Ein Funken Hoffnung 2022 Landwirte demonstrieren in Bergkamen mit leuchtenden Treckern

Landwirte demonstrieren in Bergkamen mit leuchtenden Treckern
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Es war eine Idee im ersten Corona-Lockdown, als alle Weihnachtsmärkte abgesagt waren und die Menschen allein in ihren Häusern saßen: Einen Funken Hoffnung hatten die Landwirte da mit einem Feuerwerk an Lichterschmuck an ihren Traktoren zu den Menschen nach Hause bringen wollen - und gleichzeitig eine wichtige Botschaft verkündet: „Wir sind vor Ort und produzieren Eure Nahrungsmittel.“

Zwei Jahre später fiebern die Menschen in Bergkamen der Aktion geradezu entgegen, weiß Jürgen Grothaus, der die Bergkamener Tour gemeinsam mit Markus Hilboll und Frank Pohlmann organisiert. „Es gibt inzwischen vier WhatsApp-Gruppen, in denen Informationen geteilt und weitergegeben werden. Das ist inzwischen eine Vernetzung von rund 1500 Personen“, staunt Grothaus.

Landwirte kritisieren steigende Abhängigkeit von Drittstaaten

Der Overberger Landwirt im Nebenerwerb staunt deshalb, weil die Wahrnehmung der Landwirtschaft im Alltag oft eine andere ist. Lebensmittel müssen günstig, aber Tierwohl und Umweltschutz gesichert sein. Politische Rahmenbedingungen und rechtliche Vorgaben nehmen immer weiter zu: „Die Hälfte meiner Zeit als Landwirt verbringe ich inzwischen am Schreibtisch“, sagt Grothaus mit Blick auf den „Dokumentations- und Kontrollwahnsinn“. Und ergänzt etwas verbittert: „In der Coronazeit galten wir als symstemrelevant.“

Davon sei aktuell aber nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: In das Motivationsschreiben, das die Landwirte für die Anmeldung ihrer Demonstration brauchten, schrieben sie mit Blick auf die Politik: „Man geht wagemutig und freiwillig – wie vorher bei den Energierohstoffen – in die Abhängigkeit von Drittstaaten.“

Jürgen Grothaus (links) und die heimischen Landwirte kämpfen um ihre Zukunft - und ihr Ansehen. Ob mit Blühstreifenaktionen im Sommer, wo dieses Foto mit Thomas Lippmann (mit Tochter Lena) und Heinz-Dieter und Carlo Kortenbruck entstand, oder der Lichterfahrt in der Vorweihnachtszeit.
Jürgen Grothaus (links) und die heimischen Landwirte kämpfen um ihre Zukunft - und ihr Ansehen. Ob mit Blühstreifenaktionen im Sommer, wo dieses Foto mit Thomas Lippmann (mit Tochter Lena) und Heinz-Dieter und Carlo Kortenbruck entstand, oder der Lichterfahrt in der Vorweihnachtszeit. © Stefan Milk

Grothaus erklärt, was es damit auf sich hat: „Es gibt jetzt ein neues Abkommen, dass 55 Millionen Tonnen Fleisch aus Kanada importiert werden dürfen.“ Nicht nur beim Gedanken an den CO2-Abdruck der Lieferkette fasst er sich da an den Kopf. Was ihn noch mehr ärgert, ist eine Freigabe der Getreideeinfuhr aus Ländern, in denen Pflanzenschutz-, Insektenvernichtungs- und Düngemittel verwendet werden, die in Deutschland und der EU schon seit Jahren verboten sind, weil sie als krebserregend gelten. Oder wo Regenwälder abgeholzt werden, um Anbauflächen zu schaffen, die hierzulange brach liegen (müssen).

