweise gegen geltendes Recht“.

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