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Elektro-Rettungswagen im Notfalleinsatz: Lünen macht den Test
E-Mobilität
Unter Strom ist der Rettungsdienst Lünen. Der erste Rettungswagen mit Elektroantrieb bringt Notfall-Patienten in die Klinik. Das Projekt ist ein Test. Die Erfahrungen sind vielversprechend.
Im Ernstfall muss ein Rettungswagen sofort und immer einsatzbereit sein. Ob das auch mit E-Mobilität funktioniert, testet zurzeit der Rettungsdienst Lünen. Dazu rollt 14 Tage lang ein 5,5 Tonnen schwerer Prototyp fast geräuschlos durch die Stadt. Laut werden kann er trotzdem. Immer dann, wenn das warnende Martinshorn eingeschaltet wird.
„200 Kilometer schafft er mit einer Ladung Strom“, sagt Tim Kewitz, Leiter des Rettungsdienstes Lünen. Damit kommen die Retter in der Lippestadt gut hin. 90 Prozent aller Patienten werden ins St.-Marien-Hospital gebracht. Neben der Ladesäule an der Rettungswache an der Kupferstraße ist auch auf dem Klinikgelände eigens eine Wallbox installiert worden. In der Zeit, in der der Patient an die Notaufnahme übergeben wird, hängt der Wagen schon wieder am Saft. Das dauere um die 30 Minuten. „Er lädt in der Zeit bis zu 80 Kilometer Reichweite wieder auf“, berichtet Kewitz.
Es mache Sinn, diese Standzeiten zu nutzen, erklärt Prof. Christian Perings, Chefarzt der Kardiologie, der mit seinem Team und dem von Dr. Berthold Lenfers, Chefarzt für Innere Medizin, die Notärzte für den Rettungsdienst Lünen stellt. Er sieht Metropolregionen mit geringeren Radien im Vorteil gegenüber ländlichen Bereichen.

Der weltweit erste E-Rettungswagen wird in Lünen für eine Machbarkeitsstudie getestet. Das unterstützen Chefarzt Prof. Christian Perings (M.), Oberarzt Eduard Mathejka (2.v.r.), Oberärztin Dr. Birthe Stern, Oberarzt Dr. Bence Pap (l.) und Tim Kewitz, Rettungsdienst Lünen. © Quiring-Lategahn
Komplette Medizinausrüstung an Bord
Der elektrisch fahrende Rettungswagen ist voll medizinisch ausgestattet, etwa mit Beatmungsgeräten oder Infusionsmöglichkeiten. Auch sie brauchen Strom. „Das reduziert die Reichweite nicht nachhaltig“, hat Kewitz festgestellt.
Gebaut hat den E-Rettungswagen der Fahrzeughersteller „Wietmarscher Ambulanz- und Sondersonderfahrzeug GmbH“ (WAS). Nach dessen Angaben sei er der weltweit erste Prototyp.
Das Fahrzeug kam von einer Messe aus Birmingham nach Lünen und war schon in Dubai und Hannover im Einsatz. Es schafft eine Spitzengeschwindigkeit von 120 km/h. Für die Retter sei das Fahrgefühl so, als gleite man dahin. Das liege auch an dem tieferen Schwerpunkt durch die Batterie im Boden. „Für den Patienten ist es leiser“, so Kewitz.
Bei Verlegung nach Essen an Grenzen gekommen
Für längere Verlegungsfahrten von Patienten hat der Rettungsdienst das E-Fahrzeug noch nicht genutzt. Einmal ging es bis Essen. Da sei man aber schon an die Grenzen gekommen.

Tim Kewitz hängt den Elektro-Rettungswagen an die Ladestation. Mit einer Ladung kommt er 200 Kilometer weit. © Quiring-Lategahn
Zum jetzigen Zeitpunkt hält es Kewitz nicht für machbar, den gesamten Rettungsdienst auf E-Mobilität umzustellen. Eine Rolle spielen dabei auch die Kosten. Der Elektro-Rettungswagen ist zurzeit doppelt so teuer wie ein herkömmlicher. Allerdings sei die Serienfertigung noch nicht gestartet und unklar, welche Förderprogramm es gebe.
Alle Erfahrungen der Testphase fließen in eine Machbarkeitstudie ein. Dafür wird genau Fahrtenbuch geführt. Nach einer ersten Einschätzung kann sich Kewitz durchaus vorstellen, einen E-Rettungswagen in Lünen zu stationieren.
Lünen ist eine Stadt mit unterschiedlichen Facetten. Nah dran zu sein an den lokalen Themen, ist eine spannende Aufgabe. Obwohl ich schon lange in Lünen arbeite, gibt es immer noch viel zu entdecken.