Aufgrund der Rahmenbedingungen produzieren die heimischen Landwirte anders und teurer, bekommen es dann aber mit so einer Konkurrenz zu tun. „Immer mehr kleinere und mittelgroße Betriebe geben da auf“, weiß Grothaus. Auch er hat schon Jahre hinter sich, in denen sein Betrieb ein Zuschussgeschäft war. „Wir schaffen in Deutschland unsere Landwirtschaft ab.“

Der Weihnachtsmann fährt Traktor: Mit ihrer Treckertour durch fünf Städte wollen die Landwirte nicht nur Freude bereiten, sondern auch ein großes Problem hinweisen.
Der Weihnachtsmann fährt Traktor: Mit ihrer Treckertour durch fünf Städte wollen die Landwirte nicht nur Freude bereiten, sondern auch ein großes Problem hinweisen. © Stephanie Tatenhorst

„Ohne Bauern keine Zukunft“

So trägt der Treckerkorso zwar auch in diesem Jahr wieder den Titel „Ein Funken Hoffnung“, aber verbunden mit dem Untertitel „Ohne Bauern keine Zukunft.“ Neben den weihnachtlich geschmückten Treckern wollen die Landwirte deshalb auch ihre Botschaft präsenter ins Licht rücken. Denn der Korso ist letztlich eine Demonstration.

Denn: Krieg sei plötzlich wieder ein Begriff. Etwas, das genauso unvorstellbar war wie Hunger. Doch mit dem Krieg kommt auch der. „Preisanstiege, Versorgungsengpässe: Niedrige Einkommensgruppen werden auch in Deutschland wieder mit Hunger konfrontiert“, befürchten die Landwirte. „Wir stehen alle jeden Morgen gerne auf, um unsere Mitmenschen zu ernähren. Aber die Last der Auflagen, Kontrollen und Einschränkungen gefährdet nicht nur unsere Existenz, sondern die gesamte heimische Ernährung.“

Ein Sinnbild dafür wäre der künftige Wegfall der Lichterfahrten in der Weihnachtszeit durch die Städte Bergkamen, Kamen, Hamm, Werne und diesmal auch Lünen, die so viele Menschen begeistert. Und von der sich auch die Landwirte noch immer etwas erhoffen: einen Funken Hoffnung für ihre eigene Zukunft.

Video
Bergkamener Treckerkorso in voller Länge
Es war ein Spektakel, das Tausende an die Strecke lockte: Die Lichterfahrt der heimischen Landwirte durch Bergkamen führte durch alle Stadtteile. Für alle, die es verpasst haben oder noch einmal sehen wollen, zeigen wir den gesamten Zug im Video
20.12.2021
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Im vergangenen Jahr waren die Straßen in Bergkamen von Menschenmassen gesäumt. In diesem Jahr wird es wieder Lichterfahrten geben - und in der Woche vor dem jeweiligen Termin wird der genaue Streckenverlauf bekannt gegeben.
Im vergangenen Jahr waren die Straßen in Bergkamen von Menschenmassen gesäumt. In diesem Jahr wird es wieder Lichterfahrten geben - und in der Woche vor dem jeweiligen Termin wird der genaue Streckenverlauf bekannt gegeben. © Stephanie Tatenhorst

Die genauen Routen werden eine Woche vor dem eigentlichen Termin bekannt gegeben. Der Start der Tour erfolgt jeweils um 17 Uhr, die Trecker sind dann mit einer Geschwindigkeit von 6 bis 8 km/h unterwegs:

  • 10. Dezember: Hamm (Lerche, Pelkum, Wiescherhöfen, Hammer Westen Herringen)
  • 11. Dezember: Bergkamen (Rünthe, Heil, Oberaden, Weddinghofen, Mitte, Overberge)
  • 16. Dezember: Lünen (Niederaden, Horstmar, Beckinghausen, Lünen-Süd, Lanstrop)
  • 17. Dezember: Kamen (Heeren, Derne, Mitte, Lüner Höhe, Methler)
  • 18. Dezember: Werne (Stadtmitte, Stockum)

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